Erste deutsch-indische Regierungskonsultationen

Von der Bildungs- bis zur Umweltpolitik wollen Deutschland und Indien künftig enger zusammenarbeiten. Auch die privatwirtschaftlichen und technologischen Kooperationen wollen die Regierungen beider Länder fördern. Gemeinsam sei man auf einem sehr guten Weg, freute sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in Neu Delhi.

Die ersten gemeinsamen Regierungskonsultationen hätten gezeigt, dass mehrere Ministerien bereits auf einer sehr breiten Basis zusammenarbeiten: etwa in der Außenpolitik, in der Wirtschaftspolitik, vor allen Dingen aber auch im Bereich der Umwelt- und der Bildungspolitik.

Doch nicht nur die politischen Institutionen beider Länder arbeiten eng zusammen. So fördert etwa die bundeseigene KfW-Bank im indischen Sakri derzeit das größte Photovoltaik-Solarkraftwerk der Welt. "Ich glaube, dass gerade im Bereich der erneuerbaren Energien eine sehr gute Zusammenarbeit möglich ist", zeigte sich die Kanzlerin zuversichtlich. Indien plant sowohl effizientere Kohlekraftwerke als auch den Ausbau der Photovoltaik, beides mit deutscher Unterstützung.

Anlässlich des Besuchs der Kanzlerin wurden in Neu Delhi mehrere öffentliche und private Absichtserklärungen unterzeichnet.

Großes Potenzial für Kooperationen

Das gemeinsame Handelsvolumen dürfte schon im kommenden Jahr von gut 15 auf 20 Milliarden Euro steigen, zeigten sich Merkel und der indische Premier Manmohan Singh optimistisch.

Von deutscher Seite nahmen an den Konsultatationen Verteidigungsminister Thomas de Maizière, Innenminister Hans-Peter Friedrich, Bildungsministerin Annette Schavan sowie Verkehrsminister Peter Ramsauer teil. Mit der Kanzlerin und ihren Ministern war auch eine Wirtschaftsdelegation in die indische Hauptstadt gereist.

"Wir sind auf einem sehr guten Weg", resümierte Merkel die Dynamik der Beziehungen. Insbesondere die Minister für Stadtentwicklung und für Infrastruktur hätten deutlich gemacht, welches enorme Kooperationspotenzial noch zu heben sei. Vom Straßenbau, über den Eisenbahnsektor bis zur umweltfreundlichen Abfallbeseitigung.

"Indien bietet ein stabiles Klima für Investitionen und einen wachsenden Markt", warb Premier Singh vor den deutschen Unternehmern. Zugleich begrüßte er die wachsenden Hightech-Importe aus Deutschland. 

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Jawaharlal-Nehru-Preis

Die Bundeskanzlerin hat in Neu Delhi zudem den Jawaharlal-Nehru-Preis für internationale Verständigung erhalten. "Den Nehru-Preis entgegennehmen zu dürfen, das ist eine wahrhaftig hohe Ehre", so die Kanzlerin.

Von Indien aus reist die Bundeskanzlerin am Mittwochmorgen weiter nach Singapur.

Pressestatement der Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich der deutsch-indischen Regierungskonsultationen

in Neu Delhi

Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Premierminister Manmohan Singh

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)

Premierminister Singh: Ihre Exzellenz, Kanzlerin Angela Merkel, sehr geehrte Minister, Mitglieder der deutschen Delegation, meine Damen und Herren von den Medien, ich begrüße Sie alle ganz herzlich, insbesondere Frau Kanzlerin Merkel und die Mitglieder ihrer Delegation! Es ist uns eine Ehre, die Frau Kanzlerin zu ihrem zweiten Besuch in Indien seit dem Jahr 2007 begrüßen zu dürfen.

Kanzlerin Merkels Besuch fällt mit dem 60. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Indien und der Bundesrepublik Deutschland zusammen. Es ist sehr gut, dass dies zusammentrifft. Frau Kanzlerin Merkel war stets eine eifrige Verfechterin unserer strategischen Partnerschaft. Ich habe ihre Führungsqualitäten immer bewundert und geschätzt. Ich möchte diese Gelegenheit ergreifen, Frau Kanzlerin Merkel dazu zu gratulieren, dass sie heute Nachmittag den Jawaharlal-Nehru-Preis für internationale Völkerverständigung für das Jahr 2009 entgegennehmen kann.

Indien und Deutschland haben eine sehr enge und eine sehr vielfältige Beziehung. Es gibt sehr viel guten Willen auf indischer Seite und seitens der Bevölkerung gegenüber der deutschen Kultur. Es gibt Bewunderung und Respekt gegenüber den Fortschritten der Deutschen im Bereich der Ingenieurswissenschaften und der technologischen Entwicklung. Die Leidenschaft des deutschen Volkes für Qualität, harte Arbeit und Innovation werden vom indischen Volk bewundert.

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Wir können von Deutschland und der deutschen Erfahrung im Bereich der Berufsausbildung noch sehr viel lernen, auch hinsichtlich der Ausbildung von Fachkräften. Ich freue mich, dass das MoU hierzu heute unterzeichnet wurde. Ich freue mich auch, dass Abkommen im Bereich der Wissenschaft, der Technologie und der Forschung zwischen einigen unserer Einrichtungen unterzeichnet wurden. Das wird einen besseren Austausch in Bereichen wie Biotechnologie, Nanotechnologie und Materialwissenschaften ermöglichen.

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Ich möchte Frau Kanzlerin Merkel für ihre Initiative danken, bei diesem Besuch die ersten deutsch-indischen Regierungskonsultationen abzuhalten, und ich freue mich sehr auf eine weitere Zusammenarbeit mit Kanzlerin Merkel, um unsere strategische Partnerschaft weiter zu stärken. Vielen Dank! 

Bundeskanzlerin Merkel: Sehr geehrter Herr Premierminister, sehr geehrte Kollegen aus den beiden Kabinetten, meine Damen und Herren, wir freuen uns, in Indien zu Gast zu sein, in diesem Land, in dem es eine so große Dynamik gibt, das so viele Entwicklungsziele zu lösen bereit ist, das mit vielem auch schon angefangen hat und in dem vieles noch zu tun ist.

Ich möchte mich dafür bedanken, dass wir hier die ersten deutsch-indischen Regierungskonsultationen durchführen können. Wir haben eben einen sehr intensiven Austausch gehabt und festgestellt, dass unsere Ministerien bereits auf einer sehr breiten Basis zusammenarbeiten: in der Außenpolitik, in der Wirtschaftspolitik, vor allen Dingen aber auch im Bereich der Umwelt- und der Bildungspolitik.

Eine der großen Herausforderungen für Indien ist die Bildung der jungen Menschen und auch die Gestaltung Indiens als Wissenschafts- und Forschungsnation. Ich glaube, hierbei haben Deutschland und Indien schon etliche doch sehr interessante Projekte auf den Weg gebracht, was man ja an den MoUs, die hier eben unterzeichnet wurden, auch wieder gesehen hat.

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Wir pflegen eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit. Der Premierminister hat eben auf die Dynamik hingewiesen: Wir wollen bis 2012 ein Handelsvolumen von 20 Milliarden Euro erreichen. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Wir sind jetzt bei mehr als 15 Milliarden Euro angekommen und haben Wachstumsraten von mehr als 15 Prozent. Das ist also eine große Dynamik. Aber hier ist auch noch sehr viel zu tun. Denn die Minister für Stadtentwicklung und für Infrastruktur haben noch einmal deutlich gemacht, welches Potenzial an Kooperation hierbei natürlich noch zu heben ist, ob es nun im Straßenbereich, im Eisenbahnbereich oder aber auch im Bereich der Abfallbeseitigung und bei vielen anderen Dingen der Fall ist.

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Deutschland hat ein intensives Interesse daran, Indien auf dem sehr spannenden und sehr erfolgreichen Weg zu begleiten und den Menschen in diesem großen, so traditionsreichen Land genauso Wohlstand zu ermöglichen, wie es ihn bei uns zu Hause gibt. Auf diesem Weg möchten wir gerne als Ihre Partner einen Beitrag dazu leisten. Wir haben 60 Jahre diplomatischer Beziehungen zu feiern. Wir werden das heute tun, und dann werden wir zeigen, dass wir auch eine gute Zukunft unserer Beziehungen vor uns haben. Das deutsch-indische Jahr, das jetzt in vielen Städten Indiens beginnt, wird vielleicht auch den Menschen hier in Indien noch näher bringen, was Deutschland und Indien an gemeinsamen Potenzialen besitzen. - Herzlichen Dank dafür, dass wir hier sein konnten und heute diese ersten Regierungskonsultationen miteinander abhalten konnten.

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Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich der Verleihung des Jawaharlal-Nehru-Preises für internationale Verständigung

in Neu Delhi

Sehr verehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrter Herr Vizepräsident,
sehr geehrter Herr Premierminister,
sehr geehrter Herr Präsident des Indian Council for Cultural Relations,
Exzellenzen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

den Nehru-Preis für internationale Verständigung entgegennehmen zu dürfen, ist wahrhaftig eine hohe Ehre. Ich möchte mich herzlich für dieses Zeichen der Wertschätzung und des Vertrauens bedanken.

In dieser Preisverleihung sehe ich eine Bestätigung dafür, dass es ein guter Weg war, den unsere beiden Länder gemeinsam gegangen sind. 1951 haben Indien und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Wir können heute dankbar und durchaus auch stolz auf diese 60 Jahre diplomatische Beziehungen zurückschauen.

Der Nehru-Preis unterstreicht aber nicht nur bereits aufgebautes Vertrauen. Er verbindet uns auch als Partner, die in die Zukunft blicken. Er ist Ansporn, um Kräfte zu bündeln und gemeinsame Herausforderungen zu meistern, zum Beispiel den tiefgreifenden Umbruch, der in Nordafrika und in einigen arabischen Ländern stattfindet. Dort ringen Menschen um einen politischen Wandel, der ihnen Freiheit und Selbstbestimmung ermöglicht.

Es wird sehr deutlich: Wer internationale Verständigung ernst nimmt, der muss auch jenseits klassischer zwischenstaatlicher Diplomatie Verantwortung übernehmen, und zwar indem wir den Menschen bei ihrem Bemühen um einen Neuanfang konkret zur Seite stehen – mit den vielfältigen Formen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, mit konkreten Maßnahmen zur Ausbildung, mit Unterstützung für Beschäftigung. Dabei können unsere beiden Länder sehr viel voneinander lernen.

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Heute gab es die ersten Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Indien - eine neue Form des Lebens in der strategischen Partnerschaft. Wir werden zwischen unseren Ländern auch nicht nur die politischen und die wirtschaftlichen, sondern auch die wissenschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Verbindungen stärken.

Deshalb freue ich mich sehr, dass ich das Preisgeld des Nehru Award für den Aufbau eines Stipendienprogramms einsetzen kann. Es soll indischen Nachwuchskräften ein Masterstudium in Deutschland auf dem Gebiet des deutschen und europäischen Rechts ermöglichen. Damit werden jungen Menschen Chancen gegeben, etwas zu einem freundschaftlichen und intensiven Verhältnis unserer beiden Länder beizutragen.

So rücken unsere Länder mit jedem solcher konkreten Projekte ein Stück weit näher zusammen. So lernen sich die Menschen in unseren Ländern ein wenig besser kennen. Genau das ist doch die Aufgabe: in einer globalisierten Welt voneinander zu lernen, miteinander zu reden und Lösungen zu finden, indem wir unsere Prinzipien einbringen, aber auch immer wieder bereit sind, Kompromisse zu schmieden. Das ist das, was die Welt zusammenführt. Dafür ist eine enge, verlässliche, freundschaftliche Partnerschaft zwischen Deutschland und Indien eine gute Voraussetzung. Sie ist mir deshalb in meinem politischen Handeln eine Verpflichtung.

Ich bedanke mich nochmals für die hohe Auszeichnung, die ich heute erhalten habe.

Deutschlandjahr

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Germany + India 2011-2012

Gemeinsam mit dem indischen Premierminister eröffnete Bundeskanzlerin Merkel in Neu Delhi das "Deutschlandjahr 2011-2012". In sieben Metropolen wird Deutschland sich als innovativer, kreativer und nachhaltiger Partner Indiens darstellen.

Es ist geplant, dass iMOVE an allen Standorten in einem Pavillon des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Zusammenarbeit in der Berufsbildung informiert.

Quelle: Auszüge verschiedener Pressemeldungen des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, 31.05.2011