Deutsch-vietnamesische Annäherung

Deutschland will mit Vietnam auf eine strategische Partnerschaft hinarbeiten. Der wirtschaftliche Austausch sei bereits ein "stabiler Eckpfeiler" der Beziehungen, sagte Außenminister Guido Westerwelle am Samstag nach einem Treffen mit dem stellvertretenden vietnamesischen Ressortchef Pham Binh Minh in Hanoi. Nun gehe es darum, das Verhältnis zu vertiefen und auszubauen. Den gemeinsamen Handel wollen beide Seiten weiter stärken. Besiegelt wurden Kooperationen in der Berufsbildung und beim Bau einer neuen U-Bahn-Linie in Ho-Chi-Minh-Stadt.

Die vietnamesische Wirtschaft wächst schnell und kräftig. Das Land verbuchte in den vergangenen Jahren meist Wachstumsraten von mehr als acht Prozent. 2010 waren es rund sieben Prozent. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Vietnams in der Europäischen Union. Das Handelsvolumen lag im vergangenen Jahr bei knapp sechs Milliarden Euro.

Westerwelle sprach von einer "rasanten Entwicklung" des Landes. Für deutsche Investoren sei Vietnam "außerordentlich attraktiv". Minh sagte, die gemeinsame Handelsbilanz sei noch "bescheiden" und ausbaufähig. "Wir haben großes Potenzial, diese Zahl zu steigern", betonte er und äußerte den Wunsch nach mehr deutschen Investitionen in seinem Land. Ziel sei, die gemeinsamen Beziehungen auf ein neues Niveau zu heben.

Im Oktober will auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Vietnam besuchen, um den Ausbau der Partnerschaft beider Länder voranzutreiben. Westerwelle betonte, die Zusammenarbeit betreffe nicht nur Politik und Wirtschaft, sondern auch Bildung und Kultur. Das Thema Menschenrechte gehöre ebenso zu einem umfassenden Dialog.

Meinungs- und Pressefreiheit sind bislang deutlich eingeschränkt in Vietnam. Medien und Internet unterliegen staatlicher Kontrolle. Die Kommunistische Partei hat ein politisches Machtmonopol, eine organisierte Oppositionsbewegung gibt es nicht. Das Land öffnet sich aber langsam.

Der deutsche Außenminister kam in Hanoi auch mit dem vietnamesischen Ministerpräsidenten Nguyen Tan Dung zu einem Gespräch zusammen. In ihrem Beisein unterzeichneten Vertreter der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der vietnamesischen Regierung zwei Kreditverträge. Zum einen wird die KfW 210 Millionen Euro für den Bau einer neuen U-Bahn-Linie in Ho-Chi-Minh-Stadt beisteuern. Der Bau der zunächst elf Kilometer langen Strecke soll 2012 oder 2013 beginnen. Das Geld aus Deutschland soll vor allem in Beratungsleistungen, aber auch in die Züge und die elektromechanische Ausstattung fließen.

Zum anderen stellt die Bank über eine Laufzeit von zwei Jahren zehn Millionen Euro für Projekte der dualen Berufsausbildung bereit. Das Geld soll an fünf vietnamesische Berufsschulen gehen, um dort die Ausstattung zu verbessern - insbesondere für die Ausbildung in technischen Berufen.

Bei seinem Besuch in Hanoi besuchte Westerwelle auch den Literaturtempel, ein wichtiges Wahrzeichen der vietnamesischen Hauptstadt. Der Tempel wurde im Jahr 1070 errichtet und gilt als erste Universität Vietnams. Der Außenminister traf außerdem Vertreter der Religionsgemeinschaften und Repräsentanten deutscher Unternehmen.

Vietnam ist die letzte Station auf einer neuntägigen Reise des FDP-Politikers durch den asiatischen Raum. Zum Auftakt hatte Westerwelle einen Abstecher in den Oman gemacht und war anschließend nach Indien, Australien und Neuseeland weitergereist. Am Sonntagabend wird der Minister zurück in Berlin erwartet.

Quelle: Artikel Internetseite net-tribune.de, 02.06.2011