China setzt auf Modernisierung und Innovation

Der zwölfte Fünfjahresplan gibt Ziele und Förderrahmen vor. Dabei spielen neue strategische Industrien eine wichtige Rolle. Die Ausgaben für Bildung sollen sich bereits 2012 auf 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen.

Innovativer und nachhaltiger soll Chinas Wirtschaft werden. Der neue Fünfjahresplan bis 2015 spricht eine deutliche Sprache. Erstmals finden sich im Plan die sogenannten "neuen strategischen Industrien" wieder. Bis 2015 sollen sie 8 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beitragen. Der Staat sichert Unterstützung zu, auch beim Ausbau des Innovationssystems. Modernisierung, Innovation und Nachhaltigkeit sind durchgängige Themen - ein Zeichen auch für ausländische Wirtschaftspartner.

Der neue Fünfjahresplan der Volkerpublik China (VR China) von 2011 bis 2015 ist keine unerwartete Kurswende. Vielmehr präzisiert er teilweise erstaunlich detailliert den bereits seit einigen Jahren vorbereiteten Kurs. Integriert sind Ziele einiger mittel- bis langfristigen Programme. Dazu zählen beispielsweise das "Programm für die mittel- und langfristige Entwicklung von Wissenschaft und Technologie (2006 bis 2020)", das die Stärkung der inländischen Innovationsfähigkeit zum Ziel hat, sowie das "Mittel- und langfristige Programm für Erneuerbare Energien" aus dem Jahr 2007.

Hauptthema des zwölften Fünfjahresplans sind Ziele und Maßnahmen hin zu mehr Nachhaltigkeit, zu Modernisierung und Innovation. Obwohl eine wachsende Bedeutung des Binnenkonsums von verschiedenen Regierungsstellen im Vorfeld immer wieder betont wurde, findet sich - im Gegensatz zum elften Fünfjahresplan - kein Abschnitt, der sich mit dem Thema gezielt befasst. Vor dem Hintergrund eines durchschnittlichen Wachstums des BIP der vergangenen fünf Jahre von 11,4 Prozent ist ein anvisiertes durchschnittliches Wachstum von 7 Prozent Zeichen dafür, dass Peking abrückt von rein quantitativen Wirtschaftswachstums- und Arbeitsmarktzielen. Modernisierung, Nachhaltigkeit und Vermeidung von Ungleichgewichten in der chinesischen Wirtschaft werden zumindest auf nationaler Ebene als Ziele benannt. Ob die Regionen folgen werden bleibt abzuwarten.

Nicht umsonst widmet der zwölfte Fünfjahresplan den im Herbst 2010 von der Regierung definierten "Neuen Strategischen Industrien" ein vollständiges Kapitel. Ihr BIP-Beitrag soll bis 2015 von derzeit 3 Prozent auf 8 Prozent erhöht werden. Erwähnt werden nicht nur alle sieben "neuen strategischen" Industriebranchen, sondern auch die in den jeweiligen Bereichen im Fokus stehenden Technologien und Produkte.

Angestrebt wird die "Beherrschung industrieller Kerntechnologien" sowie eine "beschleunigte Industrialisierung". Dazu sollen große nationale Forschungsprogramme, Industrie- und Technologieparks, große nationale Projekte sowie erfolgsversprechende Unternehmen beitragen. Die Regierung hat die bislang mangelnde Verzahnung sowohl von Forschung und Industrie als auch verschiedener Projekte als Hindernis erkannt. Gefordert wird nun die integrierte Nutzung verschiedener Bereiche und Akteure - angefangen von der Technologieentwicklung, über den Aufbau von Versuchsanlagen, Erstellung von Standards sowie ersten Demonstrationsprojekten.

Dabei wird staatliche Unterstützung für Kommerzialisierung und Vermarktung, sowie Organisation und Umsetzung von Innovationsprojekten zugesagt, um führende Unternehmen und Pilotbasen aufzubauen. Auch die geplanten politischen Hilfestellungen werden kurz genannt: Gründung spezieller Fonds zur Unterstützung der neuen strategischen Industriebranchen, erleichterter Kreditzugang, Steuervergünstigungen sowohl für Produzenten als auch Konsumenten der neuen Produkte, Erarbeitung von Industrie- und technischen Standards sowie Zulassungskriterien für die einzelnen Industrien, Gewährleistung notwendiger Infrastruktur (wie beispielsweise für Elektroautos) und Schaffung einer günstigen Nachfragesituation für neue Produkte. Letzteres hat sich bereits in einigen Bestimmungen für das öffentliche Beschaffungswesen niedergeschlagen.

Chinas konsequente Ausrichtung auf Modernisierung seiner Industriestruktur im zwölften Fünfjahresprogramm dürfte für Anbieter moderner Technologie kurz- bis mittelfristig positive Auswirkungen haben. Entsprechende Unternehmen können weiterhin in den Genuss von Ansiedlungsförderung der chinesischen Regierungen sowie von Steuervergünstigungen kommen. Insgesamt nimmt das neue Fünfjahresprogramm die veränderte Haltung der chinesischen Regierung gegenüber ausländischen Investitionen auf: Willkommen ist, wer der Modernisierung der inländischen Industrie nutzt. Konkret benennt der neue Fünfjahresplan folgende Bereiche: Modernisierung der Landwirtschaft, Hochtechnologie, moderne industrielle Herstellungsverfahren, Energieeffizienz und Umweltschutz, Energiegewinnung aus nicht-fossilen Energieträgern sowie moderne Dienstleistungen.

Prinzipiell dürfte die zugesagte staatliche Unterstützung für schnellere Konkurrenz im Binnenmarkt und bald auch weltweit führen. Sprach das elfte Fünfjahresprogramm vor allem von der Unterstützung chinesischer Infrastrukturprojekte im Ausland, wird nun konkret das verarbeitende Gewerbe ermuntert, im Ausland zu investieren sowie internationale Vertriebswege und Marken aufzubauen. Allmählich sollen sich große chinesische internationale Unternehmen und Finanzinstitutionen entwickeln. Die Verfahren für Investitionen im Ausland sollen vereinfacht werden, so der zwölfte Fünfjahresplan.

Deutlich umfangreicher und genauer beschreibt China auch seine Ziele im Umgang mit internationalen Wirtschaftspartnern. Betont werden die "solidarische Zusammenarbeit" mit Entwicklungsländern, die Ablehnung jeglicher Form von Protektionismus sowie die beschleunigte Umsetzung von Free Trade Agreements (FTA) mit wichtigen Handels- und Wirtschaftspartnern. "Aktiv" will sich das Land künftig im Rahmen der G 20 sowie an der Schaffung internationaler Standards und Normen beteiligen sowie eine Reform des internationalen Finanzsystems unterstützen. Auch wird erstmals von einer "Internationalisierung des Renminbi" (Kuoda Renminbi Kuajing Shiyong) gesprochen. Inwieweit sich dahinter eine angestrebte vollständige Konvertibilität des Renminbi verbirgt, ist in Fachkreisen umstritten.

Der neue zwölfte Fünfjahresplan enthält damit zwar kaum Neues oder Unerwartetes. Die Art und Weise wie einige Ziele und zugehörige Förderinstrumente benannt werden, ist jedoch von neuer Qualität. Dies könnte auch für die Umsetzung gelten. Deutsche Unternehmen werden sich darauf einstellen müssen. Tatsächlich neue Ziele wurden im Umweltschutz und Sozialbereich aufgenommen. So soll der Anteil nicht-fossiler Energieträger an Chinas Primärenergieverbrauch von derzeit rund 8,3 Prozent auf 11,4 Prozent steigen und die CO2-Emissionen pro BIP-Einheit um 17 Prozent sinken. Weiterhin wurde erstmals in einem Fünfjahresplan der Bau von 36 Millionen Sozialwohnungen (bis 2015) festgeschrieben.

Hohes BIP-Wachstum als Nachweis für Planerfüllung und Führungsqualität dürfte zumindest in den Augen der nationalen Führungsebene künftig für eine politische Karriere in die höchsten Regierungsämter nicht mehr ausreichen. Eine ausgeglichene soziale Entwicklung und Verbesserung der allgemeinen Wohlfahrt müssten künftig als Kriterien herangezogen werden, so zitierte die South China Morning Post Äußerungen von Premierminister Wen Jiabao nach Ende des Volkskongresses. Entscheidend für den Erfolg des zwölften Fünfjahresplans sei auch, Lösungen für bisherige Schwächen im Innovationsbereich zu finden.

Wichtiger als die Entwicklung des BIP-Wachstum sei für die Innovationsfähigkeit, wie viel Prozent des BIP für Bildung sowie Forschung und Innovation ausgegeben würde. 2010 belief sich der Anteil der Forschungs- und Innovationsausgaben auf 1,75 Prozent des BIP, bis 2015 soll er auf 2,2 Prozent steigen. Die Ausgaben für Bildung sollen sich bereits 2012 auf 4 Prozent des BIP erhöhen.

Quelle: Germany Trade and Invest, Artikel 23.03.2011