Vietnam: 60 Prozent der jungen Beschäftigten ohne Ausbildung

Durch das stetige Wirtschaftswachstum ist der Bedarf an kompetenten Fachkräften in Vietnam enorm gestiegen. Ausländische Investoren fragen nach qualifiziertem Personal, doch 60 Prozent der jungen Beschäftigten haben keine berufliche Ausbildung vorzuweisen.

 

Erfahrung aus einer Hand – Gemeinsam für berufliche Bildung

 

Vor einem Jahr arbeiteten sie noch in unterschiedlichen deutschen staatlichen Durchführungsorganisationen. Nun sind sie alle Kolleginnen und Kollegen – unter dem Dach der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, kurz GIZ.

Dort bündeln sie ihre Kompetenzen und stellen sie den Partnern und Auftraggebern weltweit zur Verfügung. Und ganz nebenbei: Sie erhöhen auch die Sichtbarkeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im Land, denn Entwicklungspolitik, die nachvollziehbar ist und überzeugt, die kommt auch in der Mitte der Gesellschaft an. Wichtigster Auftraggeber der GIZ ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Wie Synergien wirkungsvoll gebündelt werden, zeigt ein Beispiel aus der Arbeit der GIZ in Vietnam im Bildungsbereich. Der Auftrag kam vom BMZ, denn Bildung und Ausbildung sind der Schlüssel zur Überwindung von Armut und Voraussetzung für eigenverantwortliche Entwicklung.

 

Berufliche Bildung in Vietnam

 

Horst Sommer, der für die GIZ das Programm zur beruflichen Bildung in Vietnam leitet: "Da wir uns eng abgestimmt haben, konnten wir nach der Zusammenlegung in der beruflichen Bildung sofort loslegen." Die gemeinsame Planung bringt mehr Effizienz und vermeidet Doppelungen. Die Beratung auf unterschiedlichen Ebenen ist enger miteinander verzahnt.
Durch das stetige Wirtschaftswachstum ist der Bedarf an kompetenten Fachkräften in Vietnam enorm gestiegen. Ausländische Investoren fragen nach qualifiziertem Personal, doch 60 Prozent der jungen Beschäftigten haben überhaupt keine berufliche Ausbildung vorzuweisen. Doch auch bei denen mit Ausbildung geht die Qualifikation oft an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes vorbei.

Deshalb hat das BMZ die GIZ beauftragt, die Berufsbildung ihres Partnerlandes Vietnam effektiv und nachhaltig zu unterstützen. Dafür hat die GIZ Sommer und sein Expertenteam nach Vietnam geschickt.

 

Klare Strukturen

 

Neben klassischen Berufsbildern bietet die GIZ dem Partnerland auch ganz moderne Berufsbildungsmodule an, wie zum Beispiel der Mechatroniker. Gerade in diesen Berufen hat Deutschland viel Erfahrung vorzuweisen. Dass Deutschland über ein vorbildliches Berufsbildungssystem verfügt, hat sich nicht nur bis Vietnam herumgesprochen.

Die Beratung der GIZ setzt an unterschiedlichen Ebenen an. Sie reicht vom Ministerium bis hin zur Werkbank. Die jeweiligen Aktivitäten sind jetzt besser synchronisiert und für die Partner deutlicher abgegrenzt. Das schafft Klarheit und verhindert Irritationen. "Was früher vielleicht verwirrend war, ist jetzt klar strukturiert. Die Zusammenarbeit aller Kollegen hat sich längst eingespielt", berichtet Sommer. Auch auf vietnamesischer Seite komme das gemeinsame Programmteam der GIZ bestens an. "Alle ziehen an einem Strang", resümiert er.

 

Rückgrat: gutes Ausbildungspersonal

 

Der GIZ, die die inhaltliche Ausrichtung des Programms verantwortet, ist die Einführung bewährter und neuer Ausbildungsmodule besonders wichtig. Diese werden dem Bedarf des vietnamesischen Arbeitsmarktes angepasst.
Ein besonderes Augenmerk legt die GIZ, so Sommer, auf die Qualifizierung der Berufsschulkräfte und Ausbilder in den Werkstätten. "Sie sind das Rückgrat der Berufsbildung, denn sie müssen neue, angepasste Lehrpläne umsetzen und die beruflichen Kompetenzen praxisorientiert den Auszubildenden vermitteln können. Sonst sind alle Anstrengungen vergeblich."

Entwicklungshelferinnen und -helfer arbeiten vor allem in den Ausbildungswerkstätten der Berufsbildungsinstitute. Sie begleiten die praxisrelevante Ausbildung und entwickeln und testen neue Trainingsangebote. Wiederum andere GIZ-Experten bieten Trainingsprogramme für Lehrkräfte und Management der Berufsschulen an oder unterstützen Vietnam bei der Entwicklung von Lehrplänen sowie von Lehr- und Lernmedien.

 

Deutsche Beratung aus einer Hand

 

Entsandt von und über unterschiedliche Organisationen einte die deutschen Experten bislang die gemeinsame Aufgabe. Heute kommen all die Kolleginnen und Kollegen aus einem abgestimmten Pool – von der GIZ. Das spart und kürzt Entscheidungswege und schont das knappe Entwicklungsbudget.

Durch die Beratung auf unterschiedlichen Ebenen kann das vietnamesische Lehr- und Trainingspersonal der insgesamt elf Berufsbildungsinstitute nun ihre praxisnahen Trainings überwiegend selbst gestalten. Dank der gebündelten Unterstützung aus Deutschland können sie ihre Ausbildung nach speziell entwickelten Lehrplänen in modern ausgestatteten Lehrräumen durchführen.

Auch die Qualität der Berufsbildungsangebote hat sich erheblich verbessert. Für die nachgefragten Berufsfelder Metalltechnik, Elektrotechnik, Elektronik sowie Mechatronik der vietnamesischen Wirtschaft existieren nun moderne Aus- und Fortbildungsmodule.

 

Weg zum Arbeitsmarkt geebnet

 

Die Lehrgänge vermitteln den Auszubildenden die erforderlichen beruflichen Kompetenzen. Sie sind der Schlüssel zum Arbeitsmarkt und somit der Start zu einem geregelten Einkommen. Besonders stolz ist das GIZ-Programmteam, dass es erste Schritte hin zu einer Kooperation zwischen den vietnamesischen Berufsbildungsinstituten und heimischen Unternehmen einleiten konnte.

Zahlen zeigen: Die Arbeit zahlt sich aus. Am Ho-Chi-Minh-Berufskolleg für Technologie zum Beispiel werden derzeit 3.571 Auszubildende in acht Fakultäten mit mehr als 15 Ausbildungsfeldern ausgebildet. Die Ausbildungsbereiche reichen von Metalltechnik über Informationstechnologie, Textil und Bekleidung bis hin zu Fächern wie Verwaltung, Umwelt- und Arbeitsschutz.

Eine Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft zwischen dem Europäischen Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft und der GIZ verdient ebenfalls Anerkennung: Die vietnamesischen Lehrkräfte der Berufskollegs können sich sowohl im eigenen Land als auch in Deutschland in Zerspanungstechnik fortbilden. Dieses Wissen geben sie zu Hause in Lehrgängen weiter.

Durch gemeinsame Planung, Koordination und Monitoring der Arbeit leisten die GIZ-Fachkräfte in Vietnam Hilfe zur Selbsthilfe, was bedeutet: Deutsche Entwicklungszusammenarbeit aus einem Guss. Sommer: "Wir erleben, welches Potenzial wir als Team bei der beruflichen Bildung haben und welchen Entwicklungsschub wir mit unserem gebündelten Knowhow für Vietnam leisten können."


Quelle: Regierung Online, Magazin für Europa und Internationales, Ausgabe 12/2011