Big Bildungsbusiness - nur nicht in Deutschland

In den USA sind kommerzielle Bildungsanbieter trotz ihres schlechten Rufs wirtschaftlich sehr erfolgreich. Auf dem deutschen Markt aber scheitern sie, zuletzt wurde ein Großkonzern ausgebootet.

von Jennifer Lachmann (New York) und Marion Schmidt (Hamburg)

Im vergangenen Sommer sollte es passieren. Laureate Education, weltweit fünftgrößter Bildungskonzern, wollte erstmals in Deutschland aktiv werden. Alles war für den Markteinstieg vorbereitet, die Laureate Germany Holding hatte sich ins Handelregister Köln eintragen lassen, mit dem Zweck, die Fachhochschule (FH) Bad Honnef zu übernehmen. Die kleine Hochschule mit Schwerpunkt Touristik hätte perfekt ins Portfolio von Laureate gepasst, das Unternehmen besitzt in Europa bereits vier Hochschulen mit entsprechender Ausrichtung.

Der Versuch scheiterte. Die rheinische Hochschule wurde von der privaten Beteiligungssgesellschaft Auctus und dem Unternehmer Florian Schütz übernommen. Zu dem verpatzten Deal will der Präsident der Schweizer Laureate Hospitality Group, David Graves, nichts sagen. Nur so viel: "Grundsätzlich sind wir stark daran interessiert, auch in Deutschland vertreten zu sein." Seit der Einführung von Studiengebühren, seien auch "die Deutschen zunehmend bereit, für Bildung zu zahlen".

Für einen erfolgsverwöhnten Konzern wie Laureate ist die Niederlage im Bieterstreit um die FH Bad Honnef ein herber Rückschlag. In den USA ist der Konzern mit gut 23.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 1,1 Milliarde $ ein Schwergewicht in Sachen Bildung.

Riesiges Marktvolumen

Laureate wie auch der größere Mitbewerber, die Apollo Group, profitieren davon, dass Bildung in den USA ein Geschäft ist. Für viele Amerikaner ist es weder anrüchig noch merkwürdig, ein Studium an einer gewinnorientierten Hochschule zu absolvieren. Hunderttausende quälen sich für ihre Weiterbildung abends zu Hause am Schreibtisch. Mittlerweile sind neun Prozent aller Studenten an sogenannten For-Profit-Colleges eingeschrieben, insgesamt 1,7 Millionen. Die Zahl ist in den vergangenen fünf Jahren um 42 Prozent gestiegen, ergab eine aktuelle Studie der Bildungsforscher von Eduventures.

Trace Urdan, Analyst beim Finanzhaus Signal Hill, schätzt das Marktvolumen von Bildung auf mindestens 850 Milliarden $, damit wäre Bildung der zweitgrößte Industriebereich nach Gesundheit. Verkauft wird alles, "von Lernhilfen für Säuglinge bis hin zu Computerkursen für Senioren", so Urdan. Der größte Umsatz wird mit Bildungsangeboten für 5- bis 18-Jährige gemacht, Studiengänge für Erwachsene machen geschätzte 304 Milliarden $ aus - Tendenz steigend. Allein der US-Konzern Apollo setzte im vergangenen Jahr über 2,7 Milliarden $ um, ein Wachstum von fast zehn Prozent zum Vorjahr. Apollo ist der weltweit größte Bildungsanbieter mit einem Börsenwert von derzeit über 11 Milliarden $.

Kommerzielle Bildungsanbieter sind in den USA wirtschaftlich erfolgreich, weil Bildung dort als Privatsache gilt, für die man zahlt; der Staat subventioniert Hochschulen kaum. Lebenslanges Lernen wird als knallhartes Geschäft betrieben, Teilnehmergebühren müssen profitabel sein. Und Berufstätige sind viel eher bereit, für eine Managerausbildung auf Volkshochschulniveau viel Geld zu zahlen.

Hohe Renditen trotz ramponiertem Image

Gewinnorientierte Hochschulen sind oftmals flexibler als traditionelle Universitäten. Viele Kurse finden online statt. Die Angebote sprechen vor allem eher Geringerqualifizierte an, junge Angestellte, die nie studiert haben oder den Abschluss nicht geschafft haben, sowie ältere Berufstätige, die möglichst bequem einen Studienabschluss erreichen wollen, um ihre Karriere voranzutreiben.

Die stört offenbar auch nicht, dass Produkte von Apollo oder Career Education als akademisches Fast Food gelten; die Bildungsfirmen haben ein reichlich ramponiertes Image. Im zurückliegenden Jahr gab es eine Reihe von Ermittlungen und Klagen gegen einige Anbieter. Die akademische Qualität der kommerziellen Bildung wird zunehmend angezweifelt, traditionelle Hochschulen erkennen die Abschlüsse nicht an. Für eine Stellungnahme war keines der US-Unternehmen erreichbar. Staatsanwälte ermitteln wegen dubioser Anwerbungen und Vergabe von Studienkrediten. Insbesondere den börsennotierten Unternehmen wird vorgeworfen, ihre hohe Rendite auf Kosten der Qualität erreichen zu wollen. Die schlechten Schlagzeilen haben zuletzt auch die Aktienkurse gedrückt.

US-Konzerne auf Expansionskurs

Deshalb versuchen die For-Profit-Hochschulen, zunehmend im Ausland zu wachsen. Apollo etwa hat gemeinsam mit der privaten Beteiligungsgesellschaft Carlyle ein Joint Venture gebildet im Wert von 1 Milliarde $. "Weltweit gibt es eine starke Nachfrage nach akademischer Weiterbildung", sagt Brooke Coburn, Managing Director bei Carlyle. Dabei will sich das Unternehmen vor allem auf Regionen konzentrieren, die über "eine attraktive demographische Entwicklung" sowie ein robustes Wirtschaftswachstum verfügen, teilte Apollo mit. Gemeint sind Asien und Südamerika.

Deutschland zählt nicht dazu. Amerikanische Bildungsanbieter konnten hier bislang nicht Fuß fassen. Auch Apollo scheiterte auf dem deutschen Markt. Das Unternehmen hatte vor sechs Jahren zwei MBA-Schulen in Köln und Düsseldorf gegründet, den Studienbetrieb aber nie aufgenommen. Trotz einer großen Marketingoffensive fanden sich nur wenige Manager, die bereit waren, für den MBA-Kurs an einer hierzulande weitgehend unbekannten Hochschule umgerechnet etwa 25.000 Euro auszugeben.

 

  • Apollo Group ist der weltweit größte Bildungskonzern mit einem Marktwert von derzeit über 11 Milliarden $. In etwa 170 Lernzentren sind schätzungsweise fast 314.000 Studenten eingeschrieben. Die Mehrheit der Studenten belegt Kurse in Wirtschaft. Bekanntester Ableger des Konzerns ist die 1976 gegründete University of Phoenix - die mittlerweile größte Hochschule in den USA, an der man allerdings nur virtuell studieren kann. Teil der Wachstumsstrategie ist eine verstärkte Auslandsexpansion, vor allem nach Asien und Südamerika.
  • Laureate Education verzeichnet Umsatzsteigerungen von über 20 Prozent. Das Unternehmen ist mit Hochschulen auch in Europa vertreten und hat insgesamt über 262.000 Studenten. Im August 2007 wurde Laureate von einer Investorengruppe um die Beteiligungsgesellschaft KKR und dem Hedge-Fonds SAC Capital übernommen.
  • Career Education ist mit über 80 eigenen Campus-Standorten - unter anderem in Frankreich und Großbritannien - der weltweit größte Anbieter von For-Profit-Hochschulen, 95.000 Studenten sind eingeschrieben. Nach jahrelang hohem Wachstum, sackte der Aktienkurs zuletzt deutlich ab.
  • Kaplan ist mit Produkten in allen Bildungsbereichen vertrete: Unterrichtsmaterialien, Nachhilfe, Testvorbereitungen für GMAT und TOEFL und Weiterbildung. Die Firma gehört zur Unternehmensgruppe der Washington Post.
  • DeVry wurde 1931 gegründet und ging 1991 an die Börse. Das Unternehmen wirbt mit sehr karriereorientierten Studiengänge vor allem in technischen Fächern und betreibt zwei Universitäten und ein College.

Quelle: FTD - Financial Times Deutschland; FTD.de, 08.01.2008