Schwierige Lage auf dem albanischen Arbeitsmarkt

Generell steht Albanien für ausgesprochen niedrige Löhne. Arbeitsemigration ist nach wie vor ein Thema. Die Suche nach Fachkräften im produzierenden Bereich gestaltet sich vor Ort als ausgesprochen schwierig. Um eine angemessene Aus- und Fortbildung muss sich überwiegend der Arbeitgeber kümmern.

Trotz einer im regionalen Vergleich recht niedrigen offiziellen Arbeitslosenquote gilt die Lage auf dem albanischen Arbeitsmarkt als schwierig. Die Landwirtschaft ist mit ihrer durch Familienbetriebe bestimmten Struktur nach wie vor der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber im Land. Die verarbeitende Industrie ist relativ schwach entwickelt.

Beschäftigungsverhältnisse innerhalb des öffentlichen Sektors gelten aufgrund der vergleichsweise guten Bezahlung als erstrebenswert. Ein Unterkommen dort ist häufig jedoch nur durch Beziehungen auf politischer und/oder familiärer Ebene möglich. Bis auf einige wenige Ausnahmen vornehmlich im Bergbau und in ausgewählten Sparten des Dienstleistungssektors sind gut bezahlte Jobs in der Privatwirtschaft ausgesprochen rar.

Angesichts beständig steigender Lebenshaltungskosten und eines insgesamt recht niedrigen Lohnniveaus, das ausgehend von der verhaltenen Entwicklung der Gesamtwirtschaft auch keine großen Sprünge erhoffen lässt, ist die Arbeitsemigration weiterhin weit verbreitet. Die Überweisungen von Angehörigen aus dem Ausland bilden für viele albanische Familien häufig die wichtigste Einkommensquelle, um einen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

 

Arbeitsmigration schwächt die Arbeitskräftebasis

 

Zwar ist dem Land durch die Auswanderung bisher noch kein ernsthaftes Problem erwachsen. Experten halten es jedoch für nicht unwahrscheinlich, dass sich eine weiter anhaltende Arbeitsmigration mittel- bis langfristig spürbar negativ auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften niederschlagen könnte. Die Arbeitskräftebasis wird durch die Abwanderung durchaus substanziell geschmälert.

Allein die offizielle Einwohnerzahl sank nach Angaben des albanischen Statistikamtes Instat (Instituti i Statistikes) zwischen 2008 und 2013 um immerhin knapp 5 Prozent von 2,93 Millionen auf 2,79 Millionen - und dies trotz eines Jahr für Jahr zu verzeichnenden deutlichen Geburtenüberschusses.

Gleichzeitig verringerte sich die dem erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) zuzurechnende Bevölkerungsgruppe im Betrachtungszeitraum sogar um nahezu ein Zehntel. Der Aderlass im Zuge der ungebrochen populären Suche nach besseren Verdienstmöglichkeiten im Ausland ließ diese Schicht von etwa 2,11 Millionen auf knapp 1,90 Millionen abschmelzen.

Zwar hatten die mit Abstand wichtigsten Ziele für albanische Arbeitsemigranten - Italien und Griechenland - wegen der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise zwischenzeitlich etwas an Attraktivität verloren. Dies blieb offensichtlich jedoch nur eine vorübergehende Erscheinung.

Mittlerweile weist die Bevölkerungsstatistik für die fragliche Altersgruppe wieder zunehmende Rückgangsquoten aus, was wieder auf mehr Auswanderer hinweist.

Schenkt man den offiziellen Zahlen Glauben, lässt sich bisher noch keine direkte Verbindung zwischen dem anhaltenden Trend zur Auswanderung und Veränderungen bei der Beschäftigungsquote herstellen. So hat sich diese bezogen auf die relevante Altersgruppe der 15- bis 64-Jährigen Instat-Erhebungen zufolge zwischen 2007 und 2012 wie folgt entwickelt: 2007 - 56,4 Prozent, 2008: 53,8 Prozent, 2009 - 53,4 Prozent, 2010 - 53,4 Prozent, 2011 - 58,7 Prozent, 2012 - 56,3 Prozent.

Mit diesen Daten schneidet Albanien im regionalen Vergleich zum Teil deutlich besser ab als andere Länder in der Nachbarschaft. Deutlich schlechter bestellt sieht es um die Beschäftigungsquote etwa in Serbien mit 45,8 Prozent (April 2013), in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien mit 46,1 Prozent (Stand: 2. Quartal 2013) oder in Griechenland mit 49,6 Prozent (2. Quartal 2013) aus.

Im europaweiten Vergleich bewegt sich Albanien aber noch deutlich unter dem Durchschnitt. Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union (EU), gibt den Mittelwert für die Beschäftigtenquote innerhalb der 28 EU-Staaten im 2. Quartal 2013 mit 64,1 Prozent an. Dabei lagen die Niederlande und Deutschland mit 74,4 und 73,3 Prozent ganz vorne.

 

Hoher Anteil mithelfender Familienangehöriger

 

Zur richtigen Einordnung der Zahlen für Albanien gilt es jedoch auch auf einen Aspekt hinzuweisen, der die lokale Arbeitsmarktstatistik spürbar verzerrt. Dabei handelt es sich um die sogenannten mithelfenden Familienangehörigen, die laut Definition offiziell den Erwerbstätigen zuzurechnen sind.

In Albanien fällt deren Zahl im Vergleich zu den Arbeitsmärkten in vielen anderen - zumindest europäischen - Ländern jedoch betont hoch aus. Laut Angaben von Instat machten 2012 in Albanien Familienangehörige, die in einem Betrieb mithalfen, ohne in der Regel dafür Lohn oder Gehalt zu erhalten, und ohne dass für sie Beiträge zur Sozialversicherung abzuführen wären, als Anteil an allen Erwerbstätigen immerhin gut 37 Prozent aus.

Ein Großteil dieser Form der Beschäftigung ist auf den Agrarsektor konzentriert, in dem in Albanien häufig noch Subsistenzwirtschaft vorherrscht. Der offiziellen Statistik zufolge zählte die Landwirtschaft 2012 als mit Abstand wichtigster Arbeitgeber knapp 530.000 Beschäftigte, was gut 47 Prozent aller Erwerbstätigen im Land entsprach.

In bestimmten Landesteilen erreicht diese Quote sogar 60 Prozent und mehr wie in den Regionen Berat, Elbasan, Fier oder Korce. Demgegenüber zählten Unternehmen im Bereich des verarbeitenden Gewerbes 2012 im gesamten Land lediglich etwa 71.500 Erwerbstätige (gut 6 Prozent).

Die von der Statistik dem Kreis der Beschäftigten zugeschlagene hohe Zahl der mithelfenden Familienangehörigen hat maßgeblich dämpfenden Einfluss auf die offizielle Arbeitslosenquote. Nach Erhebungen der Labour Force Survey für das 2. Quartal 2013 lag diese mit 12,8 Prozent recht deutlich unter den ansonsten in den Nachbarländern gemeldeten Ergebnissen von häufig 25 Prozent und mehr.

Im Rahmen einer kritischen Betrachtung der Kategorie der "mithelfenden Familienangehörigen", von denen tatsächlich die meisten nur sporadisch aktiv und somit überwiegend beschäftigungslos sind, müsste eine realistische Bewertung der Arbeitslosigkeit in Albanien jedoch zu einem wesentlich höheren Ergebnis kommen.

Diese Meinung scheint nach dem Regierungswechsel in Folge der letzten Parlamentswahlen im Juni 2013 auch in dem für den Arbeitsmarkt zuständigen Ressort, dem neu zugeschnittenen Ministerium für Soziales und Jugend, geteilt zu werden. So wird dort mittlerweile davon ausgegangen, dass eher wohl knapp die Hälfte aller Erwerbstätigen im Land von Arbeitslosigkeit betroffen ist.

 

Umdenken im Bildungsbereich

 

Typisch für den albanischen Arbeitsmarkt ist ein hohes Maß an Langzeitarbeitslosigkeit.

Im Jahr 2012 machte der Anteil jener Arbeitslosen, die zum Zeitpunkt der Erhebung bereits zwölf und mehr Monate ohne Job waren, immerhin gut 77 Prozent aller landesweit offiziell als erwerbslos gemeldeten Arbeitnehmer aus.

Als strukturelles Problem erweist sich zudem die recht hohe Jugendarbeitslosigkeit, deren offizielle Quote sich 2012 auf 27,9 Prozent belief.

Das Bildungsniveau fällt insbesondere in den vorwiegend ländlich geprägten Landesteilen deutlich unterdurchschnittlich aus. Dies hat nicht zuletzt auch mit der allgemein niedrigen Wertschätzung zu tun, die Landeskennern zufolge lange Zeit der Bildung gegenüber in der Gesellschaft entgegengebracht wurde.

Erst langsam greifen hier ein schrittweises Umdenken und darauf aufbauende Veränderungen. So wurde beispielsweise 2008 die Dauer der primären Ausbildung von acht auf neun Jahre erhöht. Im Jahr 2012 verfügten laut Instat etwa 52 Prozent aller Erwerbstätigen im Land höchstens über einen Abschluss nach acht oder neun Jahren Schulzeit.

Gleichwohl wird eine Ausbildung an dem rund einem Dutzend öffentlicher und den gut 40 privaten Universitäten und Hochschulen des Landes zunehmend populärer. Während Instat-Angaben zufolge im Jahrgang 2000/01 noch knapp 41.000 Studierende registriert gewesen waren, waren es 2011/12 bereits fast 159.000 oder nahezu viermal so viel.

Im Mittelpunkt des Interesses stehen bei den Studierenden vor allem Studiengänge, die den Zugang zu Jobs im "White Collar"-Bereich ermöglichen. Folglich konzentrieren sich auch die meisten Bildungseinrichtungen vorrangig oder ausschließlich auf entsprechende Kursangebote. Ausbildungsmöglichkeiten für technische Fachrichtungen sind dagegen in Albanien ausgesprochen rar gesät.

Hinweis

Dieser Artikel wurde stark gekürzt. Die Vollversion der "Lohn- und Lohnnebenkosten - Albanien" mit weiteren Informationen - wie etwa Löhnen und Gehältern, arbeits- und vertragsrechtlichen Aspekten sowie Kontaktanschriften - ist nach einer kurzen Anmeldung auf der Internetseite von Germany Trade & Invest (GTAI) gebührenfrei abrufbar.


Quelle: Germany Trade & Invest, Newsletter vom 16.12.2013