Tipps zur Verhandlungsführung mit slowakischen Geschäftspartnern

Die Slowakei gehört zu Deutschlands wichtigsten Handelspartnern in Mittelosteuropa. In den letzten Jahren war die Konjunkturentwicklung dort dynamischer als in den meisten anderen Volkswirtschaften der Region. Immer mehr deutsche Unternehmen suchen daher Geschäftspartner zwischen Donau und Hoher Tatra.

Die Slowakei ist trotz ihrer Lage im Herzen des Kontinents für viele Europäer immer noch Terra Incognita. Eingeklemmt zwischen den Großmächten oder Anhängsel in diversen Völkerverbunden konnte sie in der Geschichte nur selten Akzente setzen. Berichte über das Mitglied der Europäischen Union (EU) gelangen oft nur klischeebeladen oder mit negativem Einschlag in die deutschen Medien.

Dabei ist die jüngste Geschichte des Landes eine Erfolgsgeschichte. Die Wirtschaftsleistung hat sich in den vergangenen 15 Jahren auf über 70 Milliarden Euro mehr als verdreifacht. Deutschland ist für die Slowakei der wichtigste Handelspartner, sowohl bei den Einfuhren als auch beim Export.

Mit Volkswagen, RWE oder Continental kommen einige der größten Investoren aus der Bundesrepublik. Die 500 deutschen Firmen im Land sichern über 100.000 Arbeitsplätze. Das wird von den Slowaken durchaus positiv zu Kenntnis genommen. Das Ansehen der Deutschen ist besser als im Nachbarland Tschechien.

Zu Unrecht wird die Slowakei wegen der gemeinsamen Vergangenheit in einem Staat mit Tschechien als einheitlicher Raum angesehen, in dem es kaum kulturelle Unterschiede gibt. Nach der Gründung der Tschechoslowakei am 28.10.1918 wurde das "tschechoslowakische Volk" zum Souverän erklärt und damit der Eindruck erweckt, dass es sich um eine einheitliche Nation handele.

Doch die Autonomieforderungen der Slowaken und die Betonung ihrer eigenen Sprache waren von Anfang an ein Konfliktpunkt innerhalb des jungen Staates.

Nach dem Münchener Abkommen von 1938 gingen Tschechen und Slowaken dann zunächst wieder getrennte Wege. Auf tschechischer Seite wurden zuerst die sudetendeutschen Gebiete, später ganz Böhmen und Mähren dem Deutschen Reich einverleibt. Die politische Eigenständigkeit Tschechiens ging völlig verloren.

Dagegen blieb die Slowakei formell ein selbstständiger Staat, allerdings in starker Abhängigkeit vom nationalsozialistischen Deutschland.

Schon zuvor trennte Tschechien und die Slowakei mehr als gemeinhin angenommen. Während Böhmen bis 1918 fast 400 Jahre zum Herrschaftsgebiet der Habsburger zählte, gehörte die Slowakei bereits ab dem 10. Jahrhundert zum Königreich Ungarn. Der starke magyarische Einfluss zeigt sich bis heute in der großen ungarischen Minderheit. In der Südslowakei leben etwa eine halbe Million Ungarn.

Eine weitere bedeutende Minderheit sind die Roma, von denen je nach Zählweise zwischen 100.000 und 500.000 in der Slowakei leben (viele bekennen sich bei Volkszählungen nicht zu ihrer Ethnie). Sie sind starker gesellschaftlicher Benachteiligung ausgesetzt. Das drückt sich in einem niedrigen Bildungsgrad und einer hohen Arbeitslosigkeit aus, die in manchen Gebieten der Ostslowakei bis zu 100 Prozent erreicht. Das Verständnis für die Kultur und Lebensweise der Roma ist in weiten Teilen der slowakischen Bevölkerung gering ausgeprägt.

 

Persönliche Kontakte sind sehr wichtig

 

Dank der Lage in Mitteleuropa an der Kreuzung wichtiger Handels- und Wanderungsrouten waren die Slowaken traditionell offen gegenüber anderen Kulturen und fremden Besuchern. Das gilt bis heute und erleichtert es ausländischen Geschäftsleuten, schnell und unkompliziert Termine mit slowakischen Unternehmen zu vereinbaren.

Die persönliche Ebene ist für die meisten Slowaken wichtiger als die Sachebene. Berufliches und Privates vermischen sich. Ein neutrales, rein geschäftliches Verhältnis zu Kollegen oder Geschäftspartnern ist kaum vorstellbar. Verhandlungen laufen daher weniger formell ab als in Deutschland.

Während schon im Sozialismus kaum etwas ohne Vitamin B, also mittels Beziehungen und Kumpanei zu bekommen war, setzt sich diese Tradition bis heute auf anderer Ebene fort. Ein enges Netzwerk mit guten persönlichen Kontakten ist im Wirtschaftsleben immer noch hilfreich.

Ausländern fällt bisweilen die mangelnde Selbstsicherheit der Slowaken auf. Sozialpsychologen begründen das vor allem mit der geschichtlichen Erfahrung, überwiegend fremdregiert worden zu sein. Die Menschen im Land sind eher bescheiden und stellen ihr Licht unter den Scheffel. Zurückhaltung gilt als Tugend. Das sollte auf keinen Fall ausgenutzt oder mit Überheblichkeit gekontert werden.

Umgekehrt können Personen, die in Führungs- oder Machtpositionen sind, zu überhöhtem Selbstbewusstsein neigen. Sie präsentieren ihren Status gern mit Titeln, Autos, exotischen Urlaubszielen oder nobler Kleidung.

Eine Hinterlassenschaft von 40 Jahren Sozialismus ist die immer noch mangelnde Servicementalität, die westliche Besucher vor allem in Behörden vermissen werden. Hier kompensieren die Beamten ihre niedrige Bezahlung zum Teil durch das Ausspielen von Machtkompetenz. Es empfiehlt sich, wichtigen Personen an wichtigen Schalthebeln ab und an dieses Gefühl zu gönnen, um in der Sache voranzukommen.

 

Titel spielen bei Geschäftskontakten eine große Rolle

 

Auf keinen Fall sollten westliche Manager in der Slowakei überheblich oder arrogant auftreten. Wer glaubt, nur wegen eines deutschen Qualitätsprodukts den Kaufvertrag schon in der Tasche zu haben, wird nicht weit kommen. Ein Slowake wird einem deutschen Unternehmen sicherlich nicht hinterherlaufen. Dafür sind das Angebot und der Wettbewerb inzwischen zu groß, und der Stolz der kleinen Nation ebenso.

Es ist wichtig, die ersten lockeren Kontakte zeitnah nachzubearbeiten und aufzufrischen. Dazu gehört auch, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen und den slowakischen Geschäftsleuten das Gefühl zu geben, dass sie wichtig sind und ernstgenommen werden.

Deutsche Manager vor Ort beklagen häufig, dass ihre slowakischen Geschäftspartner sehr kurzfristig denken und einen starken Umsatzfokus haben. Ein schneller Gewinn ist ihnen meist wichtiger als eine langfristige Zusammenarbeit.

Darüber hinaus gibt es wesentliche Unterschiede bei der Projektplanung und -durchführung. Während Deutsche ihre Vorhaben gern bis ins kleinste Detail durchspielen und akribisch auf die Einhaltung von Deadlines achten, sehen Slowaken die Sache entspannter und pragmatischer. Für sie ist nicht der Prozessverlauf wichtig, sondern das Ziel. Fehler, die auf der Strecke passieren, sind aus ihrer Sicht vernachlässigbar und bedürfen keiner allzu strengen Analyse. Darunter kann die Qualität leiden, das Improvisationstalent fördert aber auch interessante Lösungen zutage.

Titel spielen wie im Nachbarland Österreich eine wichtige Rolle. Auf die Benennung der akademischen Ehren wie Dr., Mag. und Ing. wird viel Wert gelegt. Das gilt auch für Bezeichnungen von Führungspositionen wie Herr Direktor (pan riaditel oder pan jednatel) oder Herr Vorsitzender (pan predseda). Ein Verzicht könnte als Geringschätzung interpretiert werden.

Allerdings bezieht sich das vor allem auf den Schriftverkehr. Auch auf Visitenkarten sind Titel ein Muss. Bei der mündlichen Anrede, gerade unter jüngeren Gesprächspartnern, verlieren sie in jüngster Zeit an Bedeutung. Wenn ein Deutscher seinen slowakischen Counterpart mit Herr Ingenieur ("Pan inzinier") anspricht, kann er damit dennoch Sympathien gewinnen.

 

Dos and Don'ts

 

  • Verwechseln Sie niemals die Slowakei mit Slowenien!
  • Slowaken mögen es nicht, wenn man ihr Land immer noch als Teil der verschwundenen Tschechoslowakei ansieht.
  • Reden Sie Slowaken mindestens im Schriftverkehr mit ihren Titeln an.
  • Beachten Sie die Hierarchien, verhandeln Sie auf Augenhöhe.
  • Fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus. Die direkte, zeitsparende deutsche Art, ohne Umschweife gleich zum Geschäft zu kommen, kann sich in der Slowakei als kontraproduktiv erweisen.
  • Fixieren Sie alle Verabredungen schriftlich. Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Abmachungen oder einen Handschlag.
  • Gratulieren Sie zum Namenstag Ihrer slowakischen Geschäftspartner. Der ist leicht im Internet recherchierbar und in der Slowakei mindestens ebenso wichtig wie der Geburtstag.
  • Seien Sie sparsam mit Kritik! Slowaken sind stolz auf ihre Sprache und ihre staatliche Eigenständigkeit. Sie haben zwanzig schwere Jahre der wirtschaftlichen Transformation hinter sich, die den meisten Menschen große Opfer abverlangt hat. Betonen Sie die Erfolge dieser Reformgeschichte.

 

Hinweis

 

Dieser Artikel wurde gekürzt. Die Vollversion der "Verhandlungspraxis kompakt - Slowakei" mit vielen weiteren Informationen ist auf der Internetseite von Germany Trade and Invest (GTAI) nach einer kurzen, kostenlosen Registrierung gebührenfrei abrufbar.


Quelle: Länder.Märkte.Chancen. - Die GTAI Online-News, 05.03.2014