Singapur: Anziehender Exportsektor und robuster Binnenmarkt lassen Löhne steigen

Der bereits angespannte Arbeitsmarkt in Singapur bleibt weiter unter Druck. Der Fachkräftemangel hält an.

Der bereits angespannte Arbeitsmarkt in Singapur bleibt weiter unter Druck. Die Verbesserung der weltwirtschaftlichen Lage führte im exportorientierten Stadtstaat bereits 2013 zu einer Wiederbelebung des Bruttoinlandprodukt-Wachstums auf 4,1 Prozent (Vorjahr: 1,9 Prozent). 2014 dürfte angesichts der aufgehellten Weltkonjunktur und einer weiterhin robusten Binnennachfrage ein Zuwachs von rund 4 Prozent möglich sein.

Hinzu kommt, dass die Regierung die "Schraube" für den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte noch etwas weiter anzieht. Der enge Arbeitsmarkt und steigende Lohnkosten zählen somit weiterhin zu den Hauptsorgen der Arbeitgeber.

Neben der wieder anziehenden Exportwirtschaft bleibt die Binnennachfrage ein wesentlicher Wachstumsträger. Zu den robusten Wirtschaftszweigen zählen der Bausektor, Handel und Tourismus - alles Sektoren, die besonders arbeitsintensiv sind. Die Ende 2013 im Vorjahresvergleich bei unverändert 1,8 Prozent liegende Arbeitslosenquote soll auch 2014 knapp unter 2 Prozent bleiben. Mit dem steigenden Arbeitskräftebedarf dürfte der Lohnaufwärtsdruck anhalten.

 

Zuzug ausländischer Arbeitskräfte wurde erschwert

 

Hinzu kommt, dass die Regierung den Zuzug ausländischer Arbeitskräfte erschwert und verteuert, so durch höhere Abgaben für die Arbeitserlaubnis ab 2014. Diese Maßnahme wird flankiert durch Anreize für Unternehmen, die in höhere Produktivität und Automatisierung investieren.

Ziel dieser Politik ist es, Singapurs Abhängigkeit von niedrig qualifizierten Fremdarbeitern abzubauen.

Sie sind vor allem in arbeitsintensiven Branchen, wie Bauwirtschaft, Schiffbau und Gastronomie anzutreffen. Gerade die genannten Wirtschaftszweige haben den höchsten Anteil offener Stellen, die schwer mit lokalen Kräften zu füllen sind.

Die Bereitschaft der Arbeitgeber, Personal einzustellen, scheint insgesamt leicht abzunehmen. Nach einer Umfrage des Personalvermittlers Hudson im 1. Quartal 2014 waren 39,5 Prozent und damit 4,3 Prozentpunkte weniger als im Vorquartal dazu bereit.

Auch 2014 bleibt die Arbeitslosenquote niedrig. Lag sie im Jahresdurchschnitt 2012 bei 2,0 Prozent, notierte sie ein Jahr später bei 1,9 Prozent und im Dezember 2013 gar bei 1,8 Prozent. Ende 2014 dürfte sie ebenso knapp unter 2 Prozent liegen, prognostiziert die Monetary Authority of Singapore. Da der Arbeitsmarkt nahezu leergefegt ist, die Nachfrage aber anhält und die Regierung den Zustrom von Fremdarbeitern zügelt, bleibt der Faktor Arbeit knapp und teuer.

Der Kern des Problems liegt in der demografischen Entwicklung, die bei sinkender Geburtenrate den Stadtstaat zur ältesten Gesellschaft Südostasiens "ergrauen" lässt. Kamen 1990 auf 1.000 Einwohner 18,2 Geburten, waren es 2000 lediglich 13,7 und 2011 nur noch 9,5. Schließlich gebären Frauen im karrierebewussten Singapur immer später und immer weniger Kinder.

Der Anteil der über 65-jährigen, der 2013 bei 7,5 Prozent der Bevölkerung (Vorjahr: 7,1 Prozent) lag, kann 2030 mit 23,3 Prozent nahezu ein Viertel der Einwohner umfassen.

Ähnlich verschiebt sich der Mittelwert des Alters bei den erwerbstätigen Staatsbürgern. Lag er 2003 noch bei 39 Jahren, notierte er zehn Jahre später bei 42 Jahren.

Da die Zahl der "Singapore Residents" schon bei weitem nicht mehr ausreicht, um die Wirtschaft in Bewegung zu halten, ist der Stadtstaat auf Gastarbeiter, die "Non-Residents", angewiesen. Diese stellten Mitte 2013 fast 1,6 Millionen der 5,4 Millionen Einwohner des Inselstaats.

Während die Gesamtbevölkerung 2013 um 1,6 Prozent (Vorjahr 2,5 Prozent) zunahm, stieg die Zahl der Non-Residents um 4,0 Prozent. Der Zuwachs verlangsamte sich jedoch gegenüber den beiden vorherigen Jahren (7,2 Prozent; 6,9 Prozent).

Dies zeigt auch der Arbeitsmarkt. So nahm die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte 2013 nur noch um 53.300 (Vorjahr: 70.400) zu. Die lokalen Beschäftigten legten hingegen um 82.900 (zuvor 58.700) zu. Das Bestreben der Regierung, den Zustrom niedrig qualifizierter Gastarbeiter zu verteuern, scheint somit zu greifen.

Das Ziel, den Ausländeranteil am Arbeitskräftebestand auf ein Drittel zu beschränken, ist aber noch nicht erreicht. Sie stellten Ende 2013 mit 1,3 Millionen immer noch 38 Prozent der 3,5 Millionen Gesamtbeschäftigten.

 

Abgaben steigen für ausländische Arbeiter

 

Nachdem das Budget 2012 bereits eine Reduktion des Ausländeranteils an den Beschäftigten eines Betriebes verordnet und die für ungelernte Gastarbeiter in der Bauindustrie zu zahlende Abgabe erhöht hatte, folgten weitere Restriktionen im Budget 2013.

So wird 2014 und 2015 die für ausländische Arbeitskräfte zu entrichtende Abgabe für die Arbeitserlaubnis angehoben. Hinzu kommt - mit der Haushaltsrede im Februar 2014 verkündet - ab Juli 2016 eine weitere Erhöhung der Abgaben bei der Beschäftigung niedrig qualifizierter Bauarbeiter ("Man-Year-Entitlement") von 600 auf 700 Singapur Dollar (S$; fast 400 Euro; 1 S$ = 0,57 Euro). Die Regierung werde weiter die Schrauben anziehen, bis der Ausländeranteil am Arbeitskräftebestand ein Drittel nicht übersteige und die Produktivität um 2 bis 3 Prozent jährlich zulege.

Nach höheren Gebühren und strikteren Bedingungen für die Erlangung von Arbeitserlaubnissen hat das Arbeitsministerium mit Wirkung vom 1.9.12 auch die Hürde für Gastarbeiter, die ihre Ehepartner und Kinder nachholen wollen, höher gesetzt. Statt zuvor 2.800 S$ müssen diese nun mindestens 4.000 S$ verdienen, um sich den Nachzug leisten zu können. Ausländer, die 8.000 S$ verdienen, können zusätzlich noch ihre Eltern nachholen.

Während es unteren Einkommensgruppen zunehmend schwerer gemacht wird, rollt die Regierung qualifizierten Fach- und Spitzenkräften eher den roten Teppich aus. So dürfen qualifizierte Mitarbeiter und ihre Familien eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung ("Permanent Resident Status") beantragen. Nach zwei weiteren Jahren kann die Staatsbürgerschaft verliehen werden. Denn der moderne Stadtstaat strebt zu hochwertiger Produktion sowie Forschung und Entwicklung bei Beibehaltung seiner güterproduzierenden Industrie.

 

Arbeitskräfte höherer Führungsetagen erhalten Erleichterungen

 

Gleichwohl will die Regierung aber in den höheren Führungsetagen das Entrée für lokale Arbeitnehmer erleichtern. So müssen ab August 2014 Arbeitnehmer bei der Einstellung von ausländischem Personal unterhalb des Topmanagements nachweisen, dass sie zuerst versucht haben, einen einheimischen Kandidaten zu finden. Bereits seit Anfang des Jahres müssen sie qualifizierten jungen ausländischen Arbeitnehmern ein höheres Gehalt zahlen, um das entsprechende Q1-Visum genehmigt zu bekommen.

Bei der Anwerbung ausländischer Fach- und Führungskräfte ist der Stadtstaat nicht erfolglos. Schließlich kann er mit angenehmen Lebens- und exzellenten Wirtschaftsbedingungen aufwarten, die ihm bei internationalen Bewertungen immer wieder Spitzenplätze einbringen. Einen Spitzenplatz belegt Singapur aber mittlerweile auch bei den Lebenshaltungskosten, die zu den höchsten der Welt zählen.

Hoch ist der Bildungsstand und dieser steigt weiter. Mitte 2013 verfügten 31,5 Prozent (Vorjahr: 29,4 Prozent) der Erwerbspersonen mit Residenzstatus über einen Hochschulabschluss, 18,4 Prozent über eine professionelle Qualifizierung und 38,3 Prozent über einen Abschluss im Bereich der "Secondary- oder Post-Secondary"-Bildung. Nur 11,7 Prozent (Vorjahr: 12,3 Prozent) begnügten sich mit Primärbildung oder darunter.

Singapur verfügt im internationalen Vergleich über ein gut entwickeltes Bildungs- und Ausbildungssystem mit zahlreichen Einrichtungen. Dazu zählen auch die beiden Universitäten Nanyang Technological University und National University of Singapore, bei der im September 2013 immerhin 37.450 Studenten eingeschrieben waren.

 

Regierung will den Arbeitsmarkt fit für die Zukunft gestalten

 

Die langfristig planende Regierung ist sich der demografischen Herausforderungen bewusst und agiert vorausschauend. Tatkräftig unterstützt der Staat die Aus- und Fortbildung, die als Pfeiler der Entwicklung stetig ausgebaut wird. Ferner will er die Arbeitswelt familienfreundlicher gestalten und die Beschäftigung von Frauen fördern. Laut Budgetplan vom Februar 2014 erhalten Familien mehr Unterstützung bei Vorschulgebühren, Studenten im tertiären Bereich höhere Stipendien und Kinder mit speziellen Bedürfnissen mehr Subventionen.

Auch die Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer steht auf der Agenda. Die Regierung möchte, dass Bürger über die offizielle Altersgrenze von 62 Jahren hinaus arbeiten. Laut "Retirement and Re-employment Act", der im Januar 2012 Gesetz wurde, sind Arbeitgeber gehalten, geeignete Arbeitskräfte im Alter von 62 bis 65 wieder einzustellen.

Auch hat die Regierung den "Special Employment Credit" bis 2016 verlängert. Dieser ermutigt Arbeitgeber, ältere Singapurer einzustellen, und umfasst nun Arbeitskräfte über 50 Jahre mit Einkommen bis 4.000 S$.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen zog auch im 4. Quartal 2013 gegenüber dem Vorquartal an - von 33.100 auf 40.600, lag aber unterhalb der 44.000 im Vorjahresquartal. Im Gesamtjahr 2013 kam jedoch mit 136.200 neu geschaffenen Arbeitsplätzen ein Plus von 4,1 Prozent (Vorjahr: 4,0 Prozent) heraus.

Das Wachstum wurde allein durch Zuwächse im Dienstleistungssektor (plus 22 Prozent auf 94.100 neue Stellen) generiert, während es im Bausektor um 10 Prozent auf 35.200 Stellen abnahm und sich im verarbeitenden Gewerbe gar auf 5.300 geschaffene Stellen mehr als halbierte.

Gleichzeitig nahm 2013 aber auch die Zahl der Entlassungen um 5 Prozent auf 11.560 zu. Der Trend verstärkte sich im 4. Quartal, wo die Freisetzungen um 9,3 Prozent höher notierten als im Vorjahresquartal. Es waren die güterproduzierende Industrie und das Baugewerbe, die 2013 mehr Arbeitskräfte freisetzten, während der Dienstleistungssektor seine Entlassungen reduzierte.

 

Hinweis

 

Dieser Artikel wurde stark gekürzt. Die Vollversion der "Lohn- und Lohnnebenkosten - Singapur" mit weiteren Informationen zum Arbeitsmarkt, zu Löhnen und Gehältern, zur Sozialversicherung und zum Arbeitsrecht ist auf der Internetseite von Germany Trade and Invest GTAI nach einer kurzen, kostenlosen Registrierung abrufbar.


Quelle: Germany Trade and Invest - GTAI, Die GTAI Online-News 23.04.2014