Modis "Zehn Gebote" für Indien

Indiens neuer Premierminister Narendra Modi präsentiert sich als Mann der Tat und stellt nur zwei Tage nach seinem Amtsantritt am 26.05.2014 die Top-Ten-Prioritäten für seine Amtszeit vor und kündigt einen 100-Tage-Aktionsplan an. Oberstes Ziel ist, Indien auf den Wachstumspfad zurückzuführen und den Investitionsstau der vergangenen beiden Jahre zu lösen.

Indiens neuer Premierminister Narendra Modi ist gerade zwei Tage im Amt, da hat er schon eine Zehnpunkteagenda vorgelegt und seinen Ministern aufgetragen einen 100-Tage-Aktionsplan zu entwickeln. Modi möchte offensichtlich Aktionismus gegen den Stillstand der letzten Jahre setzen.

Die Erwartungen sind hoch und über die Agenda, von den Medien auch die "10 Gebote" genannt, wird viel diskutiert. Der Fokus liegt auf Wachstum, Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Infrastruktur.

Welche Maßnahmen konkret ergriffen werden sollen, steht noch nicht fest. Die formulierten Ziele sind nicht revolutionär oder neu, die Schnelligkeit mit der sie vorgelegt wurden, lassen aber einen Tatendrang erkennen, der der letzten Regierung unter Dr. Manmohan Singh abhandengekommen war.

Wichtig ist: Die Wirtschaft traut Modi zu, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Damit ist der erste Schritt getan. Bereits jetzt ist eine deutliche Aufhellung des Investitionsklimas spürbar. Der indische Börsenindex SENSEX ist am Tag nach der Bekanntgabe des Wahlsiegs, dem 19. Mai, sprunghaft gestiegen, die Kapitalströme aus dem Ausland sollen ebenfalls zugelegt haben, und die Rupie hat an Wert gewonnen.

 

Eine starke neue Regierung

 

Die neue Regierung hat auf jeden Fall die nötige Stärke, um Entscheidungen durchzusetzen und das Land wieder auf Kurs zu bringen.

Die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) - was übersetzt die Partei des indischen Volkes bedeutet - mit Spitzenkandidat Narendra Modi hat bei den Wahlen im Mai 2014 mit 282 Sitzen die absolute Parlamentsmehrheit erzielt (Parlamentsmehrheit liegt bei 272 Sitzen), ist damit neuer Premierminister Indiens und wurde am 26. Mai vereidigt.

Der tatsächliche Stimmenanteil der BJP lag bei 31 Prozent. Dies sei, kommentierte die Tageszeitung "Times of India", trotz der absoluten Mehrheit der Sitze, verglichen mit den absoluten Mehrheiten früherer Jahrzehnte, sehr gering.

 

Modi-Sieg lässt Wirtschaft hoffen

 

Modi gilt als wirtschaftsnah und genießt eine Reputation als "Macher", die er sich als Chief Minister des Bundesstaates Gujarat erworben hat. Das letzte halbe Jahr vor den Wahlen verharrte Indien in einem Wartezustand. Weder Politik noch Wirtschaft konnten oder wollten Entscheidungen treffen.

Modi soll das Land nun aus der Starre erwecken. Auf der Wunschliste der Wirtschaft stehen unter anderem Verbesserungen bei der Landakquisition, der Erteilung von Baugenehmigungen, dem Ausbau der Infrastruktur oder der Versorgung mit Rohstoffen.

Ausländische Unternehmen würden ebenso von den erhofften Maßnahmen profitieren wie indische.

Weniger positiv dürfte die Wertung der Vertreter internationaler Firmen ausfallen, wenn es um die Position des neuen Premierministers zu ausländischen Direktinvestitionen im Mehrmarkeneinzelhandel geht.

Denn Modi gilt als ein Gegner der Öffnung des Sektors, und es wird gemutmaßt, dass er die erst kürzlich verabschiedete Gesetzesreform rückgängig machen könnte.

 

Wirtschaftswachstum ist Modis wichtigste Aufgabe

 

Die Belebung des Wirtschaftswachstums wird die Hauptaufgabe der neuen Regierung sein. Indiens Wirtschaftswachstum hat sich seit 2010 halbiert. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im letzten Finanzjahr 2013/14 (1. April bis 31. März) real um nur 4,9 Prozent zu.

Dringend benötigte Reformen sind in den letzten Jahren nicht voran gekommen, die Umsetzung von Infrastrukturprojekten hat sich verzögert, das Investitionsklima hatte sich stark eingetrübt, die Industrieproduktion stagnierte, der private Konsum legte deutlich langsamer zu als in den Vorjahren, und die Inflation war ungebrochen hoch. Importabhängige Branchen litten zudem unter der Währungsschwäche der indischen Rupie, die infolge hoher Risikokapitalabflüsse im Mai 2013 stark an Wert verloren hatte.

Eines der größten Probleme Indiens sind die niedrigen Investitionen. Nicht nur Projekte der öffentlichen Hand sind ins Stocken geraten. Auch die Investitionstätigkeit der Unternehmen wird unter anderem durch die geringe Industrieproduktion und vergleichsweise hohe Zinsen gebremst, dazu kam in den letzten Monaten die Ungewissheit über die Finanz- und Wirtschaftspolitik nach den Parlamentswahlen.

Die Unternehmen - und das betrifft ausländische ebenso wie indische - tätigten Investitionen meist nur noch, wenn sie schon vor längerer Zeit angestoßen wurden. Wer konnte, schob Investitionen auf. Aus dem Markt zurückgezogen hat sich wegen der Konjunkturschwäche indes kaum ein ausländisches Unternehmen.

Langfristig gilt Indien weiterhin als einer der wichtigsten Wachstumsmärkte weltweit.

 

Belebung der Wirtschaft ab 2015

 

Der "Modi-Faktor" wird sich nach Ansicht der meisten Auguren ab Anfang 2015 in einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums zeigen. Denn so lange dürfte es voraussichtlich dauern, bis die erhofften wirtschaftspolitischen Maßnahmen erste Erfolge zeigen könnten.

Das Finanzjahr 2014/15, das im März 2015 endet, soll den Prognosen zufolge deshalb auch noch mit einem moderaten Wachstum um 5 Proznet abschließen. Modi möchte aber bereits in den nächsten Monaten zeigen, dass ein Kurswechsel erfolgt und Indien zu seinen hohen Wachstumsraten zurückkehren wird.


Quelle: Germany Trade and Invest GTAI, 05.06.2014