Peking lernt vom Berufskolleg Bottrop

Die "Fengtai Vocational Education Center School" in China hat großes Interesse an der dualen Berufsausbildung. Das Austauschprogramm ist auch bei den Bottroper Kollegschülern stark gefragt.

Im fernen China nimmt sich die "Fengtai Vocational Education Center School" das Bottroper Berufskolleg zum Vorbild: In Peking will man lernen, wie die dort hoch geschätzte, deutsche duale Berufsausbildung funktioniert. Von der Kooperation soll aber natürlich auch die Bottroper Schule profitieren.

Wie interessant der Kontakt zu Akteuren der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China aus Bottroper Sicht ist, zeigt nicht zuletzt das große Interesse der Kollegschüler am ersten Austauschprogramm.

Denn nachdem die Tinte unter dem Vertrag getrocknet ist, geht's jetzt daran, die Kooperation mit Leben zu füllen. Rund 15 Schüler und drei Lehrer werden unter der Leitung des stellvertretenden Schulleiters Klaus Wiegert im September eine zehntägige Reise nach China antreten. Mehr als doppelt so viele junge Leute hatten schon ihr Interesse bekundet, weshalb das Berufskolleg mit einem Info-Abend am Donnerstag auch gleich ein Auswahlverfahren startete.

Laura Münch (19) etwa macht eine Ausbildung beim Automobiltuner Brabus als Groß- und Außenhandelskauffrau mit dem Ziel Wirtschaftsfachwirtin. Sie weiß: China ist ein wichtiger Absatzmarkt; Brabus ist in Peking auch mit einem Standort vertreten.

Nora Benomrane, die ihr Abitur am Wirtschaftsgymnasium macht, fände es gut, schon jetzt einen Eindruck davon zu bekommen, worauf man sich später im Berufsleben vielleicht einlassen könnte. Die 17-Jährige zeigt sich offen für die asiatische Kultur: "Ich würde auch Hühnerfüße probieren." Vielleicht tut's ja auch die Peking-Ente, denn deren Zubereitung wird unter anderem an der Kooperationsschule gelehrt.

Ausgebildet wird dort Vollzeit in der Schule – in den unterschiedlichsten Bereichen von der Gastronomie über Film/Fernsehen, Informatik und Kraftfahrzeugtechnik bis hin zu Erziehern, erläuterte Berufskolleg-Leiter Guido Tewes. Als Kundschafter besuchte er bereits mit seinen Kolleginnen Marion Knuth und Astrid Hildenbrand die Partnerschule mit ihren neun Standorten im Pekinger Stadtviertel Fengtai, das über zwei Millionen Einwohner zählt. Praktisch tätig werden die chinesischen Azubis trotzdem – in der schuleigenen Autowerkstatt zum Beispiel oder in dem Flugzeugrumpf, der für angehende Stewardessen in der Schule steht.

"Sie sind sehr leistungsorientiert, haben aber eine andere Vorstellung vom Unterricht als wir", berichtete Marion Knuth. Von den Bottropern wollten die Pekinger vieles übernehmen. "Andererseits sind sie auch bereit etwas dafür zu tun, dass ihre Gäste aus Deutschland eine Menge mitnehmen", stellt Knuth in Aussicht.

Die Bottroper Berufskolleg-Schüler, die beim Austausch mitmachen, sollen möglichst passend zu ihrem jeweiligen Bildungsgang den Unterricht an der "Fengtai Vocational Education Center School" erleben können. Daneben erwartet sie ein Sightseeing-Programm – inklusive Chinesischer Mauer. "Wir gehen davon aus, dass die Unterkunft in einem Wohnheim auf dem Schulgelände ist", so Kolleg-Leiter Guido Tewes. Unterkunft und Verpflegung werden vom Gastgeber bestritten. Die Verständigung soll über die englische Sprache klappen – oder bei Bedarf mit Händen und Füßen.

Wenn die Teilnehmer am 30. Januar feststehen, gründen sie eine China AG. Gemeinsam bereiten sie ihren Aufenthalt in Peking vor, üben etwa auch das Essen mit Stäbchen und gestalten ein Programm für den Besuch der chinesischen Delegation in Bottrop. "Schön wäre natürlich, wenn die Gäste mit in einen Betrieb gehen könnten", sagt Tewes. Die Schüler und Lehrer aus Peking reisen schon im August an. Noch früher, nämlich bereits im Mai, gehen die ersten Pädagogen auf die Reise: Die Küchenmeister Joachim Riedel und Karsten Knühmann absolvieren in Peking die Lehrerfortbildung „Asiatische Küche". Im Gegenzug kommen zwei chinesische Vertreter der Abteilung Gastronomie nach Bottrop.

Zustande gekommen ist der Kontakt der beiden Schulen laut Tewes übrigens über die August-Everding-Realschule, die ebenfalls einen chinesischen Partner hat: die "Beijing DaCheng School".


Quelle: Der Westen - WAZ, derwesten.de, 23.01.2015