Bulgarien erhält neue EU-Milliarden für ländliche Entwicklung

Bulgarien möchte 2,9 Milliarden Euro für die Entwicklung des ländlichen Raumes mobilisieren. Darauf zielt ein Förderprogramm der Europäischen Union (EU) für den ländlichen Raum (EPLR) ab. Die Förderung deckt ein breites Spektrum ab - von der Berufsausbildung bis hin zur Energieeffizienz.

Landwirtschaft und Ernährungsindustrie bilden wichtige Pfeiler der Wirtschaft. Handlungs- und Investitionsbedarf sind hoch. Dementsprechend deckt die Förderung ein breites Spektrum ab - von der Berufsausbildung bis hin zur Energieeffizienz. Eine Vielzahl von Kooperations- und Lieferchancen ergeben sich auch für deutsche Anbieter.

Die EU stellt Bulgarien Fördermittel im Rahmen des "Entwicklungsprogrammes für den ländlichen Raum" EPLR zur Verfügung. Das Programm sieht für den Zeitraum 2014 bis 2020 öffentliche Gesamtausgaben von 2,9 Milliarden Euro vor: 2,4 Milliarden Euro aus EU-Fördermitteln und 0,5 Milliarden Euro aus nationaler Finanzierung. Die EU-Fördermittel sollen die Probleme in der Landwirtschaft abbauen helfen.

Zu den Hauptproblemen zählen die Zersplitterung der Ackerfläche in viele kleine Parzellen, die niedrige Produktivität in der Landwirtschaft, die veralteten Bewässerungssysteme, der niedrige Mechanisierungsgrad, der Vertrieb über viele Zwischenhändler, das Fehlen von Marketing für die landwirtschaftliche Produktion, die Entvölkerung der Dörfer und die hohe Arbeitslosigkeit im ländlichen Raum.

 

Sechs Prioritäten gesetzt

 

Das Ministerium für Landwirtschaft und Nahrungsmittel strebt die Wiederherstellung einer ausbalancierten Struktur der landwirtschaftlichen Produktion und ihre nachhaltige Entwicklung an. Es sollen zudem gesetzliche Veränderungen erfolgen, um das Problem der Bodenzersplitterung zu regeln und Nachhaltigkeit und Sicherheit der Investitionen wie auch der Wahrung der Rechte der Bodeneigentümer zu gewährleisten.

Das Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum umfasst sechs wirtschaftliche, Umwelt- und soziale Prioritäten, denen diverse Maßnahmen zugeordnet sind. Priorität 1 sieht die Ausbildung von 4.800 Multiplikatoren vor, die Kenntnisse und Fertigkeiten der in der Land- und Forstwirtschaft Beschäftigten verbessern.

Auf 470 beläuft sich die Zahl der Kooperationsmaßnahmen und 20 operationelle Gruppen bekommen Unterstützung im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft.

Unter Priorität 2 sollen etwa 3.500 Agrar- und 120 Forstbetriebe Investitionshilfen erhalten. Weitere 4.060 Kleinbauern erhalten Hilfen zur Farmentwicklung und 1.630 junge Landwirte Starthilfen.

Mit Priorität 3 werden 450 landwirtschaftliche Betriebe zwecks Beteiligung an lokalen Märkten und kurzen Versorgungsketten sowie an Produzentenorganisationen unterstützt. Hilfen bekommen 1.555 Aktivitäten im Zusammenhang mit Investitionen für die Erzeugung oder das Marketing von Agrarerzeugnissen sowie 40 Erzeugergruppen, die 170 landwirtschaftliche Betriebe umfassen.

Priorität 4 unterstützt die Umstellung auf biologische Landwirtschaft von insgesamt 23.000 Hektar Flächen und weiteren 23.000 Hektar für die Erhaltung betreffender Aktivitäten. Agrarumweltmaßnahmen inklusive Klimaschutz sollen auf 113.000 Hektar implementiert werden. Ausgleichende Unterstützung ist für 60.000 Hektar vorgesehen, die als Natura 2000 Gebiete gekennzeichnet sind. Zahlungen sind zudem geplant an Gebiete mit natürlichen Einschränkungen und an die Forstwirtschaft.

Priorität 5 fördert 335 Investitionsaktivitäten im Bereich Erneuerbarer Energien und weitere 505 zur Verbesserung der Energieeffizienz in Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie. Investitionen in der Nutztierhaltung mit Blick auf eine Senkung von Treibhausgasen und/oder Ammoniakemissionen (Dungaufbereitung) betreffen über 18.000 Großvieheinheiten beziehungsweide 1,6 Prozent vom Gesamtbestand. Über 2.000 Hektar Agrarfläche und Waldbestand kommen unter Verwaltungsverträge mit Beitrag zu Kohlenstoffbindung und Konservierung.

Priorität 6 zielt auf die Schaffung von über 4.200 Arbeitsplätzen durch Diversifizierung und Entwicklung kleiner Unternehmen ab, weitere 600 Stellen sollen durch Implementierung lokaler Entwicklungsstrategien entstehen. Investitionen zur Diversifizierung in nicht-landwirtschaftlich Aktivitäten werden für 1.600 Firmen bereitgestellt. Unterstützung erhalten 60 lokale Aktionsgruppen unter dem EU-Förderprogramm LEADER. Die zu implementierenden lokalen Entwicklungsstrategien decken 23  Prozent der ländlichen Bevölkerung. Etwa 16 Prozent der ländlichen Bevölkerung werden von einem verbesserten Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnik IKT profitieren (Zugang neuer Generation zur Breitbandinfrastruktur).

 

Finanziell bedeutende Maßnahmen

 

Die vier umfangreichsten Maßnahmen (M) mit Blick auf die Gesamtausstattung mit öffentlichen Mitteln sind:

 

  • M4 Investitionen in materielle Vermögenswerte (841 Millionen Euro). Hierzu zählen Investitionen unter P2 (165 Millionen Euro für Verbesserung der Lebensfähigkeit und 21 Millionen Euro für Generationenwechsel), unter P3 (192 Millionen Euro für Wettbewerbsfähigkeit der Primärproduzenten), P4 (158 Millionen Euro) und unter P5 (100 Millionen Euro für Wassereffizienz, 119 Millionen Euro für Energieeffizienz, 43 Millionen Euro für Erneuerbare Energie und 43 Millionen Euro für Reduzierung von Treibhausgasen und Ammoniakemissionen).
  • M7 Basisdienstleistungen und Dorferneuerung in ländlichen Gebieten (626 Millionen Euro). Davon entfallen 70 Millionen Euro auf Erneuerbare Energie unter P5, der Rest unter P6 (526 Millionen Euro Basisdienstleistungen im Rahmen der lokalen Entwicklung sowie 30 Millionen Euro für Zugang und Qualität von IKT).
  • M13 Zahlungen für aus naturbedingten oder anderen spezifischen Gründen benachteiligte Gebiete (276 Millionen Euro unter P4).
  • M6 Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe und sonstiger Unternehmen (271 Millionen Euro), davon P2 (61 Millionen Euro für Restrukturierung und Modernisierung sowie 77 Millionen Euro für Generationenwechsel), P3 (5 Millionen Euro) und P6 (128 Millionen Euro für Diversifizierung und Schaffung kleiner Unternehmen und von Arbeitsplätzen).

 

Bulgarien hat eine Fläche von 110.900 Quadratkilometer, von denen 81 Prozent landwirtschaftliche Fläche bilden. Von der Gesamtbevölkerung von 7,28 Millionen leben 39 Prozent in ländlichen Gebieten. Diese sind gekennzeichnet durch einen niedrigeren Beschäftigungsgrad, höhere Armut und stärkeren Bevölkerungsrückgang als die städtischen Regionen. Der Landwirtschaftssektor trägt rund 6 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Landes sowie zu 18,3 Prozent der Arbeitsplätze bei. Der Beitrag der Lebensmittelindustrie beläuft sich auf 3,8 Prozent bei einem Beschäftigungsanteil von 3,4 Prozent.

Die Durchschnittsgröße der landwirtschaftlichen Betriebe liegt zwar bei 12 Hektar, aber 91 Prozent der 370.000 Agrarbetriebe verfügen über weniger als 5 ha. Traditionelle Agrarsektoren wie Obst- und Gemüseanbau sowie Viehzucht leiden unter Strukturproblemen und bleiben hinter den Erwartungen zurück. Neben der verstärkten technischen Modernisierung gelten kurze Wertschöpfungsketten, die Restrukturierung der kleinen Betriebe und ein Generationenwechsel als erforderlich, um ein stärkeres Produktivitätswachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu sichern.

Die Aufgabe von Flächen oder auch die Intensivierung der Agrarerzeugung schaffen Risiken mit Blick auf Biodiversität, effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen und die Auswirkungen auf Wasser und Boden. Nur 12.000 Hektar waren 2012 für biologische Landwirtschaft zertifiziert, jedoch mit steigender Tendenz. Zu den Herausforderungen zählen auch Entvölkerung und geringere Wirtschaftsaktivität, die schlechte Qualität grundlegender Dienstleistungen und eine veraltete öffentliche Infrastruktur.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, 14.09.2015