Wirtschaftsentwicklung Lettland: Fachkräftemangel drückt die Produktivität

Aufgrund der geopolitischen Spannungen im Zuge der Ukraine-Krise und der schlechten Wirtschaftslage in Russland fiel auch das lettische Wirtschaftswachstum mit 2,4 Prozent etwas geringer aus als erwartet. Doch nicht nur die Situation des wichtigen Handelspartners im Osten drückt auf die Konjunktur in Lettland: Der Mangel an Fachkräften führte zu einer geringeren Produktivität, wodurch es immer schwieriger wird, das Konjunkturtempo beizubehalten.

Wie die Swedbank in ihrem Baltic Sea Report 2015 feststellt, sollte die Politik Maßnahmen einleiten, um die Produktivität zu steigern und das Risiko einer Überhitzung zu vermeiden, da ansonsten die lettische Wirtschaft künftig langsamer wachsen könnte als im Nachkrisenzeitraum 2010-2013.

Für 2016 und 2017 rechnen die Swedbank-Analysten allerdings mit einem robusten Bruttoinlands-Wachstum von etwa drei Prozent. Sowohl das Geschäftsklima als auch die Außennachfrage haben sich zuletzt verbessert. Außerdem rechnen die Analysten damit, dass im Zuge der neuen Förderperiode der Europäischen Union (EU) spätestens gegen Ende 2016 die Investitionstätigkeit zulegt. Diese zeigte sich zuletzt sehr volatil, könnte in den kommenden zwei Jahren jedoch durchaus um sieben bis zehn Prozent zulegen.

 

Arbeitsmarkt heizt sich auf

 

Der Arbeitsmarkt in Lettland heizt sich allmählich auf. Das starke Lohnwachstum wird angetrieben von einer relativ hohen strukturellen Arbeitslosigkeit, dem Fachkräftemangel und von der Emigration (das Bruttoeinkommen pro Arbeitnehmer in Lettland beträgt nur ein Viertel der Einkommen in Schweden beziehungsweise ein Drittel der Einkommen in Deutschland).

Die Arbeitslosigkeit ist im vergangenen Jahr auf unter zehn Prozent gefallen und die lettische Zentralbank geht davon aus, dass dies die natürliche Arbeitslosenrate ist. In Riga und den angrenzenden Kommunen fiel die Arbeitslosenrate gar auf fast acht Prozent.

Das Angebot an Arbeitskräften (im Alter von 15 bis 74 Jahren) ist aufgrund der alternden Gesellschaft und der Emigration auf 1,5 Prozent gefallen. Die Emigration ist zwar zurückgegangen und die Immigration hat zugenommen (dazu zählen auch Emigranten, die nun zurückkehren), dennoch ist die Bevölkerungsabwanderung nach wie vor hoch. Dabei wird es laut Swedbank auch bleiben.

 

Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr

 

Die Produktivität der Letten wird weiterhin durch das Lohnwachstum ausgebremst, was in der Folge die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen wird. Das zeigt sich bereits anhand der Anteile der Exporte in die EU, die seit einiger Zeit stagnieren.

Insgesamt hat der lettische Exportsektor jedoch 2015 die Erwartungen übertroffen, konnte neue Märkte finden und die Lieferungen in die Märkte ausweiten, die nicht von den russischen Sanktionen betroffen sind. Die Euroschwäche hat die Expansionsbemühungen der Letten entsprechend befördert. Importbereiche wie Transport und Logistik sowie Tourismus bleiben jedoch anfällig für externe Risiken.

Die Inflation tendiert weiter gegen Null bei niedrigeren Rohstoffpreisen aber stetig wachsenden Preisen für Dienstleistungen (zirka drei Prozent jährlich). Im Zuge dessen wächst der Verbrauch der Haushalte nur sehr zurückhaltend, das könnte sich demnächst aber ändern, da die Zufriedenheit der Verbraucher derzeit zunimmt – genauso wie die Kreditvergabe an private Haushalte.


Quelle: OWC-Verlag für Außenwirtschaft GmbH, owc.de, 12.02.2016