Indien: Löhne sollen 2016 um 10,3 Prozent steigen

Start-up-Unternehmen zahlen am besten - Mitarbeiterfluktuation sinkt

Die Lohnspirale in Indien dreht sich langsamer. 2015 gab es eine Lohnsteigerung in Höhe von 10,6 Prozent, und für das Jahr 2016 wird ein Zuwachs von durchschnittlich 10,3 Prozent prognostiziert. Der Anteil an variabler Vergütung soll ansteigen. Es macht sich eine stärkere Differenzierung der Entlohnung für Leistungen von "High- und Low-Performern" zunehmend bemerkbar. Die höchsten Gehälter werden in der Metropole Mumbai gezahlt.

Einer Studie über Gehaltsentwicklung der Personalberatung Aon Hewitt India - zufolge werden Löhne in Indien 2016 um 10,3 Prozent zulegen. Die sehr hohen Zuwachsraten von bis zu 15 Prozent wie im Jahr 2008 werden kaum mehr erreicht.

Lohnsteigerungen sind oftmals eine Anpassungsreaktion von Unternehmen auf eine inflationäre Entwicklung. Daher sind hohe Lohnsteigerungen grundsätzlich nicht uneingeschränkt positiv, sondern eben auch ein Zeichen für hohe Inflationswerte. Hier ist zu beachten, dass Indien im Kalenderjahr 2015 eine niedrigere Inflation (5,8 Prozent) speziell im Vergleich zu 2008 (8,4 Prozent) aufwies.

In den letzten fünf Jahren hat sich die Lohnsteigerung in dem südasiatischen Land auf circa zehn Prozent im Durchschnitt eingependelt. Der Vorsitzende Berater der Personalvermittlung Aon Hewitt, Anandorup Ghose, spricht von einer neuen Normalität. Auch für die kommenden Jahre wird eine ähnliche Steigerung des Lohnniveaus erwartet.

Die Mitarbeiterfluktuation hat sich verringert. Sie fiel 2015 auf 16,3 Prozent und ist damit der niedrigste Arbeitskräfteabgang, den das Land seit der Finanzkrise 2009 erlebt hat. Die wachsende Erkenntnis, dass motivierte, leistungsstarke Mitarbeiter ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil sind, hat teilweise die Organisationsstrategien verändert. Unternehmen sind mehr darum bemüht, gute Mitarbeiter zu halten.

Insgesamt ist ein verstärkter Zusammenhang zwischen Leistung und Bezahlung zu erkennen. Da hochqualifizierte Fachkräfte selten sind, lassen sie sich für ihre Arbeit entsprechend bezahlen.

Bei den Top-Performern wurde ein durchschnittlicher Anstieg der Gehälter um 15,3 Prozent im Jahr 2015 beobachtet. Das ist mehr als die durchschnittliche Steigerung für Mitarbeiter (10,6 Prozent), die lediglich ihr normales Pensum erfüllen.

Das bedeutet, dass die Unternehmen nicht zögern, strikt auf der Grundlage von Leistung zu differenzieren und dann einen überproportionalen Anteil am Gesamtanstieg des Budgets den Top-Performern zukommen lassen. So wird eine Kultur der Spitzenleistung gefördert. Diese Kluft ist in den letzten zehn Jahren immer größer geworden.

 

Variable Vergütungen sind gewachsen

 

Die Ausgaben für variable Vergütungen sind im Rahmen der Gesamtgehälter in den letzten Jahren stetig gewachsen. Variable Vergütung soll im Durchschnitt im Jahr 2016 um 17,4 Prozent ansteigen. Dies deutet auf eine grundsätzliche Veränderung bei der Bezahlung hin, da Arbeitgeber einen größeren Prozentsatz der Entlohnung der einzelnen Mitarbeiter variabel vergüten.

Die Höhe der Lohnzuwächse variiert abhängig von Standort, Branche und Position stark. Den Gehältern der breiten Masse an Landarbeitern, Tagelöhnern und ungelernten Fabrikarbeitern von zum Teil nur wenigen Cent pro Stunde, stehen die Gehälter der hochqualifizierten Arbeitskräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung gegenüber. Diese haben in manchen Branchen bereits ein beachtliches Niveau erreicht.

 

Höchste Lohnerhöhungen gibt es im Start-Up-Sektor

 

Bei Start-Up-Unternehmen soll es 2016 Rekordlohnsteigerungen geben. Diese liegen im Durschnitt bei 15,6 Prozent. Weiterhin sind die neu gegründeten Wirtschaftsunternehmen sehr beliebt als Arbeitgeber, da sie ihre "High Potentials" mit dem Unternehmen mitwachsen lassen - auch mit Blick auf den Verantwortungsbereich.

Start-Ups sind derzeit einer der wichtigsten Wachstumsmotoren der indischen Wirtschaft, sie schaffen dringend benötigte Arbeitsplätze und werden dementsprechend von der indischen Regierung stark gefördert. Als solches erhalten sie beispielsweise Steuervergünstigungen.

Die Biowissenschaft- und Medienbranche gehören zu den bestbezahlenden Arbeitgebern in Indien. In Biowissenschaften rechnen Experten mit Zuwächsen bis 11,6 Prozent - diese fallen im Vergleich zur Vorjahresperiode (12,0 Prozent) geringer aus - sind allerdings im Vergleich zu anderen Sektoren immer noch sehr stark.

In der Konsumgüterindustrie sollen Löhne um 10,8 Prozent angehoben werden. Dieser prozentuale Anteil ist über die letzten fünf Jahre konstant geblieben.

Die Hi-Tech-Industrie verkündete Gehaltserhöhungen von 10,8 Prozent. Diese Steigerung kommt unerwartet. In der Branche weisen Lohnkosten einen großen Anteil an den Gesamtkosten auf. Branchenkenner befürchten eine Teuerung der Produkte und daraus resultierende sinkende Nachfrage.

Im Durchschnitt sollen Löhne im Einzelhandel auf 10,7 Prozent angehoben werden. Statistisch gesehen wird die vergleichsweise geringe Erhöhung, beispielsweise in Supermärkten, durch den höheren Anstieg in der High-End-Fashion-Branche kompensiert.

Finanzdienstleistungen und Telekommunikationsindustrie bilden das Schlusslicht bei den Lohnerhöhungen. Hier sind die Lohnkosten ein wesentlicher Teil der Gesamtkostenstruktur und spielen eine wichtige Rolle beim Kostenmanagement.

Lohnzuwächse in der verarbeitenden Industrie sollen im Jahr 2016 einen Rückgang verzeichnen. Dienstleistungsunternehmen hingegen korrigierten ihre Prognose nach oben. Hierbei sind Start-Ups die treibende Kraft der Veränderung. Dadurch wird die Diskrepanz der Lohnsteigerung zwischen der verarbeitenden Industrie und dem Dienstleistungssektor geringer.

 

In Metropolen verdient man am besten

 

Die höchsten Vergütungen werden im Finanzzentrum Mumbai gezahlt. Laut der Personalberatung TeamLease Services führt die Metropole die Rangliste der Gehälter auf dem Subkontinent. Neu-Delhi befindet sich auf Platz zwei. Auch in Bangalore, Kolkata und Chennai wird gut gezahlt.

In den sogenannten Tier-2-Cities - also den 35 "kleinen" Millionenstädten wie beispielsweise Hyderabad, Coimbatore, Pune - haben die Löhne und Gehälter in den letzten Jahren stark angezogen.

Generell gilt: Je weiter man sich von urbanen Regionen wegbewegt, desto geringer sind die Bezüge.


Quelle: Germany Trade and Invest GTAI, gtai.de, Marktinformationen, 08.04.2016