Deutsche Firmen bewerten Standort Ungarn positiv - Fachkräfte knapp

Aussichten laut Umfrage der Auslandshandelskammer (AHK) Ungarn günstig - Fachkräftemangel ein zunehmendes Problem

Der Standort Ungarn und die wirtschaftlichen Aussichten des Landes werden von den dort tätigen deutschen Unternehmen überwiegend positiv beurteilt. Die meisten erwarten in nächster Zeit steigende Umsätze. Sie wollen weiter investieren und Arbeitskräfte einstellen. Das ergab die jüngste Umfrage der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (DUIHK/AHK Ungarn) unter ihren Mitgliedsfirmen. Für einige Bereiche fiel die Bewertung sogar besser aus als im Vorjahr.

Die bereits zum 22. Mal durchgeführte Konjunkturumfrage der DUIHK ergab eine wesentlich bessere Bewertung der Wirtschaftslage Ungarns als im Vorjahr. Auch bei der Beurteilung der eigenen Geschäftssituation und der Aussichten für das laufende Jahr 2016 waren die an der Umfrage beteiligten 227 Unternehmen deutlich zuversichtlicher als 2015. "Die Stimmung war schon lange nicht so positiv wie jetzt", so der DUIHK-Präsident und Chef von Siemens Ungarn, Dale A. Martin, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse in Budapest.

Für 2016 rechnet die DIUHK unter der Berücksichtigung der Ergebnisse der Erhebung mit einem Wachstum der ungarischen Wirtschaft von rund drei Prozent. Die gute Lage und die positiven Erwartungen schlagen sich in steigender Investitionsneigung nieder. Laut Umfrage wollen 38 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen aufstocken und nur 15 Prozent weniger investieren. Den Personalbestand beabsichtigen sogar 43 Prozent der Befragten zu erhöhen und nur 14 Prozent senken. "Das sind die besten Werte der letzten 15 Jahre", kommentierte die DUIHK die Umfrageergebnisse.

Verbessert hat sich auch die Zufriedenheit der Firmen mit den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Ungarn. Das gilt vor allem für die Bewertung der Lage bezüglich Rechtssicherheit, Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik, steuerliche Belastung (zum Beispiel die 2016 vollzogene Senkung des Einkommensteuersatzes von 16 auf 15 Prozent, Reduzierung von Gebühren und Abgaben auf Verwaltungsakte) und Steuerverwaltung. Als unzureichend beanstandet wird die Situation dagegen weiterhin in Bezug auf Korruption und Transparenz der öffentlichen Auftragsvergabe. "Es gibt noch einigen Spielraum, um besser zu werden", so DUIHK-Präsident Martin.

 

Fachkräfte knapp

 

Verschlechtert hat sich dagegen die Beurteilung der Lage am Arbeitsmarkt. Das gilt insbesondere für das Angebot an Fachkräften. Dabei waren qualifizierte Arbeitskräfte bisher traditionell eher ein Wettbewerbsvorteil Ungarns. Jetzt ist die Mehrzahl (54 Prozent) der Unternehmen unzufrieden mit der Verfügbarkeit von Facharbeitskräften. Im verarbeitenden Gewerbe ist dieser Anteil mit 66 Prozent sogar noch höher.

Dies entwickelt sich zu einem großen Nachteil, weil Unternehmen aufgrund des Mangels an Fachkräften nicht flexibel auf steigende Nachfrage reagieren können. Es dürfte sich auch negativ auf die Realisierung geplanter Investitionsprojekte auswirken, wenn nicht genügend geeignetes Personal gefunden werden kann. Als noch nicht ausreichend wird ferner die Qualität der Berufsausbildung und des Hochschulwesens bewertet.

Zu den Standortvorteilen Ungarn zählen die Unternehmen weiterhin und zunehmend die gut ausgebaute Infrastruktur. Das gilt für den Transport- und Verkehrssektor, die Energieversorgung und die Telekommunikation. Als positiv wird auch das Arbeitsrecht bewertet. Das 2012 eingeführte neue Arbeitsgesetzbuch entspricht den Erwartungen der Privatwirtschaft.

Gestiegen ist die "Bindung" der deutschen Unternehmen an den Standort Ungarn. Die Frage, ob sie ihre Investition in diesem Land erneut tätigen würden, wurde von 80 Prozent positiv beantwortet. Der Wert war damit deutlich besser als in der Vorjahresbefragung (71 Prozent). Die "Bindungsquote" ist im verarbeitenden Gewerbe mit 85 Prozent am höchsten, gefolgt vom Handel mit 79 Prozent und dem Dienstleistungssektor mit 76 Prozent.

 

Internationale Unternehmen sind wichtiger Faktor

 

Die Einschätzung der Wirtschaftslage und der eigenen Geschäftsaussichten durch die dort tätigen deutschen beziehungsweise ausländischen Unternehmen ist für Ungarn von großer Bedeutung. Auf diese entfällt schließlich inzwischen ein beträchtlicher Teil des Produktionswertes, der Wertschöpfung, der Beschäftigten und der Investitionen.

Nach Berechnungen der DUIHK haben Firmen, die sich mehrheitlich in ausländischem Besitz befinden, im Jahr 2013 rund 46 Prozent der Gesamtinvestitionen in Ungarn getätigt. Im verarbeitenden Gewerbe lag der Anteil sogar bei 75,7 Prozent. Ungarische Unternehmen im mehrheitlich deutschen Eigentum standen 2013 für 17,3 Prozent der Investitionen in der ungarischen Wirtschaft beziehungsweise 30,2 Prozent derjenigen im verarbeitenden Gewerbe.


Quelle: Germany Trade and Invest GTAI, Marktinformationen, 20.04.2016