Bildung 4.0 - Bildungsanbieter als Innovationsmanager

Der Veränderungsdruck, der von der zunehmenden Digitalisierung ausgeht, bietet Bildungsanbietern gute Geschäfts- und Gestaltungschancen. Lesen Sie einen Artikel zum Thema aus dem aktuellen iMOVE-Magazin xPORT, das jetzt erschienen ist.

Frau betrachtet Smartphone

Die digitale Transformation ist ein globaler Prozess mit direkten Auswirkungen auf Arbeit und Bildung. Nach jüngsten Daten nutzten im vergangenen Jahr 4,1 Milliarden Menschen und somit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung das Internet. 2005 hatte der Anteil weltweit noch unter 20 Prozent gelegen. In Europa werden inzwischen Anteile von über 80 Prozent erreicht. Die Daten zeigen auch: Der Einsatz digitaler Technologien schafft Wachstum und Wohlstand in den Industrieländern. Von den 38 Millionen Arbeitsplätzen, die im OECD-Raum zwischen 2006 und 2016 geschaffen wurden, entfielen 40 Prozent auf hochdigitalisierte Sektoren.

Die Digitalisierung treibt die Globalisierung geradezu voran. Wertschöpfungsketten und Anbieter-Kunden-Beziehungen funktionieren dank digitaler Anwendungen unabhängig von bestimmten geografischen Standorten. So entstehen nicht nur neue Geschäftsmodelle für Unternehmen, sondern auch neue Kompetenzprofile für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu gehört auch, dass die Ausbildung von Fachkräften heute in vielen Berufen nicht nur eine digitale, sondern auch eine internationale Dimension umfasst.

Der hohe Innovationsdruck, den die digitale Transformation ausübt, fordert auch die deutsche Bildungsexportwirtschaft und deren Transformationsfähigkeit heraus. Die Notwendigkeit, das eigene Bildungsangebot angesichts hochdynamischer Entwicklungen immer wieder auf den neuesten Stand zu bringen, erfordert ein intensives Innovationsmanagement der Organisationen.

Veränderungsprozesse

Aus dem veränderten Anspruch an die berufliche Bildung lassen sich aber auch wichtige Impulse für die zukünftige Entwicklung und Ausrichtung konkreter Angebote für die berufliche Aus- und Weiterbildung in internationalen Märkten gewinnen. Gerade wenn es deutschen Anbietern gelingt, die weltweit anerkannten Vorteile dualer Berufsbildung mit digitalen Medien und Inhalten zu verbinden, können sie ihre Wettbewerbschancen deutlich erhöhen. Der Qualifizierungsbedarf auf der Ebene der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der des Ausbildungspersonals ist jedenfalls enorm.

Der digitale Wandel sorgt dafür, dass berufliche Bildung in Zukunft noch viel mehr als bislang jenseits öffentlicher Bildungssysteme erfolgt. Innovative Unternehmen werden für ihre spezifischen Fachkräftebedarfe das Heft des Handelns fester in die Hand nehmen. Für Bildungsanbieter ergeben sich so große Chancen, sich stärker als bislang an der Durchführung von Ausbildungsmodulen und berufsbegleitender Weiterbildung zu beteiligen, etwa indem sie gemeinsame Lernplattformen entwerfen und einrichten.

Offen lizenzierte Bildungsmaterialien, sogenannte Open Educational Resources (OER), treiben den Systemwechsel in der Bildung weiter voran. Sie betonen den Charakter von Bildung als öffentliches Gut und als Gemeinschaftsaufgabe, die in Kooperation und im Austausch der Akteure umgesetzt wird. Lernende und Lehrende übernehmen neue Rollen. In einem gleichberechtigten, dialogischen und agilen Prozess werden sie zu Mitproduzenten des Wissens, das sie kollaborativ weiterentwickeln. Digitale Medien eignen sich ausgezeichnet als Werkzeuge für die Zusammenarbeit und fördern den neuen Bildungsbegriff.

Eine besondere Herausforderung, aber auch Chance für Bildungsanbieter bleibt das Tempo der Veränderung. Zwar erfordert der technische Fortschritt laufend Anpassungen der eigenen Angebotspalette. Aber die geringere Halbwertszeit von Wissen macht auch eine fortlaufende Erneuerung der Wissensbasis in der Wirtschaft notwendig. Die Nachfrage nach Bildungsmaßnahmen wächst. Das Erlernen neuer beruflicher Fähigkeiten ist fortan für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Lebensaufgabe.

Bei der Übertragung von Bildungsangeboten in internationale Märkte spielt in Zukunft nicht nur das kulturelle Ansehen beruflicher Bildung eine wichtige Rolle, sondern auch die vorherrschende Technologieakzeptanz und damit verbundene technische Infrastruktur. Je größer die kulturelle und technologische Distanz zwischen Heimat- und Zielmarkt, desto höher ist die Notwendigkeit von spezifischen Anpassungen an die Kundenbedarfe. Zu den beachtenswerten Rahmenbedingungen zählen mehr denn je die Verfügbarkeit von Hardware und digitaler Netze.

Am Ende bleibt die Frage nach (internationalen) Leitplanken für Bildung 4.0. Bedarf es allgemeiner Orientierungshilfen oder gar Reglementierungen, um bei digitalisierten Bildungsangeboten das technisch Machbare mit dem ethisch Vertretbaren in eine vernünftige Beziehung zu setzen? Bislang sind es vor allem die Lehrenden und mithin auch Bildungsanbieter, denen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung eines ganzheitlichen Bildungsverständnisses und der notwendigen Reflexion über das Erlernte und den Lernprozess zukommt.


Fachartikel "Bildung 4.0 - Bildungsanbieter als Innovationsmanager"

Dieser Fachartikel ist dem aktuellen iMOVE-Exportmagazin xPORT entnommen. Die Ausgabe 1/2020 ist im Mai erschienen.

  • Autorin: Silvia Niediek

xPORT 1/2020

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Quelle: iMOVE, Artikel aus xPORT-Magazin 01/2020