Bildung 4.0: Attraktiv und zukunftsfest
![junge Frau in Arbeitskleidung betätigt ein Tablet](/static/de/img_M/News_2017-05-04_xPORT-Bildung4-0_buehne.jpg)
Ein Artikel in der neuen Ausgabe des iMOVE-Exportmagazins xPORT beleuchtet die aktuelle Diskussion rund um diesen Themenkomplex.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Sommer 2016 eine Initiative Berufsbildung 4.0 gestartet, die in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) darauf zielt, neue Maßnahmen für eine zukunftsfeste, attraktive und wettbewerbsfähige Berufsausbildung zu gestalten und sie mit weiteren BMBF-Initiativen zur Digitalisierung zu verknüpfen. Darüber hinaus sollen die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Maßnahmen und Programmen gefiltert und auf übergeordnete Wirkungen und Impulse geprüft werden. Erste Resultate können nicht nur im untersuchten nationalen Kontext, sondern auch international von Bedeutung sein.
Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, den Anteil digital Lernender und Arbeitender sowie die Qualität der digitalen Inhalte zu steigern. Außerdem sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Medienkompetenz entwickelt werden und die digitalen Medien zur Optimierung der Arbeitsumgebungen zum Einsatz kommen, damit sie zur Beschleunigung von Innovationsprozessen beitragen können. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt unter dem Stichwort Industrie 4.0 werden viele Fragen zu einer darauf abgestimmten beruflichen Aus- und Weiterbildung, die heute zur Situation in Deutschland gestellt werden, in Zukunft weltweit relevant werden.
Im vergangenen Herbst stellte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka in Berlin eine repräsentative Studie zur Nutzung digitaler Medien in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung in Deutschland vor. Im Auftrag des BMBF hatten das BIBB und TNS Infratest 3.000 Betriebe zur Nutzung digitaler Medien befragt.
Obwohl fast jeder Betrieb über internetfähige Technik verfügt und diese auch bei der betrieblichen Ausbildung einsetzt, kommen spezielle digitale Lern- und Medienformate in der Ausbildung nur sehr zurückhaltend zum Einsatz. Digitale Geräte werden derzeit vor allem zur Informationsbeschaffung und zur externen Kommunikation und Kooperation genutzt.
Auch in der betrieblichen Weiterbildung sind klassische, nicht-digitale Lern- und Medienformate derzeit am wichtigsten. Unter den digitalen spielen fachspezifische Lernsoftware, Informationsangebote aus dem Internet und Lernprogramme die größte Rolle. Alle übrigen und damit die deutliche Mehrheit der digitalen Formate werden von den Betrieben als weniger oder gar nicht wichtig eingeschätzt.
Zurückhaltender Einsatz digitaler Lern- und Medienformate in den Betrieben
Die Forscher folgern, dass angesichts des geringen Stellenwerts digitaler Medien im Arbeitsprozess die Betriebe für den Einsatz digitaler Medien in der betrieblichen Ausbildung stärker sensibilisiert und gewonnen werden müssen. In der Studie wird deutlich, dass die Betriebe den Aufwand bei der Erstellung, Anschaffung und Wartung von betriebsspezifischer Software und Lernsoftware im Verhältnis zum Ertrag als zu hoch einschätzen. Das gilt für alle Branchen und Betriebsgrößenklassen gleichermaßen.
Unzufrieden ist darüber hinaus fast jeder zweite Betrieb mit den Kenntnissen seiner Auszubildenden in der Informationstechnologie (IT) und bewertet diese lediglich mit ausreichend. Dabei gelten digitale und IT-Kompetenzen inzwischen neben Lesen, Schreiben und Rechnen als vierte Schlüsselkompetenz in der Berufsausbildung.
Gemeinsame Entwicklung von Open Educational Resources möglich
Vor allem die Technologien des Web 2.0 haben neue Wege der sozialen Vernetzung, Interaktion und Partizipation eröffnet. Der Einsatz von Wikis, Blogs und Communities schafft neue Perspektiven, um digitale Medien zu integrierten Lern- und Arbeitsinstrumenten zu machen.
Immer wichtiger werden in diesem Zusammenhang offene Bildungsmaterialien (Open Educational Resources, OER), die zunehmend digital erstellt und über das Internet verbreitet werden. Sie können ohne Berücksichtigung von Urheberrechten bearbeitet, neu zusammengefügt und mit anderen Lehrenden oder Lernenden geteilt oder auch gemeinsam entwickelt werden.
Diese Flexibilität ermöglicht die Entwicklung neuer didaktischer Konzepte und pädagogischer Herangehensweisen. Um das Wissen über offene Bildungsformate zu verbreitern und konkrete Ansatzpunkte dafür zu gewinnen, wie sich die Vorteile von OER noch besser entfalten beziehungsweise wie diese in einen Handlungsrahmen für Bildungsakteure einfließen könnten, fördert das BMBF eine Studie zu digitalen Bildungsinfrastrukturen und ein Projekt mit Workshops zu OER-relevanten Themen.
Erfolgreiche Roadshow zur Schulung von Ausbildungspersonal
Bereits 2016 besuchten über 240 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Workshops mit ausgeprägtem Praxisbezug. Die darin präsentierten digitalen Werkzeuge sollen die Lernortkooperation, den Wissenstausch sowie die Optimierung von Ausbildungsprozessen fördern. Aufgrund des Erfolgs und der großen Nachfrage wird das BIBB diese Roadshow 2017 fortsetzen. Um den weiteren Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Referierenden und Teilnehmenden im Anschluss an die Workshops zu unterstützen, sollen in Zukunft Webinare zur Vertiefung wichtiger Themen angeboten werden.
In einem weiteren Forschungsprojekt im Auftrag des BMBF untersuchte das BIBB die Polarisierung von Tätigkeiten in der Wirtschaft 4.0 mit dem Untertitel "Fachkräftequalifikationen und Fachkräftebedarf in der digitalisierten Arbeit von morgen". Es zeigt sich, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt den Berufs- und Tätigkeitswandel und vor allem den Branchenwandel hin zu einer (technologiegestützten) Dienstleistungsgesellschaft verstärkt.
Die Digitalisierung wird somit nicht eine neue Arbeitswelt schaffen, sondern sie beschleunigt den Weg hin zu einem Strukturwandel. Vor allem der sekundäre Dienstleistungssektor wird von einer digitalen Arbeitswelt profitieren. Dies gilt besonders für die Branchen "Erziehung und Unterricht", "Gesundheitswesen", "Heime und Sozialwesen" und "Häusliche Dienste".
Komplexere Aufgaben in der technologiegestützten Dienstleistungsgesellschaft
Bereits heute werden mehr als 35 Prozent aller hochkomplexen Tätigkeiten von Personen ausgeübt, die keine akademische Ausbildung haben. Auch langfristig wird es solche Fachkräfte geben unter der Voraussetzung, dass sie ihre Kompetenzen auf Grundlage aktueller Aus- und Fortbildungsberufe und in einem durchlässigen Bildungssystem laufend weiterentwickeln.
Die Ergebnisse zeigen: Erhöhte kognitive Anforderungen am Arbeitsplatz sorgen dafür, dass die Bedeutung von Bildung und Weiterbildung wächst. Bei sich ändernden und erhöhenden Anforderungen wird nach der Erstausbildung die Weiterbildung entscheidend werden, um Kompetenzen laufend weiterzuentwickeln und damit die beruflichen Kompetenzen zu erhalten und auszubauen.
Modernisierung der IT-Ausbildungsberufe empfohlen
Bei den Inhalten soll über alle IT-Berufsprofile hinweg das Thema IT-Security (Datensicherheit, Verfügbarkeit, Datenintegrität und Datenschutz inklusive rechtlicher Aspekte) gestärkt werden. Ebenfalls ausbauwürdig sind die Themen Virtualisierung, Cloud-Computing, Big Data, Mobile Computing und Mobile Devices.
Da zwei Drittel der IT-Fachkräfte außerhalb der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Branche tätig sind, beispielsweise im verarbeitenden Gewerbe, könnten produktionsnahe Inhalte wie Robotik, Sensorik, Produktionssteuerung, 3D-Druck, Virtualisierung und Embedded Systems als "Industriepaket" in der Ausbildung verankert werden.
Eine weitere Empfehlung bezieht sich auf den Ausbau von Wahlqualifikationen, die die bedarfsgerechte Profilierung der Ausbildung erhöhen. Neben der Möglichkeit, für alle Profile gemeinsame sowie nur auf bestimmte Profile bezogene Wahlqualifikationen zu definieren, könnten nicht gewählte Wahlqualifikationen (in begrenztem Umfang) auch dazu genutzt werden, zertifizierte Zusatzqualifikationen anzubieten. Dadurch könnten auch die Übergänge zwischen Aus- und Weiterbildung bezogen auf Anrechnungsmöglichkeiten flexibler gestaltet werden.
Die Forscher warnen vor der derzeitigen Tendenz, die Fortbildung im Bereich Software fast nur den Herstellern zu überlassen. Diese könnten dann mit ihren Angeboten über die Qualifikationsmöglichkeiten der IT-Fachkräfte bestimmen und unter Umständen nur Fortbildungen zur Deckung des eigenen Fachkräftebedarfs anbieten. Ähnliche Gefahren bergen laut Studie auch neue Fortbildungsformen wie die aus den USA stammenden und derzeit auch in Deutschland populärer werdenden "Nano Degrees".
Die Berufsbildung 4.0. bleibt auf absehbare Zeit ein wichtiges Thema der Bundesregierung und auch des BIBB.
Weitere Förderinitiativen sind auf dem Weg. Sie zielen darauf ab, die Verbreitung und den Transfer guter Konzepte zum digitalen Lernen zu erleichtern. So soll ein Netzwerk für digitales Lernen geschaffen werden, über das Unternehmen gemeinsam die notwendigen technischen Infrastrukturen und digitalen Lernangebote bereitstellen und nutzen können. Gefördert werden sollen auch die gemeinsame Entwicklung von Standards und Verfahren zur Qualitätssicherung sowie die Bereitstellung von hochwertigen Qualifizierungsangeboten. Mit Hilfe einer weiteren Initiative soll die digitale Medienkompetenz in der Weiterbildung verbessert werden.
Fachartikel Bildung 4.0
- Autorin: Silvia Niediek
Zum Weiterlesen
Lesen Sie zum Thema Bildung 4.0 weiter in jüngsten Veröffentlichungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB).
Tipps in Clips
Videos zur Ausbildung von Geflüchteten
Unterschiedliche Erwartungen und Wertvorstellungen oder einfach nur sprachliche Missverständnisse können die Ausbildung von Geflüchteten in Unternehmen erschweren. Die Fachstelle "Übergänge in Ausbildung und Beruf (überaus)" im BIBB bietet zur Unterstützung des Berufsbildungspersonals kurze Video-Filme an, in denen Konfliktsituationen im Zusammenhang mit Sprache und Kultur aus der Sicht von Ausbildenden, aber auch von Auszubildenden dargestellt werden.
Die Video-Clips laden dazu ein, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen: Die jeweils fünf- bis siebenminütigen Filme zeigen Situationen aus dem Ausbildungsalltag, gedreht an Originalschauplätzen. Ausgangspunkte sind vorangegangene Interviews mit betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern, die ihre persönliche Sicht auf als schwierig empfundene Ausbildungssituationen geschildert hatten.
In den ersten vier Clips geht es um die Themen:
- Wenn Azubis nicht nachfragen
- Verschiedene Sprachen im Betrieb
- Verbindlichkeit und Zeitempfinden
- Sprachliche Missverständnisse
Weitere sollen folgen.
iMOVE-Exportmagazin xPORT
![Titelbild, Text: xPORT Das iMOVE-Exportmagazin](/static/de/img_S/2017-Ausgabe1_xPORT_250px.jpg)
- xPORT • Ausgabe 1/2019
Weitere Fachartikel aus xPORT, Ausgabe 1/2017
Quelle: iMOVE, Artikel aus xPORT - Das iMOVE-Exportmagazin, Ausgabe 1 / April 2017