Bildung als Wirtschaftsfaktor

Eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) hat Kennzahlen zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des Bildungssektors ermittelt und ausgewertet. Im Jahr 2017 generierte die deutsche Bildungswirtschaft danach 133,3 Milliarden Euro. Das stellt einen Anteil von 4,6 Prozent an der Bruttowertschöpfung in Deutschland dar. Rund 2,5 Millionen Erwerbstätige waren in diesem Zeitraum in der Bildungswirtschaft beschäftigt. Das entspricht einem Anteil von 5,6 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland.

mehrere Bücherstapel
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Die Studie "Analyse der deutschen Bildungswirtschaft im Zeichen der Digitalisierung – Wirtschaftliche Bedeutung, Potentiale und Handlungsbedarf" untersucht die Waren und Dienstleistungen der Bildungsbranche, "die sowohl direkt als auch indirekt auf den Auf- und Ausbau sowie die Verfestigung von Wissen und Kompetenzen über alle Lebensphasen einer Person zielen".

Durch die Erstellung eines sogenannten Bildungssatellitenkontos, das die komplexen Strukturen der Bildungswirtschaft erfasst, konnten zentrale ökonomische Kennzahlen der Bildungswirtschaft ermittelt werden. Allerdings nimmt die Studie nicht nur eine quantitative Bestandsaufnahme vor, sondern auch eine qualitative Untersuchung der Hemmnisse und Potenziale bei den außenwirtschaftlichen Aktivitäten und ist daher besonders für Bildungsexporteure interessant. iMOVE beteiligte sich im Rahmen eines Expertenkreises und unterstützte die Erstellung der Studie mit fachlichem Input.

Zur Entwicklung der Branche in den vergangenen zehn Jahren stellten die Autorinnen und Autoren fest, dass die Bruttowertschöpfung der Bildungswirtschaft seit 2007 um 39,2 Milliarden Euro angestiegen ist, also um durchschnittlich 3,5 Prozent pro Jahr. Selbst während der Finanzkrise erwies sich die Bildungswirtschaft als eine äußerst robuste Branche; seit 2007 liegt die durchschnittliche Wachstumsrate der Bildungswirtschaft 0,9 Prozentpunkte über der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsrate (in Höhe von 2,6 Prozent pro Jahr).

In der Studie wird die Bildungswirtschaft in zwei große Teilbereiche untergliedert: Der Kernbereich ist staatlich stark reguliert und umfasst Dienstleistungen der formalen Bildung, darunter Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten. Hier kann im Wesentlichen nur eine Erhöhung der staatlichen Bildungsausgaben einen Anstieg der ökonomischen Kennzahlen bewirken.

Erweiterter Bildungssektor im Fokus der Unterstützung

Innerhalb des sogenannten Erweiterten Bereichs finden sich non-formale Bildungsdienstleistungen, bildungsunterstützende Waren und Dienstleistungen sowie die bildungsrelevante Infrastruktur. Dazu zählen beispielsweise berufliche Erwachsenenbildung und die betriebliche Weiterbildung, Fachliteratur sowie bildungsrelevante Soft- und Hardware. Der Erweiterte Bereich umfasst hauptsächlich private Akteure wie Bildungsanbieter, Bildungsverlage und Hersteller von Lehrmitteln. Auch das Exportvolumen der Bildungswirtschaft wird gänzlich dem Erweiterten Bereich zugeschrieben.

Sowohl für die Bruttowertschöpfung als auch für die Erwerbstätigenzahl lag das durchschnittliche Wachstum in diesem Segment pro Jahr 0,6 Prozentpunkte über dem Wert für die gesamte Bildungswirtschaft. Hier ergeben sich wegen der geringeren staatlichen Regulierung aus Sicht des BMWi bessere Möglichkeiten der wirtschaftspolitischen Förderung und Einflussnahme.

Darüber hinaus berücksichtigt das in der Studie eingesetzte Konzept des "ökonomischen Fußabdrucks" neben den direkten Effekten der Bildungswirtschaft auch ihre vielfältigen Verflechtungen mit anderen Branchen. Danach entstand 2017 durch den Bezug von Vorleistungen eine zusätzliche indirekte Bruttowertschöpfung von 34,5 Milliarden Euro. Weitere 47,5 Milliarden Euro resultierten aus der Verwendung der direkt und indirekt entstandenen Einkommen.

Somit beläuft sich der gesamte Bruttowertschöpfungseffekt der Bildungswirtschaft in Deutschland im Jahr 2017 auf 215,3 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Wertschöpfungsmultiplikator von 1,62. Dieser Multiplikator gibt an, dass mit jedem Euro an direkter Wertschöpfung aus der Bildungswirtschaft weitere 62 Cent Wertschöpfung in anderen Bereichen der Volkswirtschaft generiert werden.

Das BMWi leitet aus diesen Erkenntnissen als erstes Handlungsfeld ab, sich in Zukunft für eine stärkere und anhaltende Sichtbarkeit der Branche im wirtschaftspolitischen Kontext einzusetzen. Dazu soll die Berichterstattung zur Bildungswirtschaft verstetigt und erweitert werden, ebenso der Austausch zwischen dem BMWi und den Akteuren der Bildungswirtschaft, auch über iMOVE.

Fachartikel "Bildung als Wirtschaftsfaktor"

Dieser Fachartikel ist aus dem aktuellen iMOVE-Exportmagazin xPORT. Die Ausgabe 1/2019 ist im Juni erschienen.
 

  • Autorin: Silvia Niediek

xPORT 1/2019

Titelbild des Exportmagazins Ausgabe 1/2019
Frau mit Bauhelm schaut auf Industrieanlage
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Rolle des Bildungsexports

Die Exporte der deutschen Bildungswirtschaft fielen laut Studie im Jahr 2017 mit rund 1,4 Milliarden Euro relativ gering aus und machten nur einen Anteil von 0,1 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Exporte aus. Dies mag dazu beitragen, dass der Bildungsexportsektor oft unterschätzt wird.

Andere Zahlen belegen allerdings sein großes Potenzial: Obwohl der Anteil der Exporte der Bildungswirtschaft an den gesamtwirtschaftlichen Exporten gering ist, ist er seit 2007 stetig gestiegen, trotz eines leichten Rückgangs seit 2016. Ein absoluter Anstieg der Exporte um 0,7 Milliarden Euro bedeutet ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 6,9 Prozent. Für die Exporte der Gesamtwirtschaft lag dieser Wert bei 3,6 Prozent. Auch für den Zeitraum zwischen 2010 und 2017 (also ohne etwaige Verzerrungen durch die globale Finanz- und Wirtschaftskrise) lag das Wachstum der Exporte der Bildungswirtschaft mit 7,3 Prozent deutlich über dem der Gesamtwirtschaft (5,0 Prozent).

Über 90 Prozent des Exportvolumens der Bildungswirtschaft entfällt zu gleichen Teilen auf die Ausfuhr bildungsunterstützender Waren und Dienstleistungen sowie auf die bildungsrelevante Infrastruktur. Der restliche Anteil von etwa 100 Millionen Euro wird durch den Export von non-formalen Bildungsdienstleistungen erwirtschaftet.

Aus diesen Erkenntnissen folgert das BMWi, dass eine der wichtigsten Herausforderungen für die wirtschaftspolitische Flankierung der Bildungswirtschaft darin bestehen wird, das nachhaltige Wachstum der Exporttätigkeit deutscher Bildungsanbieter zu unterstützen.

Wirkungen der Digitalisierung

Besonderes Augenmerk legte die Studie auf die Wirkungen der Digitalisierung für die Bildungswirtschaft. Deren Bedeutung zeigt sich an der wachsenden Zahl digitalisierter Bildungsformate, die bislang allerdings noch zögerlich eingesetzt werden, wie eine Befragung im Rahmen des "Monitors Digitale Bildung" ergab. Das gilt besonders für innovative Lernformate wie Simulationen, Game-based Learning und Virtual-Reality-Anwendungen.

Auch im internationalen Vergleich liegt Deutschland hinsichtlich digitaler Bildung eher im Mittelfeld. Die Vergleichsstudie "International Computer and Information Literacy Study" (ICILS) zur Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern zeigt unter anderem, dass das Schüler-Computer-Verhältnis in deutschen Schulen bei 11,5 zu 1 liegt, womit Deutschland knapp unter dem Mittelwert der teilnehmenden EU-Staaten rangiert. Zwar nimmt der "Digitalisierungsgrad" vom Schulbereich über die Hochschule hin zum Weiterbildungsbereich zu, bewegt sich aber insgesamt auf eher niedrigem Niveau.

Dies legt den Schluss nahe, dass internationale Märkte für deutsche Anbieter digitaler Bildungsformate offener und damit auch attraktiver sind als der inländische. Dafür nennt die BMWi-Studie auch Beispiele: "In den USA gestaltet sich insbesondere der betriebliche Weiterbildungsbereich als attraktiver Markt. Hier gibt es oft unternehmensspezifische Vorschriften bzüglich durchzuführender Compliance-Schulungen, die vermehrt mittels digitaler Lösungen realisiert werden. Daneben bieten aber auch Länder wie etwa Indien mit weniger guten Bildungsstrukturen eine Marktchance für die deutschen Bildungsanbieter digitaler Formate. In diesen Ländern werden digitale Bildungslösungen oft dem zeitlich und finanziell aufwändigen Aufbau von neuen Bildungseinrichtungen vorgezogen." Daher sollen im Hinblick auf den Ausbau der Exporttätigkeit deutscher Bildungsanbieter digitale Bildungsgüter und -dienstleistungen mehr in den Fokus rücken.

Die "verstärkte Förderung der außenwirtschaftlichen Aktivitäten der Bildungswirtschaft" wurde als zweites wichtiges Handlungsfeld des BMWi identifiziert. Folglich sollen die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung prominent kommuniziert und besser auf die Bedarfe der Bildungswirtschaft ausgerichtet werden. Außerdem wird eine verstärkte hochrangige politische Flankierung angeregt. Laut Studie sollte hierbei "verstärkt für die Teilnahme von Unternehmens- oder Verbandsvertretern der deutschen Bildungswirtschaft an hochrangigen Delegationsreisen geworben werden".

Download Studie

Analyse der deutschen Bildungswirtschaft im Zeichen der Digitalisierung – Wirtschaftliche Bedeutung, Potentiale und Handlungsbedarf

Die 85-seitige Studie beinhaltet ein Kapitel "Die deutsche Bildungswirtschaft im internationalen Umfeld". Sie steht auf der Internetseite des BMWi zum Herunterladen kostenlos zur Verfügung.


Quelle: iMOVE, Artikel aus xPORT - Das iMOVE-Exportmagazin, Ausgabe 1/2019