Den digitalen Raum erkunden

Durch die Coronakrise haben wir unsere Onlineangebote in kurzer Zeit ausgebaut. Aber für gruppendynamische Prozesse bleiben Präsenzformate unerlässlich. Lesen Sie den Artikel von Martin Fielko, Collective Leadership Institute, aus dem aktuellen iMOVE-Magazin xPORT.

Blick von oben auf mehrere Menschen an zwei Tischen, die Arbeitssituationen nachstellen

Was sind in der momentanen Situation gute Orte für den Bildungsexport? Seit Ende März ist für unser Institut klar, dass "online" der einzig mögliche Ort ist. Sämtliche bereits geplanten Präsenzkurse und Bildungsmaßnahmen mussten aufgrund der COVID-19-Lage abgesagt oder verschoben werden. Zwar sind mittlerweile innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union (EU) unter Auflagen wieder Präsenzseminare möglich, die "vor Corona" circa 90 Prozent unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten. Aber mit einer Kundschaft, die überwiegend aus Osteuropa, Afrika, der MENA-Region und Asien kommt, nützt uns das wenig. Gezwungenermaßen ist daher der Ausbau unseres Onlineangebots und das Erkunden der Möglichkeiten des digitalen Raums für unseren Bildungsexport essenziell wichtig geworden.

Wie aus der Not also eine Tugend machen? Zunächst konnten wir zwei glückliche Umstände nutzen: Zum einen war ein Teil unserer Kundschaft bereits mit unseren bestehenden Onlineangeboten vertraut. Zum anderen hatten wir bereits die strategische Entscheidung getroffen, unsere Basiskurse in den Bereichen Stakeholder Collaboration, Collective Leadership und Dialogic Facilitation bis Ende 2021 auch in digitalen Formaten anzubieten. Die Herausforderung bestand nun darin, diesen Plan statt in zwei Jahren möglichst in zwei Monaten umzusetzen. Gleichzeitig mussten wir überzeugend darlegen, dass wir auch abgesehen von den Basiskursen unsere hohen Qualitätsansprüche online aufrechterhalten können.

Tests mit Stammkunden

Wir stellten daher zwei Kompetenzteams zusammen: Eines beschäftigte sich mit der Übertragbarkeit der Offline-Konzepte in Online-Lernformate. Es ging die Lehrpläne Schritt für Schritt durch und passte Didaktik und Methodik an das Onlineformat an. Da wir bereits Vorerfahrungen mit Plattformen wie Zoom hatten, wurden diese Konzepte dann in einem frühen Stadium vom zweiten Kompetenzteam mit einigen ausgewählten Stammkunden ausprobiert. Die Aufgabe des zweiten Teams bestand darin, die Plattformen zu testen und das Kundenfeedback einzuholen. Dieses Feedback ermöglichte und ermöglicht weiterhin eine kontinuierliche und schnelle Verbesserung der Onlineformate, um sie marktreif zu machen.

In vielen Fällen klappten die bis dahin aufgeschobenen oder auch neu angebotenen Kurse sehr gut und zwei der drei genannten Basiskurse erhalten mittlerweile online die gleichen Zufriedenheitswerte wie in den Präsenztrainings. Aber natürlich gab es auch zahlreiche Probleme und Kurse, die nicht wie geplant stattfanden. Ein Beispiel dafür war ein Training unseres Südafrika-Offices für Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus anderen afrikanischen Ländern, das wir absagen mussten, weil die technischen Probleme im Vorfeld zu groß waren und Abhilfe vor Ort aufgrund des Lockdowns nicht möglich war. Gleichzeitig eröffnete das Digitalangebot aber die Chance, einige der bereits gebuchten Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein paar Wochen später in einen themengleichen Kurs für Europa zu integrieren, weil sie sich online einfach dazuschalten konnten. Das wäre aufgrund der hohen Reisekosten bei Präsenzkursen nicht möglich gewesen.

Direkt verfügbar und umsetzbar

Ist "online" daher tatsächlich der beste Ort für den Bildungsexport? Nach den jetzigen Erfahrungen fällt meine Antwort differenziert aus: Onlineformate sind Präsenzformaten dort überlegen, wo es um das Thema Knowledge Transfer geht. Ausgearbeitete Materialien und Pläne sind unmittelbar verfügbar und können in die praktische Arbeit, die ja häufig am Computer stattfindet, integriert werden. Direkte Umsetzbarkeit ist ein echter Vorteil. Außerdem kann man schnell und unkompliziert externe Expertinnen und Experten hinzuziehen und so die Netzwerkarbeit stärken. Was umgekehrt online – zumindest für uns – noch keineswegs so gut funktioniert wie offline, sind gruppendynamische Prozesse, die unter anderem durch Kaffeepausen, das gemeinsame Beisammensein und den informellen Austausch gefördert werden. Auch Offlineangebote werden also bei uns nach wie vor ihre Berechtigung haben und auch wieder angeboten werden, sobald es möglich ist.

Insgesamt stellen wir fest, dass COVID-19 einen Prozess hin zu mehr und qualitativ hochwertigen Onlineangeboten intensiviert hat. Wir werden daher auch nach der Coronakrise verstärkt auf den Onlineraum für den Bildungsexport setzen und unsere Angebote entsprechend ausbauen und weiterentwickeln, damit der zunächst aus der Notwendigkeit erwachsene Umstellungsprozess ein nachhaltiger wird.


Fachartikel "Den digitalen Raum erkunden"

Dieser Fachartikel ist dem aktuellen iMOVE-Magazin xPORT, Ausgabe 2/2020, entnommen. 

  • Autor: Martin Fielko, Head of Educational Programmes and Marketing, Collective Leadership Institute (CLI)

xPORT 2/2020

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Quelle: iMOVE, Artikel aus xPORT-Magazin 2/2020