Ein gut gelaunter Wanderzirkus

Um die wesentlichen Reiseziele zu erreichen, sind eine umfassende Reiseorganisation, gut vorbereitete Teilnehmende und die nachträgliche Kontaktpflege entscheidend. Der Artikel ist erschienen in xPORT, Ausgabe 2/2022, zum Schwerpunktthema "Markterschließungsprogramm".

vier junge Menschen sitzen um einen Couchtisch und lachen

Trotz der vielen digitalen Möglichkeiten, in Kontakt zu bleiben, haben die beiden COVID-Jahre 2020 und 2021 Geschäftskontakte nachhaltig gestört. Einige Geschäftspartner sind ganz vom Markt verschwunden, weil sie sich in der Zeit des Online-Lernens vom Lehrmittel-Markt abgewandt und in neue Bereiche orientiert haben.

So ist es eine der wichtigsten Aufgaben im Jahr 2022, Netzwerke wieder aufzubauen, und nach wie vor sind persönliche Kontakte die beste (in machen Kulturen sogar die einzige) Methode, um dies zu realisieren. Daher hat es uns sehr gefreut, dass in diesem Jahr die wiedererlangten Reisemöglichkeiten genutzt wurden, um besonders viele Veranstaltungen im Rahmen des Markterschließungsprogramms (MEP) vor Ort durchzuführen. An den meisten haben wir teilgenommen.

Mit der Teilnahme verbinden sich in der Regel drei wesentliche Ziele:

  1. Kenntnisse über die Bildungssysteme vor Ort und die entsprechenden Lösungsbedarfe erlangen. Dazu müssen Fragen beantwortet werden wie: Welche Themen sollen bearbeitet werden? Welche Lernniveaus gilt es einzuhalten? Wie groß ist die Nachfrage nach digitalen Formaten? Wie groß ist die Notwendigkeit der Lehrerfortbildung?
  2. Netzwerken mit den lokalen Stakeholdern wie Ministerien und Verbänden zur Berufsbildung. Hierbei geht es nicht nur darum, die unter 1. genannten Themen zu besprechen, sondern auch darum, Informationen über neue Möglichkeiten weiterzugeben und zu neuen Bildungswegen und -methoden anzuregen.
  3. Neue Geschäftspartner finden. Falls wir in dem betreffenden Land nicht bereits einen Geschäftspartner haben, gehört dies zu den wichtigsten Zielen.

Die Mischung macht's

Pauschal lassen sich die Markterkundungs- und Geschäftsanbahnungsreisen nicht bewerten. Die Qualität ist einerseits stark abhängig von der jeweiligen Organisation der Reise, andererseits von der Art und Zusammensetzung der Teilnehmenden.

Die deutschen Teilnehmenden waren 2022 bei verschiedenen Reisen häufig dieselben. Ursache dafür ist, dass bisher alle Reisen in diesem Jahr, an denen wir teilgenommen haben, nach Afrika gingen und die teilnehmenden Firmen und Institutionen natürlich meistens die gleichen Gebietsverantwortlichen geschickt haben. So kommt es häufig zu einem frohen Wiedersehen. Man kennt sich und die Atmosphäre hat manchmal etwas von einem gut gelaunten Wanderzirkus.

Wenn die Mischung stimmt, kann die Zusammenstellung der Teilnehmenden eine beeindruckende Darstellung der deutschen Bildungswirtschaft sein. Deshalb ist es schade, wenn seitens des besuchten Landes manchmal nicht die richtigen Partner dabei sind oder wenn diese nicht richtig vorbereitet sind.

So kommt es gelegentlich zu (kurzfristigen) Änderungen bei den lokalen Kontakten und statt der erwarteten hochrangigen Vertreter/-innen aus dem Bildungsministerium kommen nur die stellvertretenden Sekretäre oder Sekretärinnen des Hausmeisters des Bildungsministeriums – überspitzt formuliert. Umgekehrt: Wenn der Hauptverantwortliche für die berufliche Bildung mit seinem Team teilnimmt, darf er auch erstklassige Vorträge erwarten und nicht den Foliensatz aus dem (vor)letzten Jahr, bei dem man schnell den Titel angepasst hat (was auch schon vorgekommen sein soll).

Die "Reise-Nachsorge" ist wichtig

Wie sehen nun die Ergebnisse der diesjährigen Reisen aus? Zu Punkt 1 (Kenntnisse über die Bildungssysteme) gab es immer etwas zu lernen (falls vorhanden, sind hier auch die hervorragenden Marktstudien zu ausgewählten Ländern von iMOVE sehr nützlich). Zu den Punkten 2 und 3 (Netzwerken mit lokalen Stakeholdern und Auffinden neuer Geschäftspartner) ist es ein wenig wie ein Glücksspiel: Passen die aktuellen lokalen Bedürfnisse zu der Lösung, die man mitbringt, oder besser zu einer von den anderen teilnehmenden Firmen oder Institutionen?

So gab es für uns bei einer Reise direkt einen "Treffer", indem wir einen langgesuchten Partner zum Vertrieb unserer Lösungen für die Automobiltechnik, speziell Elektromobilität, in einem Land gefunden haben. Außerdem konnten wir in einem anderen Fall mit unserer Lösung zur digitalen Organisation von Berufsschulen Interesse bei einem Ministerium wecken.

Natürlich verdient man nicht gleich am ersten Tag nach der Reise Geld, sondern es liegt noch ein weiter Weg vor einem, bevor aus einer ersten Idee ein tragfähiges Geschäft wird, durch das die Bildung innerhalb des Landes nachhaltig verbessert werden kann.

Die besondere Herausforderung nach einer Reise liegt dann darin, trotz der Rückkehr in den Arbeitsalltag (der natürlich noch durch die Arbeit, die sich während der Reise angestaut hat, "bereichert" wird), die neuen Kontakte zu pflegen und die Ideen zu Konzepten auszubauen.

Das ist Kernarbeit der teilnehmenden Firmen. Allerdings gab es in einem Fall auch eine sehr nützliche Unterstützung: Die Organisationsleitung der betreffenden Reise unterstützte im Nachgang von sich aus bei der Nachverfolgung der Kontakte. Ein Service, der Schule machen sollte!

Wissensgewinn ist stets gewährleistet

Sind nun Reisen im Rahmen des MEP zu empfehlen? Die Antwort ist ein klares "Es kommt darauf an". In Ländern, in denen wir bereits über ein gutes lokales Netzwerk verfügen, sehen wir nur einen geringen Bedarf für unsere Teilnahme.

Für Länder, in denen wir aber nur schlechte oder gar keine lokalen Kontakte haben, sind die MEP-Reisen für uns das erste Mittel der Wahl. Selbst mit einer guten Vorbereitung kann man die hohe Anzahl an Kontakten sowohl bei Entscheidern als auch bei lokalen Partnern, die eine MEP-Reise bietet, nur schwer erreichen.

Gleichwohl brachten nicht alle Reisen ein Ergebnis. Manchmal passten lokale Bedarfe und unsere Lösungen nicht zusammen. Dies ändert aber nichts daran, dass unter dem Strich der Wissensgewinn aus allen und Kontakte aus einzelnen Reisen für uns so erfolgreich waren, dass wir auch zukünftig an weiteren Reisen des Programms teilnehmen werden.

  • Autor: Dr. Andreas Kastner, Sales Director Export, LD DIDACTIC GmbH

xPORT 2/2022

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Quelle: iMOVE