Expertise aus dem BIBB für neues costa-ricanisches Berufsbildungsgesetz

Eine zwölfköpfige Ministerdelegation aus Costa Rica hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn besucht. Der Besuch im BIBB stellte den Abschluss einer rund einwöchigen Studien- und Sondierungsreise dar. Ein intensives Fachgespräch, an dem BIBB-Präsident Professor Dr. Friedrich Hubert Esser teilnahm, unterstützte die Debatte um ein neues Berufsbildungsgesetz in dem zentralamerikanischen Land.

Der Besuch im BIBB stellte den Abschluss einer rund einwöchigen Studien- und Sondierungsreise dar, bei der es um die rechtliche und institutionelle Verankerung der dualen Ausbildung in Deutschland ging. Leiter der Delegation, die auch nach Berlin und Koblenz fuhr, war der costa-ricanische Bildungsminister Edgar Mora Altamirano. Zu den Gästen zählte ferner Arbeitsminister Steven Núñez Rímola.

Wie sind Grundlagen und Elemente für ein eigenes neues Berufsbildungsgesetz Costa Ricas optimal zu generieren? Mit Blick auf diese Frage präsentierte Professor Esser unter anderem wesentliche Informationen zu Entstehung, Entwicklung und Stand des deutschen Berufsbildungsgesetzes (BBiG).

"Das Gesetz ist die zentrale Rechtsgrundlage für die Steuerung des Berufsbildungssystems", so Esser. Denn das BBiG, das notwendigen Novellierungen unterworfen werde, regele vor allem wesentliche Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Aus- und Fortbildung auf den unterschiedlichen Systemebenen.

Gebe es Diskussionen im Bildungsbereich, sei dies wichtig und richtig — wenn es danach, wie in Deutschland, zum Konsens komme, betonte der BIBB-Präsident. "Das A und O des dualen Systems ist es dabei, dass die Sozialpartner, Staat und Wissenschaft einbezogen werden. Das hat die Ordnung geformt, das trägt unseren gesellschaftlichen Dialog." Und wenn solche Prozesse ihre Zeit benötigten? "Dann ist das normal. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung möchte ich Sie ausdrücklich ermuntern, Geduld zu haben, wenn Sie in Costa Rica nun darangehen, ein neues Berufsbildungsgesetz zu schaffen."

Angesichts der Herausforderungen unserer Zeit, mit denen sich Gesellschaften global konfrontiert sehen, verwies Professor Esser auch auf die Notwendigkeit, ein anpassungsfähiges und zukunftsfähiges System zu haben — bei dem die Berufsbildung eine Schlüsselrolle spiele. Die Digitalisierung, Fragen der zunehmenden Akademisierung, Themen wie Migration und Flüchtlinge und die Inklusion von Menschen mit Behinderung verlangten in diesem Zusammenhang nach immer neuen Antworten und Lösungen.

In seiner Replik betonte der costa-ricanische Bildungsminister Edgar Mora, wie wertvoll die Anregungen seien, die seine Delegation und er mit nach Haus nähmen. "Und wir sind sicher, dass unsere Vorschläge für das neue Gesetz Anlass zur Hoffnung geben werden", sagte er.

Anschließend kamen Repräsentanten aus Fachabteilungen des BIBB mit wissenschaftlichen Analysen und Projektergebnissen zu Wort. Von großem Interesse für die costa-ricanischen Politik- und Fachvertreter waren beispielsweise die Themen Kosten und Nutzen der dualen Ausbildung, Berufsbildung im Zeitalter der Digitalisierung sowie Prognosen zur Qualifikationsentwicklung.

Am Rande des Study Visits hatte in einem festlichen Akt im Bonner Dienstsitz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die Unterzeichnung einer Joint Declaration of Intent zwischen Staatssekretär Dr. Georg Schütte und Bildungsminister Edgar Mora stattgefunden. Drei Jahre nach der Unterzeichnung einer gemeinsamen Absichtserklärung haben Deutschland und Costa Rica damit ihre Kooperation mit dem Schwerpunkt Berufsbildung erneuert. 2016 war es zur Unterzeichnung im Beisein von BIBB-Präsident Esser und der damaligen Bundesbildungsministerin Johanna Wanka in Costa Rica gekommen.

Neben den Ministern gehörten der Delegation die Botschafterin Costa Ricas in Deutschland, Lydia Peralta Cordero, und die Führungsriege der costa-ricanischen (Berufs-)Bildungslandschaft an; darunter waren weitere Ministeriumsvertreter aus der Berufsbildung, parlamentarische Abgeordnete und Repräsentanten des Nationalen Bildungsinstituts (INA), der Nationalen Technischen Universität (UTN) sowie der Lehrergewerkschaft SEC.

Die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation (GOVET) am BIBB organisierte die Reise in Deutschland im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung als Teil der bilateralen Kooperation mit Costa Rica.

Die Ministerdelegation aus Costa Rica war im Rahmen ihres Aufenthalts in Deutschland auch bei der Handwerkskammer (HwK) Koblenz zu Gast. Dazu veröffentlichte die HwK den folgenden Artikel:

Minister aus Costa Rica informieren sich bei der HwK

Zentralamerikanisches Land will neues Berufsbildungsgesetz einführen

Wie ist das deutsche Berufsbildungssystem aufgebaut, wie funktioniert es in der Praxis und auf welche gesetzlichen Grundlagen fußt es? Diese zentralen Fragen standen im Mittelpunkt des Besuchs einer Regierungsdelegation aus Costa Rica bei der Handwerkskammer (HwK) Koblenz.

An der Spitze holten sich Bildungsminister Edgar Mora Altamirano und Arbeitsminister Steven Núñez Rímola in den HwK-Bildungszentren Informationen aus erster Hand. Im Gespräch mit Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich und Bildungsexperten der Kammer wurden die Eckpfeiler der dualen Berufsausbildung erklärt und Hintergrundfragen der Gäste aus Zentralamerika beantwortet.

Costa Rica plant die Einführung eines neuen Berufsbildungsgesetzes und prüft im Vorfeld Erfahrungen in Ländern, die im internationalen Maßstab besonders erfolgreich bei der beruflichen Ausbildung abschneiden. Auf großes Interesse stießen auch Informationen zu Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung für kleine und mittlere Unternehmen.

Zusammen mit Parlamentariern, Mitarbeitern des Bildungs- und Arbeitsministeriums sowie des nationalen Berufsbildungsinstituts, Wissenschaftlern und Gewerkschaftsvertretern sowie Vertretern der Botschaft von Costa Rica in Deutschland wurden, durch die Zentralstelle für internationale Berufsbildungszusammenarbeit (GOVET) im Bundesinstitut für Berufsbildung organisiert, verschiedene Bildungsträger besucht.

Bei Gesprächen in Unternehmen, der Handwerkskammer Koblenz, der Senatsverwaltung Berlin, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestages oder im Bundesinstitut für Berufsbildung konnten ganz verschiedene, umfangreiche Informationen eingeholt werden. In einem Festakt im Bundesministerium für Bildung und Forschung wurde durch Bildungsminister Edgar Mora die beiden Minister und Staatssekretär Georg Schütte eine gemeinsame Absichtserklärung zur Zusammenarbeit in der Berufsbildung unterzeichnet. Mit GOVET wurde ein entsprechender Aktionsplan für die nächsten drei Jahre besprochen.

"Wir freuen uns natürlich sehr und es spricht für die Ausbildungsarbeit des Handwerks, wenn eine Regierungsdelegation sich zu einem so wichtigen Thema bei uns informiert. Das Echo spricht für sich: Unsere Gäste waren sehr beeindruckt über das hohe inhaltliche wie auch technische Niveau unserer Bildungsinhalte und Einrichtungen", fasst Ralf Hellrich am Ende des eintägigen Informationsaustausches zusammen.


Quelle oben: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), bibb.de, 08.03.2019; Quelle unten: Handwerkskammer Koblenz, hwk-koblenz.de, 13.03.2019