Ägypten: Initiativen für die berufliche Weiterbildung
Der Artikel ist ein Auszug aus der jetzt aktualisierten iMOVE-Marktstudie Ägypten für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung.
Ägyptische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben kaum finanzielle Mittel, um selbst in berufliche Fort- und Weiterbildung zu investieren. Die Finanzierung übernehmen entweder Unternehmen oder Förderprogramme, die von internationalen Geberländern unterstützt werden.
Seit den 1990er Jahren gab es einige Ansätze von staatlicher Seite, um das Qualifikationsniveau im Berufsbildungsbereich zu erhöhen. Neben der dem National Technical & Vocational Education and Training Program (ehemals Mubarak-Kohl-Initiative) gibt es weitere Initiativen in diesem Bereich.
University to Work Initiative
Die ECG gründeten 1969 zwei Ingenieure. Es ist eines der führenden Engineering-Unternehmen der Welt. Heute verfügt die ECG über eine leistungsstarke Belegschaft von mehr als 2.100 Fachleuten, die das gesamte Spektrum von Beratung über Dienstleistungen bis zur Projektimplementierung und Design sowie das Baumanagement abdecken.
Von der fachübergreifenden Kompetenz des Unternehmens profitieren viele verschiedene Nahost-Entwicklungsprojekte wie Flughäfen, Gebäude sowie Banken und Finanzinstitute in der Region. Die Rolle dieser Universität ist es, dem privaten Sektor hervorragend ausgebildete Absolventinnen und Absolventen bereitzustellen.
Die Initiative zielt darauf ab, die besten Studierenden ägyptischer Universitäten zu fördern, indem ihre technischen Fähigkeiten und ihre Soft Skills verbessert werden.
Die Initiative wird in mehreren Phasen durchgeführt: Die erste Phase besteht aus dem Recruitment der Auszubildenden für das Programm, die zweite Phase umfasst die technische und berufliche Qualifizierung auf dem Arbeitsmarkt. Die letzte Stufe besteht aus der Übernahme des besten Performance-Teams in der Engineering Consultants Group.
Industrial Training Council
Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 500.000 Beschäftigungssuchende konnten seitdem ausgebildet werden und fanden eine Arbeitsstelle.
Angestrebt vom ITC ist eine Qualifizierung der Arbeitskräfte, um die Wettbewerbsfähigkeit der ägyptischen Wirtschaft zu erhöhen, um mit technologischen Fortschritten in der Industrie Schritt halten zu können.
Außerdem soll das Angebot an Fachkräften an die Nachfrage angepasst werden, um dadurch langfristig die Arbeitslosigkeitsrate zu senken. In diesem Rahmen wurden ältere Projekte des Ministeriums (Skills Development Project, National Skills Standard Project, Foreign Trade Training Center, Productivity & Vocational Training Department) mit neuen Projekten kombiniert.
Ebenso zielt die Initiative auf eine Verknüpfung von Projekten im privaten und öffentlichen Sektor mit dem Ziel einer effizienteren Arbeitnehmerqualifzierung ab.
Kernstück des ITC ist die Entwicklung von verbindlichen nationalen Ausbildungsstandards und die Zertifizierung von Ausbildungszentren (National Skills Standards Program, NSSP), um ein einheitliches Qualitätsniveau unter den Auszubildenden zu erreichen und eine bessere Vergleichbarkeit und Überwachung der Berufsbildungszentren zu ermöglichen.
Das "Skills Development Project", initiiert im März 2003 vom Ministerium für Handel und Industrie im Rahmen des "Technical and Vocational Training Reform Program", ist ein Projekt mit dem Hauptaugenmerk auf den drei Sektoren Industrie, Bau und Tourismus, in denen die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ägypten beschäftigt sind.
Ziel des Projektes ist es, das Thema Weiterbildung in der Privatwirtschaft stärker zu verankern und das Ansehen bestimmter Berufsbilder aus Handwerk und Industrie aufzuwerten.
Die beruflichen Ausbildungsprogramme sollen sich unter der Durchführung des ITC gemäß der Vision 2030 entwickeln. Dabei konzentriert man sich vor allem auf die Weiterbildung von sozio-ökonomisch unterprivilegierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Im Fokus steht die langfristige und nachhaltige Modernisierung und Entwicklung strategisch wichtiger und bislang vernachlässigter Orte, wie beispielsweise dem Sinai sowie anderer grenznaher Bezirke. Auch sollen "Awareness-Kampagnen" durchgeführt und eine Kooperation mit Nachbarstaaten erreicht werden.
Ziel der Vision ist es, eine Steigerung von 500.000 Beschäftigten in fünf Jahren mit einem Budget von 700 Million Ägyptischen Pfund zu erreichen. Im Geschäftsjahr 2014/2015 wurden 75.000 Neueinstellungen vermittelt.
Industrial Modernization Centre
Das Industrial Modernization Centre (IMC), im Jahr 2000 durch einen Präsidialerlass gegründet, arbeitet eng mit dem ITC zusammen und richtet sich nach der Entwicklung innovationsbasierter Produktionsbranchen und allgemein der Modernisierung der ägyptischen Industrie.
Dazu gehören unter anderem die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften. Exporte und generell die Produktion in Ägypten beruhen zu 90 Prozent auf verfügbaren Ressourcen und erfordern lediglich ein niedriges Technologieniveau.
Operationalisiert wird dies teilweise durch die Finanzierung einzelner Unternehmen durch das IMC, um die Firmen mit dem Ausbildungsanbieter verknüpfen und fördern zu können.
Ein weiteres Ziel ist die Erschließung von "Industrienischen", die einen höheren Technologienutzungsgrad und Innovation erfordern, und das Etablieren von Beziehungen zu internationalen Märkten.
Bislang wurden 13.000 Unternehmen insgesamt rund 100.000 Dienstleistungen in neun industriellen Bereichen angeboten.
Der ITC akkreditiert die einzelnen Kurse und Lehrmaterialien und beauftragt den entsprechenden Anbieter. Falls kein qualifizierter lokaler Anbieter zur Verfügung steht, beauftragt der IMC in Kooperation mit dem begünstigten Unternehmen ausländische Anbieter, die dadurch in den Genuss von staatlichen Fördermitteln gelangen können.
Technical and Vocational Education and Training Reform
2015 kündigte der Bildungsminister Ägyptens die Fortsetzung des Technical and Vocational Education and Training (TVET)-Programms mit Unterstützung der Europäischen Union (EU) und der Weltbank an (TVET II). Die Projektdurchführung wird somit vom Bildungsministerium statt vom Ministerium für Handel und Industrie übernommen.
Die erste Phase des Reformprogramms wurde über sechs Jahre mit insgesamt 66 Millionen Euro vom Ministerium für Handel und Industrie und der EU finanziert.
Ziel war der Ausbau der Institutionen, welche langfristige strategische Maßnahmen zur Modernisierung des Ausbildungssystems und der beruflichen Bildung konzipieren und umsetzen sollen, um die Qualifikationen der Auszubildenden anzuheben.
Dieser Reformprozess soll in enger Kooperation mit der ägyptischen Privatwirtschaft stattfinden und den wandelnden Ansprüchen der Arbeitgeberseite gerecht werden.
Das Projekt hatte drei Schwerpunkte:
- Die Entwicklung von Weiterbildungszentren,
- die Optimierung der beruflichen Weiterbildung durch die Verbindung von Theorie und Praxis (Stichwort: duales System) und
- den Ausbau von zwischen Wirtschaft und Schule vermittelnden Organen, um eine nachfrageorientierte Ausbildung zu garantieren.
In das formelle TVET-System kommen Schülerinnen und Schüler erst in der Mittelstufe und erst dann, wenn die Abschlussprüfungen der Grundschule nach zwei Versuchen nicht bestanden wurden. Schülerinnen und Schüler der allgemeinen Mittelstufe können auch erst in der Oberstufe ihre technische Ausbildung aufnehmen.
Ob im Bereich der Industrie, Handel, Agrikultur oder Gastronomie: Den Schülerinnen und Schülern steht in allen nicht-wissenschaftlichen Bereichen der Weg zur höheren Bildung offen.
Trotzdem kommen nur zehn Prozent der technisch Ausgebildeten an die Universität (privat und öffentlich). Dem Rest steht nur die Wahl zwischen technischen und industriellen Hochschulen (privat und öffentlich) offen.
Die European Training Foundation (ETF) ist im Rahmen eines Programms zur Mobilitätserleichterung qualifizierter Arbeiterinnen und Arbeiter im Mittelmeerraum aktiv. Weiterhin engagiert sich die EU in Ägypten durch das IMC, um TVET-Absolventen mehr Arbeitsplätze bieten zu können.
Um die Schulausbildung direkt mit der Praxis zu verknüpfen, wurde mit Unterstützung des USAID das Egypt Competitiveness Program erstellt, in dessen Rahmen technische Schulen ihren Schülerinnen und Schülern Arbeitsplätze vermitteln, um ihre Beschäftigungschance nach deren Schulabschluss zu erhöhen. Die adäquate Lehrerqualifizierung bleibt jedoch ein Problem.
Fachartikel - Ägypten: Initiativen für die berufliche Weiterbildung
- Inhalt der Marktstudie: Deutsch-Arabische Industrie- und Handelskammer
- Autorinnen und Autoren der Marktstudie: Karin El-Shafei, Martina Ziebell, Azza Bilal, Dr. Rainer Herret, Yasmin Fauzy, Yasmine Bakr
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Quelle: iMOVE, Auszug aus iMOVE-Marktstudie Ägypten 2017, 03.04.2017