Indonesien: Mittler zwischen Ausbildung und Wirtschaft

Ingenieur Justin Wahyo setzt sich dafür ein, die duale Ausbildung in Indonesien fest zu etablieren.

Sie leben internationale Vernetzung: Wir stellen Menschen vor, die für Deutschlands Partnerschaften weltweit stehen. Denn globale Aufgaben lassen sich nur gemeinsam bewältigen.

Justin Wahyo hätte andere Möglichkeiten gehabt. Einen guten Job in der Industrie zu bekommen, wäre für ihn kein Problem gewesen. Doch er entschied sich für die Lehre – an einer Berufsschule, genauer gesagt an einer polytechnischen Hochschule. Sie trägt den Namen "Academy of Industrial Mechanical Engineering" (ATMI) und liegt in der Stadt Surakarta auf Java. Zu ihrem guten Ruf hat Deutschland maßgeblich beigetragen.

Seine Entscheidung hat Wahyo nie bereut. Bis heute entwickelt er immer neue Pläne, wie sich die Verbindung von Wirtschaft und Ausbildung noch gewinnbringender nutzen ließe. Er weiß genau, wovon er spricht, denn er ist selbst ein "Produkt" von ATMI, hat dort 1994 nach deutschem Modell einen Abschluss gemacht.

Ausbildung als Beitrag zu Entwicklung

Heute blickt er mit Stolz darauf zurück – nicht nur, weil ATMI ihm persönlich viele Möglichkeiten eröffnete, sondern weil die Institution selbst etwas Besonderes ist: Gegründet wurde sie 1968 von deutschen und Schweizer Jesuiten, die einen Beitrag zur Entwicklung Indonesiens leisten und dafür vor allem Kindern und Jugendlichen aus armen Familien eine gute Ausbildung ermöglichen wollten. Vorbild sollte das deutsche duale System sein, mit etwa einem Drittel Theorie und zwei Dritteln praktischer Arbeit.

Später engagierte sich Deutschland auch von staatlicher Seite, zwischen 2001 und 2009 förderten die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Auftrag der Bundesregierung das sogenannte "Indonesian-German Institute": eine Berufsbildungsallianz, bestehend aus fünf Trainingszentren und 17 Berufsschulen, darunter das ATMI.

Wahyos Biografie ist eng mit der Geschichte des ATMI verknüpft. Kurz vor seinem Abschluss bat ihn der Direktor, zu bleiben. Wahyo musste nicht lange nachdenken, aber er stellte eine Bedingung: Er wolle zunächst im Ausland studieren. Das konnte ihm der Direktor zwar nicht versprechen, aber er sagte zu, Wahyo dabei zu unterstützen.

Rückkehr nach dem Studium in Europa

Es gelang: Wahyo ging mit einem Stipendium in die Schweiz, machte erst einen Bachelor und dann einen Master als Wirtschaftsingenieur. Fünf Jahre blieb er in Europa, lernte Deutsch und knüpfte Kontakte. 2001 kehrte er zum ATMI zurück, gerade als Deutschlands offizielle Unterstützung dort begann, das Institut nicht zuletzt dadurch weiter expandieren konnte. In der Folge arbeitete er eng mit der GIZ zusammen.

Das Konzept, Ausbildung und Wirtschaft zusammen zu bringen, änderte sich über die Jahre nicht. Auch dank der Unterstützung aus Deutschland kam ein zweiter Campus hinzu, wenig später wuchs auch das Studienangebot – neben der Fachrichtung Herstellung bietet ATMI seither Mechatronik und Konstruktionstechnik an.

Ausbildungsstätte mit eigener Firma

Wahyo arbeitete zunächst als Lehrer, 2006 wechselt er ins ATMI IGI Center. Auch das ist eine Besonderheit: Weil klar war, dass die Einrichtung nicht auf Dauer ausländische Unterstützung erhalten würde und die staatlichen Mittel aus Indonesien begrenzt blieben, gründete ATMI eine eigene Firma, das ATMI IGI Center. Dort können die Auszubildenden am "lebenden Objekt" lernen. Sie sind Teil eines normalen Betriebs, produzieren unter realen Bedingungen.

Wir bringen ihnen bei, eigenständig und lösungsorientiert zu arbeiten.

Justin Wahyo, Academy of Industrial Mechanical Engineering

Heute ist die ATMI IGI spezialisiert auf nachhaltige Produktentwicklung in den Bereichen spritzgegossener Kunststoff und neue, biologisch abbaubare Materialien. "Produktionsbasierte Bildung" nennt die Einrichtung ihr Konzept, bei dem Auszubildende schnell in den Unternehmensalltag eintauchen und Verantwortung übernehmen. "Wir bringen ihnen bei, eigenständig und lösungsorientiert zu arbeiten", sagt Wahyo. Das macht ATMI-Absolventinnen und Absolventen zu gefragten Fachkräften.

Wahyo ist inzwischen Direktor der ATMI IGI. In dieser Funktion repräsentiert er sein Institut und das duale System auch in Indonesiens Handelskammer KADIN. Und er hat immer neue Ideen: In Zukunft möchte Wahyo mehr internationale Firmen ansprechen, ihnen Produkte anbieten, Anlaufstelle für Geschäftstätigkeit in Indonesien sein und das alles auf hohem technologischem Niveau.

Schon zwei Mal auf der Hannover Messe vertreten

Deutschland und die Schweiz, die ursprünglichen Förderer von ATMI, hat Wahyo dabei fest im Blick, gerade auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit. Mit einigen deutschen Firmen arbeitet ATMI schon zusammen, etwa mit der Elektrotechnische Apparate GmbH (E-T-A) bei Nürnberg, der Arburg GmbH im Schwarzwald oder der Toolcraft AG im bayerischen Georgensgmünd.

Um weitere Kontakte zu knüpfen, war Wahyo mit dem ATMI schon zwei Mal auf der Hannover Messe vertreten, zuletzt im April 2024. Als nächstes würde er gerne Fachkräfte nach Deutschland vermitteln, Gespräche dazu laufen bereits. Und auch die Lehrenden des ATMI könnten sich in Deutschland fortbilden, so Wahyos Idee. "Das wäre für alle Seiten ein Gewinn."


Quelle: deutschland.de – Your link to Germany, 28.05.2024