iMOVE-Round-Table: Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente für Berufsbildungsprojekte in der MENA-Region

    "Die Phönizier haben das Geld erfunden - aber warum so wenig?" eröffnete Markus Milwa, iMOVE, das Gespräch am Runden Tisch mit einem Zitat von Johann Nepomuk Nestroy. Das Thema der Diskussion mit drei Vertreterinnen der KfW Entwicklungsbank (KfW) war die Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente für Berufsbildungsprojekte in der MENA-Region. [MENA: Nahost und Nordafrika, englisch: Middle East and North Africa]

    Babette Stein von Kamienski von der KfW erläuterte die Aktivitäten in der MENA-Region und die Zusammensetzung der Gelder der KfW. Der Hauptauftraggeber der KfW ist das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Daneben beauftragen auch andere Ministerien und das Auswärtige Amt die KfW. 

    Stein von Kamienski betonte, dass die KfW nur tätig werden kann, wenn es Regierungsabkommen, beispielsweise zur Berufsbildung, zwischen Deutschland und einem anderen Land gibt. Verträge über finanzierungsfähige Maßnahmen schließt die KfW direkt mit dem Zielland.

    In der MENA-Region sieht die KfW erhöhten Bedarf aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums, der hohen Arbeitslosigkeit, die im Vergleich mit den OECD-Ländern doppelt so hoch ist, sowie der Jugendarbeitslosigkeit, die ein beherrschendes Problem darstellt. [OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; englisch: Organisation for Economic Co-operation and Development]

    Schon die Bildungsbasis stimmt in einigen Ländern nicht. Dazu kommt folgendes Problem: Je höher der Bildungsabschluss ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass keine Anstellung erfolgt. Dies verursacht eine hohe Arbeitslosenquote bei Akademikern. Trotzdem streben die jungen Menschen in der MENA-Region höhere Bildungsabschlüsse an, denn den beruflichen Ausbildungen fehlt das Ansehen in der Bevölkerung. Die KfW möchte dazu beitragen, diesen "Mismatch" zwischen Arbeitsmarktbedarf und Ausbildungsquote zu verringern.

    Die KfW hat überwiegend den Bau von Schulen, Berufsschulen und Ausstattung finanziert. Das reicht ihrer Ansicht nach aber nicht. Deshalb wird über gesonderte Finanzierungsmodelle im Bereich Bildung nachgedacht. Die KfW würde gerne kreditfinanzierte Vorhaben unterstützen. Dies funktioniert jedoch nur unter Einbeziehung der Privatwirtschaft.

    Das Image der Berufsausbildung in der Region muss verbessert werden. Stein von Kamienski erwähnte Instrumente wie die Ausstellung von Zertifikaten, die Einbeziehung ausländischer Weiterbildungsanbieter oder Imagekampagnen. Auch die Rahmenbedingungen insgesamt müssen verbessert werden. Beispielhaft nannte sie die Aus- und Weiterbildung des Lehrpersonals.

    Die Vertreterinnen der KfW hatten großes Interesse an der Einschätzung und den Bedarfen der kleinen und mittelständischen Bildungsanbieter bezüglich der Finanzierung von Bildungs-Aktivitäten. Es wurden verschiedene Aspekte diskutiert und durch praktische Erfahrungen in der MENA-Region verdeutlicht.

    Schwierigkeit bereitet den Bildungsanbietern unter anderem die Kontaktaufnahme in die MENA-Länder. Die Anbieter müssen viel mehr reisen als in anderen Regionen, und diese Kosten drücken stark auf das Budget.

    Hinzu kommt, dass der Ausbildungsstandard anders ist als in Deutschland. In Ägypten lief es zum Beispiel bis zur Revolution sehr gut. Seit der Revolution fließt jedoch kein Geld mehr in die Ausbildung. Der Grund ist, dass die Firmen wenig bis keine Aufträge haben und somit auch keine finanziellen Mittel.

    Peter Wunsch von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) erläuterte, dass die GIZ in fast allen MENA-Ländern vertreten ist. Seine Erfahrung zeigt, dass Anbieter aus anderen Ländern, allen voran Großbritannien, oft viel schneller sind als deutsche Anbieter.

    Ein anderer Teilnehmer berichtete von einem Projekt zur Beschäftigungsförderung in Tunesien, das die Reduzierung der Arbeitslosigkeit zum Ziel hat. Er gab an, dass in Tunesien 238 deutsche Unternehmen sitzen, die einen großen Bedarf an beruflicher Aus- und Weiterbildung haben. Die Mittel vom Auswärtigen Amt sind auf zwei Jahre beschränkt. Dieser knappe Zeitraum reicht allerdings nicht für den Aufbau von Ausbildungsstätten. Dieses Missverhältnis verdeutlichte er anhand des Bedarfs an Orthopädietechnikern, der in Tunesien sehr hoch ist, weil Diabetes weit verbreitet ist. Der letzte Meister ging jedoch 2012 in den Ruhestand. Die Finanzierung läuft 2013 aus, aber die Ausbildung endet erst 2014.

    Ein weiteres Problem in der Region sind fehlende Entscheidungen. Die Verantwortlichkeiten sind in vielen Ländern, die von den Umbrüchen betroffen sind, noch nicht geklärt.

    Die Vertreterinnen der KfW unterstrichen am Runden Tisch, dass die Bank keine Einzelprojekte finanziert, sondern nur staatlich geförderte Projekte, deren Wirkung auf das gesamte Zielland ausstrahlt und damit nachhaltig sind.

    Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren sich einig, dass in vielen Ländern der MENA-Region mehr gefördert werden muss, um dort einen Einstieg zu bekommen oder bestehende Projekte langfristig fortführen zu können.

    Die Vertreterinnen der KfW Entwicklungsbank waren mit den Hinweisen aus der Praxis sehr zufrieden, denn diese benötigen sie für die Entwicklung innovativer Finanzierungsinstrumente. Sie dankten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für den Einblick in ihre Projekte.

    Nahaufnahme Teilnehmerin
    Anette Haller, KfW Entwicklungsbank
    Nahaufnahme Teilnehmerin
    Babette Stein von Kamienski, KfW Entwicklungsbank
    Nahaufnahme zweier Teilnehmerinnen und eines Teilnehmers
    links: Martina Maurer, KfW Entwicklungsbank
    Nahaufname Teilnehmerin und Teilnehmer
    Nahaufnahme zweier Teilnehmer
    Nahaufname Teilnehmerin und Teilnehmer
    Nahaufnahme Teilnehmer

    © Bilder: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Edmund Schenk

    Nahaufnahme zwei Teilnehmer
    Nahaufname Teilnehmerin und Teilnehmer
    Nahaufnahme zweier Teilnehmer
    Nahaufnahme zwei Teilnehmer
    Teilnehmer an einer Seite des Tisches
    Blick in den Raum auf den gesamten Runden Tisch

    © Bilder: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), Edmund Schenk