Anders als ihre Eltern, die nach Beendigung eines befristeten Jobs in der Stadt mit ihren Ersparnissen in die ländlichen Gebieten heimkehrten, bevorzugt die neue Generation chinesischer Wanderarbeiter, sich in den Städten niederzulassen. Das Leben in Städten bedeutet, dass es mehr Ausbildungsmöglichkeiten für Wanderarbeiter gibt.
Wanderarbeiter Zhao Bin aus dem Landkreis Pingyin in der ostchinesischen Provinz Shandong kehrte am 28. Januar, kurz nach dem Frühlingsfest, in die Küstenstadt Qingdao zurück, wo er und seine Frau neun Jahre lang arbeiteten.
"Ich plane, mich in dieser Stadt niederzulassen. Deshalb komme ich pünktlich zurück, um wieder Arbeit zu finden, damit ich mehr Geld machen und hoffentlich hier in der Zukunft eine Wohnung kaufen kann," sagte der 30-jährige Bauer, der ein Arbeiter wurde.
Zhao und seine Frau arbeiten beide als Schneider in einer Textilfabrik namens Jifa Group, wo sie rund 7.000 Yuan (etwa 844 Euro) pro Monat verdienen können.
Arbeitskräftemangel kommt Wanderarbeitern nun zugute
Ihre Firma bietet auch kostenlos eine einfache Unterkunft an. Und im Gegensatz zu der Generation ihrer Eltern, können sie es sich leisten, ihr Kind in der Stadt zur Schule zu schicken.
"Früher haben wir unseren Job am Ende des Jahres quittiert und mussten nach dem Frühlingsfest einen neuen finden. Aber jetzt fühlen wir uns bereits fast wie langjährige Mitarbeiter in dem Unternehmen", sagte Zhao.
Chinas schrumpfende Zahl von Erwerbstätigen, teilweise auch eine Folge der Ein-Kind-Politik, hat viele Unternehmen gezwungen, die Gehälter zu erhöhen und Wanderarbeitern bessere Arbeitsbedingungen zu bieten.
Es wird geschätzt, dass die nach 1980 geborenen Wanderarbeitnehmer heute 58,4 Prozent der ebenfalls geschätzen Gesamtzahl von 145 Millionen ausmachen. Unter den jungen Migranten planen nur vier Prozent, in ihre Heimatstädte zurückzukehren und als Bauern zu arbeiten, besagt eine im Dezember veröffentlichte Umfrage des Chinesischen Forschungsinstituts für Familienkultur (CFCRI).
Teures Stadtleben
Allerdings ist es nicht einfach für diese neuen Ankömmlinge, ihren Weg in den großen Städten zu finden. Bildung und Gesundheitsversorgung sind nicht billig, und die Wohnungspreise sind absurd hoch im Vergleich zum Durchschnittslohn in den Metropolregionen des Landes.
"Im Gegensatz zum Landleben, das einfach und autark ist, sind wir in den Städten viel mehr Druck ausgesetzt, weil wir unsere Miete und alle täglichen Notwendigkeiten in barer Münze bezahlen müssen", sagte Wu Zhongliang, ein Wanderarbeitnehmer aus der nordwestlichen Provinz Gansu, der in der Stadt Shenzhen in der südlichen Provinz Guangdong seit 13 Jahren arbeitet.
Wus fünf Jahre alter Sohn geht in einen Kindergarten der Stadt, und die Familie muss etwa 5.000 Yuan (rund 600 Euro) pro Halbjahr zahlen, die größte finanzielle Belastung für die Familie. "Es lohnt sich, weil die Bildung in unserer ländlichen Heimat nicht so gut wie hier in Shenzhen", beruhigt sich Wu.
Bessere Ausbildung hilft
Abgesehen vom besseren Bildungsumfeld für ihre Kinder, bedeutet das Leben in Städten auch, dass es mehr Ausbildungsmöglichkeiten für Wanderarbeiter gibt.
Unter den 2.500 jungen Wanderarbeiter, die vom CFCRI befragt wurden, gaben 38,6 Prozent an, sie hoffen, einiges technisches Know-how zu erwerben, während 19,6 Prozent ihre Bereitschaft äußerten, technische Angestellte zu werden.
Zhu Guangtian und seine zwei Brüder, die alle aus dem ländlichen Kreis Yinan in Shandong kommen, haben bereits zwölf Jahre lang für die Qingdao Port Group gearbeitet. Alle von ihnen haben ihre eigenen Wohnungen gekauft und sich in der Küstenstadt niedergelassen.
"Wir erhalten an unserem Arbeitsplatz fast jeden Tag technische Ausbildung, und mit dem, was wir gelernt haben, ist es uns gelungen, heute ein besseres Leben zu führen", sagte Zhu.
Urbanisierung gefährdet Landwirtschaft
"Wanderarbeitern, die versuchen, sich in den Städten niederzulassen, sollten mehr berücksichtigt werden, da sie die wesentliche Kraft der chinesischen Urbanisierung darstellen", sagte Li Wei, ein Forscher an der Akademie der Sozialwissenschaften in Qingdao.
Chinas Stadtbevölkerung hat Ende 2011 die Landbevölkerung zahlenmäßig übertroffen. Zahlen des Nationalen Statistikamts zufolge leben inzwischen 690,79 Millionen oder 51,27 Prozent der Gesamtbevölkerung Chinas in Städten.
Vor diesem Hintergrund, meint Li, sollte die chinesische Regierung auch der koordinierten Entwicklung der städtischen und ländlichen Regionen mehr Aufmerksamkeit schenken, da Chinas Landwirtschaft vor einer sich abzeichnenden Krise steht. Denn als Folge des Abflusses von Wanderarbeitern in die Städte, bleiben ältere Menschen und Ehefrauen oft allein in den Dörfern zurück.