In Rumänien und Bulgarien gibt es laute Klagen über den Fachkräftemangel. In beiden Ländern begegnen deutsche Unternehmen dem Fachkräftemangel mit betriebsinternen Ausbildungen.
Die beiden südosteuropäischen Länder Rumänien und Bulgarien gelten aufgrund des vergleichsweise niedrigen Lohnniveaus weiterhin als interessante Produktionsorte für internationale Firmen. Deutsche Unternehmen fertigen vor Ort Automobil- und Flugzeugteile, Haushaltsgeräte und Bekleidung.
Sowohl nördlich als auch südlich der Donau gibt es allerdings laute Klagen über den Fachkräftemangel. In beiden Ländern bilden deutsche Unternehmen daher zunehmend selbst aus.
Ursachen des Fachkräftemangels
Für den Mangel an Fachkräften in Bulgarien gibt es mehrere Ursachen:
Ein Hauptgrund ist das Bildungssystem, das längst nicht mehr so gut ist wie sein früherer Ruf. Berufsschulen nach deutschem Muster gibt es nicht. Stattdessen sind vor allem Berufsgymnasien verbreitet.
Kritisiert werden diese Bildungseinrichtungen, weil sie eher theoretisch als praktisch ausgerichtet sind, keine Anbindung an Unternehmen haben und über eine veraltete Ausstattung verfügen.
Das früher große Interesse an einem Studium im Bereich Ingenieurwissenschaften hat bereits mit der politischen Wende 1989/90 in Bulgarien deutlich nachgelassen.
Genau wie in Rumänien stellt auch in Bulgarien die hohe Abwanderung ein Problem dar. Viele junge Bulgaren gehen an eine Universität im Ausland, wo sie nicht selten im Anschluss an das Studium bleiben. Dabei ist Deutschland als Standort besonders beliebt.
Ausbildung- und Qualifizierungs-Initiativen
Derzeit sind deutsche Firmenvertreter in beiden Ländern zunehmend bemüht, selbst auszubilden.
In der rumänischen Stadt Brasov (Kronstadt) soll bis zum Herbst 2012 auf Initiative deutscher Wirtschaftsvertreter eine deutsche Fachschule entstehen, in der CNC-Fräser (CNC: Computerized Numerical Control) und Mechatroniker ausgebildet werden.
In Bulgarien haben beispielsweise der deutsche Haushaltsgerätehersteller Liebherr in der Nähe von Plovdiv und das Bekleidungsunternehmen Pirin Tex in Gotse Delchev (Südwest-Bulgarien) eigene kleine Berufsschulen gegründet. Initiativen im Bereich Ausbildung gibt es auch bei den Unternehmen Balkan Star und Lufthansa Technik in Sofia.
Qualifizierungsmöglichkeiten für junge Erwachsene ab 16 Jahren bieten außerdem fünf bulgarisch-deutsche Berufsbildungszentren, die mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gegründet wurden. Diese Bildungszentren befinden sich in Pleven (Bau, Holz), Pazardzhik (Marketing, Buchhaltung, Informationstechnologie), Stara Zagora (Metall-, Kraftfahrzeug-, Agrartechnik, Installationen), Tzarevo (Tourismus) und Smolyan (Bergtourismus).
Löhne in Bulgarien und Rumänien
Als Faustregel gilt, dass die Löhne in Bulgarien in den meisten Fällen noch etwas niedriger als in Rumänien liegen. Auch der gesetzliche Mindestlohn ist in Bulgarien etwas geringer. Er beträgt seit dem 1. Mai 2012 genau 290 Lewa beziehungsweise 148 Euro brutto (1 Euro = 1,9558 Lewa; fester Wechselkurs durch Currency Board).
In Rumänien erhält ein Arbeiter seit dem 1. Januar 2012 mindestens 700 Lei brutto; nach dem derzeitigen Wechselkurs entspricht das rund 155 Euro (1 Euro = 4,5275 RON; BNR-Wechselkurs vom 9.7.12).
In beiden Ländern sind Lebensmittelgutscheine übliche Zusatzleistungen.
Ein Vergleich statistischer Daten beider Länder ist nur begrenzt sinnvoll, da die Zahlen nicht selten angezweifelt werden. So liegt zwar die offizielle Arbeitslosenquote in Bulgarien mit rund 12,9 Prozent deutlich höher als in Rumänien mit rund 7,6 Prozent. Experten weisen allerdings darauf hin, dass sich in Rumänien längst nicht jeder ohne Arbeit arbeitslos meldet.