Hamburger Tierpark Hagenbeck schult Tierpfleger aus aller Welt

Elefanten-Management - Achtung, Rüssel schwenkt aus

 

Die "Elephant Management School" ist kein Kurs für dickhäutige Führungskräfte - hier schult der Hamburger Tierpark Hagenbeck Tierpfleger aus aller Welt. Erste Lektion: immer mit dem Riesenhintern zuerst.

 

Mogli kennt das Spiel schon und bleibt gelassen. Die 45 Jahre alte Elefantenkuh ist Übungsobjekt bei einem Lehrgang für Tierpfleger. Jetzt soll sie in einen Container, und Moglis riesiger Hintern muss zuerst hinein. Denn auf dem Stundenplan der Tierpfleger steht "Ver- und Entladung".

 

Die "First European Elephant Management School" feiert in diesem Jahr ihren zehnten Geburtstag. Was nach einer sonderbaren Weiterbildung für dickhäutige Manager und graue Firmeneminenzen klingt, ist ein Programm für Elefantenpfleger aus aller Welt. Jedes Jahr schult der Hamburger Tierpark Hagenbeck Pfleger im richtigen Umgang mit den Tieren. Im letzten Jahrzehnt waren 146 Teilnehmer aus 25 Ländern und 57 Zoos dabei.

 

Zwölf Tierpfleger, alle mit viel Erfahrung, stehen nun in einem Gang. Es stinkt tierisch, aber das beeindruckt sie nicht. Sie beobachten Dozent Roy Smith, wie er die vier Tonnen schwere Mogli nach draußen in den Container manövriert. Das geschieht mit dem Hintern zuerst. Vorwärts, sagt Smith, würden Elefanten mehr Widerstand leisten: "Niemand will in einen Container." Doch manchmal muss es sein. Etwa wenn Zoos untereinander Bullen austauschen, um Inzest zu vermeiden.

 

Die Kursteilnehmer lernen vor allem eines: Ohne technische Hilfe geht beim Verladen der grauen Giganten nichts. So ist der Container mit einer elektrischen Seilwinde ausgestattet; das Ende befestigt Roy Smith an Moglis rechtem Hinterbein. So kann das Tier nicht nach vorn ausbrechen, während er es zum Rückwärtsgehen animiert.

 

Stressige Transporte können zum Tod führen

 

Emma Evison, 26, schaut sich alles genau an. Sie ist aus Großbritannien vom Chester Zoo angereist. 1900 Euro kostet die Teilnahme am neuntägigen Elefantenkurs. Das Geld sei gut angelegt, findet Evison. Schließlich werde sie von renommierten Experten über alle Aspekte der Haltung unterrichtet, von der Pflege über die Ernährung bis hin zur medizinischen Behandlung. "Und der praktische Teil ist einmalig auf der Welt", sagt sie.

 

Nach ein paar Minuten steht Mogli im Container. Dozent Smith kettet ihr rechtes Hinter- und linkes Vorderbein an die Metallwände. "So kann sie sich während der Fahrt nicht umdrehen", erklärt er. Mogli bleibt gelassen. Als Übungselefant hat sie das schon oft trainiert. Bei anderen Elefanten kann die Prozedur allerdings Stunden dauern. Nun könnte ein Kran den Container auf den Lkw heben. Aber weil es nur eine Übung ist, darf Mogli wieder raus und stapft - diesmal mit dem Rüssel voran - zurück zu ihren Artgenossen ins Gehege.

 

Eine Fahrt von Zoo zu Zoo kann mehrere Tage dauern. Tierschützer kritisieren diese Transporte. Auch nachdem der beliebte Elefant Hussein im Sommer nach dem Transport von Hagenbeck nach Belgien an Herzversagen starb, gab es Kritik. Die Fahrt sei für den 40-jährigen Bullen zu stressig gewesen. Geschäftsführer Stephan Hering-Hagenbeck weist das jedoch zurück. Husseins Tod sei ein Unglücksfall gewesen. Die Transporte seien in der Branche üblich, fast nie komme es zu Komplikationen.

 

Und so wird bald ein neuer Bulle nach Hamburg kommen: Thisiam (15) aus dem polnischen Kattowitz. Auf ihn warten in Hagenbeck acht Kühe und zwei Jungbullen, alles Asiaten. Die Verladetechnik, sagt Dozent Smith, lasse sich auf asiatische und afrikanische Elefanten gleichermaßen anwenden. In den Zoos und Tierparks der zwölf Lehrgangsteilnehmer gibt es beide Gattungen.

 

Sie fühle sich nun gut vorbereitet, falls sie auch mal einen Elefanten verladen müsse, sagt Emma Evison. Bis zum Ende der "Elephant Management School" am Dienstag will sie mit Hilfe von Mogli noch mehr über die Dickhäuter lernen.


Quelle: Spiegel online, Karriere Spiegel, spiegel.de, 18.11.2012