Automobilindustrie in Rumänien gibt nochmal stärker Gas

Die internationale Automobilindustrie setzt weiterhin auf den Standort Rumänien. Bereits ansässige Unternehmen bauen ihre Aktivitäten aus. Mit der wieder stärkeren Nachfrage nach Arbeitskräften verschärfen sich allerdings auch wieder die Probleme bei der ohnehin schon seit Jahren schwierigen Suche nach Fachkräften.

 

Deutsche Kfz-Zulieferer weiten Produktion in dem südosteuropäischen Land deutlich aus

 

Die internationale Automobilindustrie setzt weiterhin auf den Standort Rumänien. Bereits ansässige Unternehmen bauen ihre Aktivitäten aus. Darunter sind vor allem deutsche Firmen. Daimler kündigte an, sein Getriebewerk in Sebes für 300 Millionen Euro zu erweitern. Bosch investiert an zwei Standorten. Continental errichtet ein Werk für Pumpenelemente im Kreis Brasov. Auch der italienische Reifenhersteller Pirelli investiert. Und Michelin (Frankreich) erwägt einen Werkausbau.

Die Automobilunternehmen und ganz besonders die zahlreichen Zulieferbetriebe bilden traditionell das Rückgrat der rumänischen Wirtschaft. Aufgrund der hohen Exportquote floriert die Branche unabhängig von der Entwicklung der Binnenkonjunktur. Die rumänische Kraftfahrzeug (Kfz)-Industrie profitierte als Ganzes gesehen sogar von der Finanz- und Wirtschaftskrise, die das Land im Herbst 2008 stark traf: Der Pkw-Absatz brach zwar aufgrund der schwachen Inlandsnachfrage komplett ein. Doch gleichzeitig führte die Krise dazu, dass viele Kfz-Zulieferer an ihren Produktionsstandorten in Rumänien festhielten.

Noch vor dem Beginn der Krise hatten sich die vor Ort produzierenden Betriebe aufgrund der damals zweistellig steigenden Lohnkosten zum Teil bereits nach günstigeren Standorten umgeschaut. Mit der Krise, die in Rumänien im Oktober 2008 einsetze, stagnierten plötzlich die Löhne. Damit wurde Rumänien für Kfz-Zulieferer wieder als Produktionsland attraktiver. Zusätzlich führten Probleme in Asien sowie in Nordafrika dazu, dass mitteleuropäische Automobilunternehmen wieder verstärkt auf eine geographisch näher gelegene Produktion - und damit auf Rumänien - setzten.

Die internationalen Zulieferbetriebe haben sich in den vergangenen Jahren auf mehrere Regionen in Rumänien verteilt: Besonders beliebte Standorte, die gerade für deutsche Unternehmen unter anderem auch aufgrund eines hohen deutschsprechenden Bevölkerungsanteils besonders attraktiv sind, befinden sich in West-Rumänien (unter anderem in den Kreisen Timis und Arad) und in Zentral-Rumänien (vor allem in den Kreisen Sibiu, Cluj, Alba und Brasov). Große deutsche Zulieferer wie Continental und Dräxlmaier sind mit mehreren Standorten in verschiedenen Regionen vertreten.

Im westrumänischen Timisoara (Kreis Timis) befindet sich unter anderem ein großes Continental-Reifenwerk, dessen Erweiterung vor kurzem abgeschlossen wurde. Ebenfalls in Timisoara übernahm Swoboda (Allgäu) im September 2012 den Hersteller von elektromechanischen Komponenten NewTec Innovation. Einer Pressemitteilung zufolge will Swoboda seinen Standort in West-Rumänien in den kommenden Jahren "deutlich ausbauen". Im Zentrum des Landes investieren derzeit beispielsweise Bosch, Continental und Daimler.

Zwei weitere Zentren der Automobilindustrie befinden sich in Pitesti/Mioveni, westlich der Hauptstadt Bukarest, und im südrumänischen Craiova. In Pitesti/Mioveni befindet sich die Produktion des rumänischen Exportschlagers Dacia. Das Dacia-Werk gehört seit etlichen Jahren zu 100 Prozent dem französischen Autobauer Renault. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Renault und Dacia hatte es bereits in den 1960er Jahren gegeben. Als diese zwischenzeitlich unterbrochen wurde, kooperierte Dacia nach der Wende für einige Zeit mit Peugeot (ebenfalls Frankreich).

Im südrumänischen Craiova (Kreis Dolj), wo seit Sommer 2012 der Ford B-Max vom Band rollt und Ford seine EcoBoost-Motoren produziert, hatte es früher ebenfalls eine Kooperation mit einem französischen Automobilbauer gegeben: In Kooperation mit Citroen entstand dort bereits vor der Wende der rumänische Automobilhersteller Oltcit. Zwischenzeitlich hatte Daewoo (Korea Republik) die Produktionsanlagen für einige Jahre übernommen, stieg dann aber aus angeblich finanziellen Gründen wieder aus dem Markt aus. Der US-Konzern Ford übernahm 2007/08 die bestehende Produktionsplattform.

Ford ist das beste Beispiel dafür, dass es auch während der mehrjährigen Wirtschaftskrise seit Herbst 2008 Investitionsprojekte in der vergleichsweise krisenresistenten rumänischen Automobilindustrie gab. Seit Anfang 2013 gibt die Branche aber wieder richtig Gas: "Wir bemerken seit Jahresbeginn wieder ein stark zunehmendes Interesse deutscher Automotive-Hersteller am Standort Rumänien", so die Branchenexpertin der Auslandshandelskammer (AHK) Rumänien, Iuliana Rusu, gegenüber Germany Trade & Invest.

 

Suche nach Fachkräften hat sich verschärft

 

Mit der wieder stärkeren Nachfrage nach Arbeitskräften verschärfen sich nun allerdings auch wieder die Probleme bei der ohnehin schon seit Jahren schwierigen Suche nach Fachkräften. Bereits seit mehreren Jahren kooperieren deutsche Unternehmen mit örtlichen Universitäten, um eine möglichst praxisnahe Lehre zu fördern. Berufsschulen nach deutschem Muster gab es bis vor kurzem gar nicht. In der jüngsten Vergangenheit entstanden aber auf Initiative deutscher Unternehmen erste Berufsschulen mit dualer Ausbildung.

Modellprojekte gibt es unter anderem in Brasov/Kronstadt, Timisoara und Carei. Diese Pilotprojekte reichen aber bei weitem nicht aus, um den Fachkräftebedarf der Unternehmen zu decken. Die Einführung eines dualen Berufsschulsystems befindet sich noch völlig am Anfang und erfordert vor allem sehr viel Eigeninitiative interessierter Firmen.

Sowohl in West- als auch in Zentral-Rumänien, wo es derzeit besonders viele neue Investitionsvorhaben gibt und der Personalbedarf entsprechend hoch ist, dürften die Löhne 2013 deutlich steigen.

"Es gibt bereits einige Orte mit quasi Null-Arbeitslosigkeit", weiß Iuliana Rusu von der AHK Rumänien. Der deutsche Kabelbauer Leoni will nach einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Ziarul Financiar" noch in diesem Jahr 500 Mitarbeiter im westrumänischen Arad einstellen. Das deutsche Unternehmen Bosch, das derzeit gleich an zwei Standorten investiert, veranstaltete aufgrund des hohen Personalbedarfs vor kurzem eine eigene Job-Messe in Cluj.

 

Fachrkäftemangel auch in Bulgarien

 

Auch das benachbarte Bulgarien gewinnt bereits seit einigen Jahren für deutsche Zulieferer an Bedeutung. Im Vergleich zu Rumänien spielt die Automobilindustrie in dem bevölkerungsärmeren Bulgarien aber in einer deutlich niedrigeren Liga.

Der Mangel an Fachkräften ist in beiden Ländern ähnlich. Deutsche Unternehmen in Bulgarien versuchen die Problem daher ähnlich zu lösen wie in Rumänien und sind derzeit ebenfalls dabei, eigene Berufsschulen zu gründen.


Quelle: Germany Trade & Invest GTAI, gtai.de, 15.05.2013