Optimismus deutscher Unternehmen im Baltikum setzt sich fort

Die Stimmung unter den in den baltischen Staaten aktiven deutschen Unternehmen ist auch Anfang 2014 wieder sehr optimistisch und setzt so den Trend der vergangenen drei Jahre fort. Dringender wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf besteht jedoch weiterhin in Bezug auf das Berufsbildungssystem.

Die anhaltend gute Wirtschaftslage und die weiterhin positiven Aussichten lassen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2014 schließen. Diese zuversichtliche Einschätzung überträgt sich auch auf die Beschäftigungs- und Investitionsabsichten der Unternehmer im laufenden Jahr.

Die Standortfaktoren Estlands, Lettlands und Litauens überzeugen aus Sicht der hier aktiven deutschen Unternehmen erneut auch im Vergleich zu anderen Ländern der Region. Dringender wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf besteht jedoch weiterhin in Bezug auf das Berufsbildungssystem. Dies ist das Fazit der diesjährigen Konjunkturumfrage der Deutsch-Baltischen Handelskammer in Estland, Lettland, Litauen (AHK Baltische Staaten), an der sich insgesamt 119 Unternehmen beteiligten.

Die aktuelle Wirtschaftslage in den baltischen Staaten wird von den hier aktiven deutschen Unternehmen im Frühjahr 2014 wieder mehrheitlich als gut oder befriedigend bewertet. Tatsächlich lag die wirtschaftliche Entwicklung aller drei baltischen Staaten auch 2013 wieder deutlich über dem EU-Durchschnitt.

Ein Drittel der befragten Unternehmensvertreter in Estland und knapp ein Viertel in Lettland bewerten daher die aktuelle Lage der lokalen Wirtschaft als gut. In Litauen fällt das Urteil sogar noch zuversichtlicher aus. Fast 60 Prozent der Unternehmer sind im Frühjahr 2014 mit der Konjunkturlage zufrieden.

Auch die weiteren Aussichten für die Gesamtwirtschaft werden von den hier aktiven deutschen Unternehmen mehrheitlich als gut bewertet. In Estland rechnet etwa ein Drittel der Befragten mit einer weiteren Verbesserung, in Lettland und Litauen sogar weit über die Hälfte.

Die überwiegende Mehrheit der Umfrageteilnehmer ist außerdem zufrieden mit der aktuellen Lage ihrer Branche und wie in den vergangenen drei Jahren auch erneut zuversichtlich in Bezug auf deren weitere Entwicklung. Hohe Zufriedenheit und Optimismus zeigt sich hierbei insbesondere in der Bauwirtschaft und im Dienstleistungssektor.

Wie in den Vorjahren bewerten die Unternehmen ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit erneut höher als die der eigenen Branche. In Estland und Lettland zeigt sich jeder zweite Unternehmer mit der Geschäftslage des eigenen Unternehmens zufrieden, in Litauen sind es sogar mehr als zwei Drittel der Befragten. Praktisch niemand schätzt die eigene Geschäftslage als schlecht ein. Außerdem gehen die Umfrageteilnehmer in allen drei Ländern mehrheitlich davon aus, dass das aktuelle Jahr eine weitere Verbesserung der eigenen Geschäftslage bringen wird.

Dabei profitieren die Unternehmen vor allem von der weiterhin stark zunehmenden Binnennachfrage. Insbesondere der Privatkonsum wurde in Estland und Lettland zum Wachstumsmotor Nummer Eins; in allen drei Ländern übertrifft er das gesamtwirtschaftliche Wachstum. Die Erwartungshaltung an das eigene Exportgeschäft ist unter den in den baltischen Staaten befragten Unternehmensvertretern im Vergleich zu den weiterhin sehr hohen Umsatzerwartungen für das laufende Jahr geringfügig verhaltener.

Die befragten deutschen Unternehmen gehen im laufenden Jahr in allen drei baltischen Staaten mehrheitlich von gleichbleibenden Investitionsausgaben aus. Trotz erwarteter Lohnsteigerungen planen sie außerdem auch in diesem Jahr wieder in Estland, Lettland und Litauen neue Arbeitsplätze zu schaffen. In Litauen will sogar fast jedes zweite befragte Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen – im Vergleich zu früheren Umfragen sind das mehr denn je.

Der aktuelle Optimismus in Bezug auf die weitere Entwicklung der Gesamtwirtschaft und des eigenen Geschäfts überträgt sich auch auf die diesjährige Beurteilung der Standortfaktoren. Hervorzuheben ist dabei die positive Bewertung des jeweiligen operativen Geschäftsumfeldes. Es ist erfreulich, dass Estland und Litauen im Vergleich mit anderen Ländern der Region Mittel- und Osteuropa insgesamt bei fast allen Standortkriterien auf den ersten Plätzen liegen und Lettland aus Sicht der hier tätigen Unternehmen ebenfalls überdurchschnittlich attraktiv ist.

Nachdem die deutschen Unternehmer mit der Euro-Einführung in Estland (2011) bereits gute Erfahrungen gemacht haben und die in Lettland aktiven Unternehmen seit Januar 2014 in ihrem ersten Jahr mit der europäischen Gemeinschaftswährung ebenso positive Auswirkungen auf ihre Geschäftstätigkeit erwarten, rechnen laut der diesjährigen Umfrage auch die in Litauen aktiven Unternehmen angesichts der dort geplanten Euro-Einführung zum 1. Januar 2015 in der Zukunft mit weiteren Vorteilen für ihren geschäftlichen Erfolg.

Ausgehend von einer damit einhergehenden Senkung der Transaktionskosten und der Erhöhung der Preistransparenz befürworten mehr als drei Viertel der Befragten den Beitritt zur Eurozone. Der positive "psychologische" Aspekt der Euro-Beitritte aller baltischen Staaten auf die Attraktivität bei Partnern und potentiellen Investoren ist dabei nicht zu unterschätzen.

Allerdings wird auch in diesem Jahr wieder deutlich, dass weiterhin Handlungsbedarf der Regierungen in Estland, Lettland und Litauen in Bezug auf die Transparenz der Verwaltungsorgane und die Prozesse öffentlicher Ausschreibungen sowie die Steuerlast und die Effizienz der Steuerbehörden besteht.

 

Praxis- und zukunftsorientierte Berufsausbildung bleibt Handlungsfeld

 

Aus Sicht der befragten Unternehmensvertreter bleiben außerdem die Arbeitsmarktbedingungen – und hierbei insbesondere die Verfügbarkeit von Fachkräften und das Berufsbildungssystem in Estland und Lettland und die Flexibilität des Arbeitsrechts in Litauen – dringendes wirtschaftspolitisches Handlungsfeld.

Die Einführung einer praxis- und zukunftsorientierten Berufsausbildung ist daher erneut der am häufigsten genannte Verbesserungsvorschlag der in den baltischen Staaten aktiven deutschen Unternehmer gegenüber den nationalen Regierungen.

"Die deutschen Unternehmen begrüßen die ersten konkreten Schritte der lettischen Regierung im Bereich Berufsbildung", so AHK-Geschäftsführerin Maren Diale-Schellschmidt anlässlich der Vorstellung der Umfrageergebnisse. "Im vergangenen Sommer unterzeichneten Deutschland und Lettland eine gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Als wichtiger Bestandteil dieser Erklärung wurde eine Expertenstelle in unserem AHK-Büro in Lettland eingerichtet, mit der wir in Zukunft die lokalen Partner und die deutsch-lettischen Unternehmen dabei unterstützen wollen, Elemente der dualen Berufsausbildung nach deutschem Vorbild einzuführen. Wir hoffen, dass dabei auch für Litauen und Estland entsprechende positive Signale ausgesendet werden."

Unter Berücksichtigung aller bisherigen Erfahrungen und der langfristigen Erwartungen an das Geschäft in den baltischen Staaten würden sich derzeit erneut 94 Prozent der befragten deutschen Unternehmer in Estland wieder für ihr Gastland als Investitionsstandort entscheiden, in Lettland sind es 81 Prozent und in Litauen 90 Prozent. Diese Einschätzung ist über die vergangenen zehn Jahre, das heißt auch in Krisenzeiten, weitestgehend konstant geblieben und spricht für die dauerhafte Attraktivität der baltischen Standorte.

Ausdruck verleihen diesem nicht zuletzt auch die Investitionen in die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbieter in Estland, Lettland und Litauen. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen gaben an, regelmäßig Mitarbeiterschulungen durchzuführen. Für mindestens die Hälfte der Unternehmen sind außerdem der regelmäßige Austausch im deutschen Mutterkonzern und Prämiensysteme wichtig.

"Die deutschen Unternehmen sind sich bewusst, dass sie mit diesen Maßnahmen zum einen dauerhaft attraktiv für ihre Mitarbeiter bleiben, zum anderen aber auch aktiv den Geschäftserfolg am Standort "Baltische Staaten" steigern können", erklärt Ingrīda Ķirse, AHK-Regionalpräsidentin für Lettland auf der Pressekonferenz zur Vorstellung der Umfrageergebnisse in Riga. "Diese Innovationsstärke und Anpassungsfähigkeit der hiesigen Unternehmen und der dahinterstehenden Mitarbeiter ist einer der Erfolgsfaktoren der dauerhaften Wettbewerbsfähigkeit und Krisenfestigkeit der Wirtschaftsstandorte Estland, Lettland und Litauen."

Konjunkturumfrage Baltikum

Die Deutsch-Baltische Handelskammer in Estland, Lettland, Litauen (AHK Baltikum) führt seit über 10 Jahren regelmäßig eine Umfrage zu den Investitionsstandorten Estland, Lettland und Litauen durch. 

Das Ziel ist, die Lage und Erwartungen der im bilateralen Geschäft mit Deutschland aktiven Unternehmen zu erfassen und die Positionen der deutschen Unternehmen in den baltischen Staaten zu bündeln und aufzubereiten.

Der Konjunkturbericht 2014 sowie ältere Umfragen stehen auf der Internetseite der AHK Baltikum kostenlos zum Herunterladen zur Verfügung.


Quelle: Deutsch-Baltische Handelskammer in Estland, Lettland, Litauen, Pressemitteilung 23.04.2014