"Flexibilität beim Lernen erfordert hohe Eigenverantwortung"
Lesen Sie das Interview über Vor- und Nachteile im Umgang mit Bildungsmodulen. Das Interview mit Hans-Peter Lämmle, Geschäftsführender Gesellschafter der CONSULTANT-NET Unternehmensberatung GmbH, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von xPORT 2/2024.
iMOVE: Herr Lämmle, bieten Sie Bildungsmodule an und welche Erfahrungen haben Sie gegebenenfalls damit gemacht?
Hans-Peter Lämmle: Bildungsmodule bieten eine flexible und leicht zugängliche Möglichkeit zur Weiterbildung. Sie sind besonders nützlich für berufstätige Personen, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern möchten, ohne lange Auszeiten von der Arbeit nehmen zu müssen. Die Module können in verschiedenen Formaten angeboten werden, wie etwa Online-Kurse, Webinare oder kurze Präsenzseminare.
Bildungsmodule, insbesondere solche, die digital verfügbar, in eine Lernreise eingebettet und von kurzer Dauer sind, erfreuen sich bei unseren Kundinnen und Kunden in der DACH-Region und insbesondere im arabischen Raum (Maghreb bis zu VAE) großer Beliebtheit. Dabei kommt es darauf an, dass die Lerndauer bei einem Onlinekurs maximal 90 Minuten beträgt, da die Konzentrationsfähigkeit am Bildschirm ab diesem Zeitpunkt signifikant nachlässt.
Als Alternative bieten wir kleine "Learning Nuggets" auch über unsere auf die Kundschaft zugeschnittenen Lernplattformen an, bei denen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Zeit für die Bearbeitung selbst einteilen können. Diese Module ermöglichen es den Teilnehmenden, große Lernziele, wie etwa unsere Managementausbildungen, die wir auf Englisch, Französisch sowie Italienisch anbieten und aktuell auch trainieren, in kleinen Schritten zu erreichen. Dieses Angebot bestand bereits vor der Pandemie.
In den vergangenen vier Jahren haben sich die Anteile in unseren Kursen auf rund 50 Prozent Präsenztraining und 50 Prozent Onlinetraining eingependelt. Diese Vorgehensweise hat bei unseren Teilnehmenden viele Befürworterinnen und Befürworter. Sie betonen die Vorteile der flexiblen Nutzbarkeit und Kombinierbarkeit der Lerneinheiten, die selbstbestimmtes und berufsbegleitendes Lernen optimieren können.
iMOVE: Eignen sich Bildungsmodule sowohl für die Aus- als auch die Weiterbildung?
Hans-Peter Lämmle: Ja, das tun sie. In der Ausbildung können sie spezifische Themen vertiefen und praxisnahes Wissen vermitteln. In der Weiterbildung bieten sie die Möglichkeit, sich schnell und gezielt in neuen Bereichen weiterzuqualifizieren oder bestehende Kenntnisse aufzufrischen. Wir verfolgen – je nach Bedarfslage − beide Strategien.
iMOVE: Gibt es Nachteile von kurzen "Lernhappen"?
Hans-Peter Lämmle: Auch hier ein klares Ja. Diese Nachteile lassen sich in den Stichworten Oberflächlichkeit, Fragmentierung und mangelnde Selbstdisziplin zusammenfassen. Konkret besteht die Gefahr, dass komplexe Themen nicht in der notwendigen Tiefe behandelt werden und dass das Lernen in kleinen Einheiten zu einer nicht ausreichend kohärenten Wissensbasis führen kann. Die hohe Flexibilität fordert auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Selbstdisziplin und die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, sind nicht bei allen Lernenden im gleichen Maße vorhanden.
iMOVE: Wie verhält es sich im Vergleich dazu mit langfristigen Bildungsmaßnahmen?
Hans-Peter Lämmle: Eine klassische Berufsausbildung oder unsere nach den Herstellerkriterien zertifizierten Managementausbildungsreihen bieten mehrere Vorteile. Sie ermöglichen eine tiefgehende und umfassende Ausbildung in einem Fachgebiet, sind also vorteilhaft im Hinblick auf Tiefe und Breite des vermittelten Wissens. Außerdem basieren sie auf einer vorgegebenen Struktur mit einem klaren Lernpfad und kontinuierlicher Unterstützung. Und schließlich sind langfristige Bildungsmaßnahmen und ihre Abschlüsse oft besser anerkannt und können zu höheren beruflichen Qualifikationen und Karriereaussichten führen.
iMOVE: Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung in diesem Bereich?
Hans-Peter Lämmle: Die Nachfrage nach flexiblen, digitalen Lernformaten wird voraussichtlich weiter steigen, insbesondere im Kontext des lebenslangen Lernens und der schnellen technologischen Entwicklungen. Es wird jedoch wichtig sein, eine Balance zwischen kurzen, flexiblen Lernmodulen und tiefgehenden, strukturierten Bildungsmaßnahmen zu finden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Lernenden gerecht zu werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl kurze Lernmodule als auch langfristige Bildungsmaßnahmen ihre Berechtigung haben. Die Wahl des geeigneten Formats hängt von den individuellen Lernzielen und Lernbedürfnissen ab.
iMOVE: Vielen Dank für das Gespräch.
- Das Interview führte Silvia Niediek.
xPORT 2/2024
Quelle: iMOVE