Neue Wege in der Ausbildung: Gastronom rekrutiert Lehrlinge aus Indonesien
Schwierige Zeiten erfordern kreative Maßnahmen: Thomas Fink, Inhaber eines Burger-Restaurants, rekrutiert aufgrund Personalnot seine Auszubildenden in Indonesien. Über zu wenig Personal kann er nun nicht mehr klagen.
Innovative Lösung für den Fachkräftemangel
Schwierige Zeiten erfordern kreative Maßnahmen: Thomas Fink, Inhaber eines Burger-Restaurants, rekrutiert aufgrund Personalnot seine Auszubildenden in Indonesien. Über zu wenig Personal kann er nun nicht mehr klagen.
Wer in das Double Six Diner im Donaueschinger Industriegebiet durch die Glastür marschiert, bekommt das Gefühl, sich in ein US-amerikanisches Schnellrestaurant an der Route 66 verirrt zu haben. Stilecht isst man in Essnischen auf roten Lederbänken, auch die Speisekarte bietet typisch amerikanische Gerichte, wie Burger, "Texas Wedges" oder Zwiebelringe.
Das Problem
Vor 25 Jahren eröffnete Thomas Fink das Double Six Diner im Donaueschinger Industriegebiet. Und von vorneherein war es ihm wichtig, auch selbst Nachwuchs auszubilden. "Das gehört einfach dazu, das ist auch die Verantwortung von Unternehmen", sagt er. Doch mit der Zeit stellte er fest, dass es immer schwieriger wird, Auszubildende zu finden, die in der Systemgastronomie oder in der Küche arbeiten wollen.
Zwar habe es ab und an noch Bewerber gegeben, aber: "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass einige nicht sehr motiviert waren", sagt Adrian Harbig, Betriebs- und Ausbildungsleiter. Viele Ausbildungsstellen können nicht besetzt werden. Wie deutschlandweit in vielen Branchen fehlen Bewerber.
In der Gastronomie blieben 2023 etwa 38 Prozent der Azubi-Stellen unbesetzt, so die jüngste Statistik des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesarbeitsagentur. Und mit Corona und damit einhergehenden temporären Betriebsschließungen haben auch viele Fachkräfte der Gastronomie den Rücken gekehrt.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sank die Anzahl der Beschäftigten in der Gastronomie nach Corona um 23,4 Prozent. Auch hiesige Gastronomen beklagen die Personalnot und müssen teilweise ihre Öffnungszeiten reduzieren, wie beispielsweise das Restaurant 'Zum Hirschen'.
Die Idee
Seit 40 Jahren ist Fink begeisterter Indonesien-Urlauber. Er kennt sich dort aus, kennt Land und Leute und hat sich dann 2018 über einen ihm bekannten Gastronom aus Ostdeutschland inspirieren lassen. Der hatte bereits Lehrlinge in Indonesien rekrutiert.
Doch der Aufwand ist enorm: Arbeitgeber müssen sich, wenn sie ausländische Lehrlinge rekrutieren, um Sprachnachweise, Einkommensnachweise, Visa und die Zustimmung der Arbeitsagentur für Arbeit kümmern. "Lange habe ich mich vor dem bürokratischen Aufwand gescheut", sagt Fink.
Die Umsetzung
Doch 2018 holt er dann den ersten Azubi aus Indonesien. "Das hat von vorneherein super funktioniert", sagt er. Sein erster Azubi aus Indonesien arbeitet heute noch bei ihm und ist fest angestellt. Über eine Sprachschule in Jakarta bekommt er pro Jahr zwei Bewerbungen zugestellt, jedes Jahr bildet Fink zwei Nachwuchskräfte aus, die auch hier die Berufsschule besuchen.
In Indonesien müssen die angehenden Azubis einen Sprachtest beim dortigen Goethe-Institut absolvieren, dann wird das Visum erteilt. In Donaueschingen angekommen, wohnen die Azubis in Wohngemeinschaften. Die Wohnungen werden von Fink zur Verfügung gestellt.
Luqman Rachmandhari, Fajar Muarrif und Firman Nurdiansyah werden derzeit bei Fink ausgebildet. Der 21-jährige Rachmandhani beispielsweise ist direkt nach seinem Schulabschluss und dem darauffolgenden Besuch der deutschen Sprachschule in Jakarta vor acht Monaten nach Deutschland gekommen. Er sieht die Ausbildung als Chance an.
Hier in Deutschland habe ich so viele Möglichkeiten, ich freue mich auf die Herausforderungen und die Erfahrungen.
Luqman Rachmandhari, Auszubildender
Zumal ihm die Liebe zur Gastronomie quasi in die Wiege gelegt worden ist: Er hat bereits als Jugendlicher im Restaurant seiner Eltern in Badung auf Bali mit angepackt.
Auch für den 23-jährigen Muarrif geht mit der Ausbildung in Deutschland ein Traum in Erfüllung. Vor zwei Jahren ist er hier angekommen.
Ich habe bereits in der Schule drei Jahre Deutsch gelernt und dass ich hier nun arbeiten und leben darf, ist einfach unglaublich.
Fajar Muarrif, Auszubildender
Das Fazit
Betriebsleiter Adrian Harbig hat selbst auch 2007 die Ausbildung im Double Six Diner absolviert. Er ist begeistert von seinen indonesischen Schützlingen.
Die sind motiviert, die wollen hier was erreichen, die wollen was lernen und sich weiterentwickeln, das merkt man.
Adrian Harbig, Betriebsleiter
Auch die Zahlen sprechen für sich: Ausnahmslos alle Nachwuchskräfte, die Fink seit 2018 aus dem Ausland rekrutierte, haben ihre Ausbildung zum Systemgastronom geschafft. Auch die Wirtschaftsförderung und der Fachkräfteallianz Schwarzwald-Baar-Heuberg sind auf den Zug mit aufgesprungen und werben nun aktiv in Indonesien um Nachwuchskräfte.
Muarrif und Rachmandhari wollen auch nach ihrer Ausbildung in Deutschland bleiben und bestenfalls sogar weiterhin im Double Six Diner arbeiten. "Also kann es hier nicht so schlecht sein", sagt Fink lachend.
Quelle: Südkurier, suedkurier.de, 12.02.2025