Russland: Fachkräfteausbildung in der Landwirtschaft – international, hochspezialisiert und digital

In der Berufsbildungskooperation mit Russland werden Ausbildungen als Land- und Baumaschinenmechatroniker*in und Landwirt*in verglichen. Ziel: Unterschiede erkennen, voneinander lernen und die Ausbildungsqualität verbessern. 

Danach werden Azubis die Prüfungen des anderen Landes absolvieren.

Fachkräfte mit hoher praktischer Kompetenz für einen sich stark veränderten Arbeitsmarkt zu gewinnen, ist das gewünschte Ergebnis der Ausbildung von jungen Menschen in Deutschland und Russland auch für die Berufe Landwirt*in und Land- und Baumaschinenmechatroniker*in.

Die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation (GOVET) berät im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) das Partnerland Russland bei der Entwicklung und Implementierung dualer Elemente in das russische Bildungssystem.

Die Mechanismen und Instrumente unabhängiger Prüfungen haben sich in der Russischen Föderation in vielen Berufen an deutsche Standards angenähert. Demonstrationsprüfungen, bei denen russische und deutsche Auszubildende Prüfungen nach den Bedingungen des jeweils anderen Landes absolvierten, wurden bereits erfolgreich im Friseurhandwerk und im Bereich KfZ-Mechatronik durchgeführt.

Seit Ende 2020 vergleichen Expertinnen und Experten die deutschen und russischen Ausbildungsordnungen für die Berufe Land- und Baumaschinenmechatroniker*in und Landwirt*in. Gemeinsame Erfahrungen bezüglich des Ausbildungsniveaus und der Qualität der Prüfungen werden dabei gesammelt. Ein Fokus liegt auf der zunehmenden Digitalisierung in beiden Berufsfeldern.

Die Analyse der praxisorientierten Ausbildungsordnungen in Deutschland und der Erfahrungsaustausch sollen in Russland zu einer zeitnahen Entwicklung und Anpassung der Ausbildungspraxis in diesen Berufen führen.

In den ersten Analyseschritten ließ sich feststellen, dass die Ausbildungsordnungen in Deutschland und Russland darauf abzielen junge Menschen auf die berufliche Tätigkeit vorzubereiten. Sowohl in Russland als auch in Deutschland dauert die Ausbildungszeit etwa drei Jahre und setzt einen mittleren Berufsabschluss voraus. In beiden Ländern gibt es die Möglichkeit, über eine Verlängerung der Ausbildungszeit jungen Menschen mit Defiziten in der Allgemeinbildung eine Ausbildung zu ermöglichen.

Auffällig ist, dass die russischen Ausbildungsordnungen einen hohen Zeitanteil für allgemein geisteswissenschaftliche und sozioökonomische Bildung vorsehen, der am Schluss der Ausbildung ebenso zeitaufwendig geprüft wird. Fachspezifische und berufsübergreifende 

Mehr Praxisbezug im Ausbildungsalltag

Die Ausbildungsordnung in den genannten Berufsfeldern in Russland entsprechen den Rahmenlehrplänen in Deutschland für den dualen Ausbildungsteil in der Berufsschule.

Der praktische Teil der Berufsausbildung wird über die Verordnung der Berufsausbildung mit dem Ausbildungsrahmenplan in Deutschland geregelt. In den Ausbildungsordnungen in Russland gibt es keine Hinweise zur Regelung der Ausbildung in den Betriebspraktika. Der Umfang der Betriebspraktika schafft in der Kürze der Zeit keine handlungsorientierte Befähigung bei den jungen Auszubildenden und erreicht somit das Ziel, Fachkräfte mit hoher praktischer Kompetenz für einen sich veränderten Arbeitsmarkt zu schaffen, noch nicht.

Die deutschen Expert*innen empfehlen die Erhöhung des Anteils in der realen Betriebsumgebung, damit ein verantwortungsvolles Handeln in der beruflichen Arbeit möglich ist. Die Betriebsleiter sollten über eine aktuelle Ausbilderqualifikation verfügen, um die Ziele aus dem Ausbildungsrahmenplan in Ausbildungssituationen zu gestalten und die Auszubildenden anzuleiten. Der digitale Fortschritt in der Technisierung zeigt sich im Betrieb schneller und konkreter und die Auseinandersetzung mit digitalen Tools in den Arbeitsprozessen sowie den gewonnenen Daten werden im Betrieb anschaulich verknüpft.

Die theoriegeprägte, schulbasierte Ausbildung in Russland schafft Wissen, allerdings sollte lernfeldbezogener Unterricht mehr allein die als fachwissenschaftliche Theorie sein. Vielmehr muss von Problemstellungen ausgegangen werden, um erforderliches Wissen für die berufliche Handlungsfähigkeit zu generieren. Die Weiterentwicklung der Ausbildungsordnung und die Entwicklung von Bildungscurricula an den Bildungseinrichtungen in Russland verändert die Ausbildung hin zum Handlungs- und Situationsbezug. Die Eigenverantwortund der Schüler*innen für ein erfolgreiches lebenslanges Lernen soll zudem gestärkt werden.

Future Skills für die Arbeitswelt von morgen

Die landwirtschaftlichen Prozesse sind hochkomplex. Durch den technischen Fortschritt, der mit großer Geschwindigkeit zunimmt, werden die Arbeitsvorgänge in der Landwirtschaft und im Bau- und Landmaschinensektor wissens- und kapitalintensiver. Daher muss neben einer sehr guten Ausbildung das Fort- und Weiterbildungsniveau weiter ausgebaut werden.

Der Vergleich der Ausbildungsordnungen zeigt sowohl für Deutschland als auch für Russland Weiterbildungsmöglichkeiten auf.

Für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen ist es von entscheidender Bedeutung technologische Fähigkeiten, digitale Grundfähigkeiten und klassischen Befähigungen bei Ihren Mitarbeitenden zu verknüpfen. Es genügt nicht, lediglich Mitarbeiter*innen zu beschäftigen, die "nur" einzelne, spezifische Fähigkeiten mitbringen. Die Herausforderung besteht darin, Personen so auszuwählen oder so zu qualifizieren, dass sie ein möglichst umfangreiches Bündel aller der für ihren Arbeitskontext relevanten "Future Skills" besitzen.

Es geht in der Ausbildung um die Entwicklung von Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit im umfassenden Sinne: Mit dem Erwerb beruflicher Kompetenz sollen Beschäftigte nicht nur flexibel einsetzbar sein, sondern auch dazu befähigt werden über den Arbeitsplatz hinaus gesellschaftliche Belange mit zu gestalten.

Die Demonstrationsprüfungen, die direkten Austausche der Ausbildenden und Auszubildenden sollen mit der praktischen Umsetzung am Ende 2021 in Deutschland und Russland stattfinden.


Quelle: GOVET - Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungskooperation, govet.international, 07.07.2021