Thüringen gegen den Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel bewegt die Arbeitswelt wie kein anderes Thema. Auch Thüringen muss sich diesbezüglich zukunftssicher aufstellen. Das bedeutet unter anderem auch, qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

Dabei helfen sogenannte Gewinnungsprojekte, die über den  Europäische Sozialfonds (ESF) Plus kofinanziert werden und darauf abzielen, Thüringer Arbeitgeber unterschiedlicher Branchen und interessierte (zukünftige) Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland zusammenzubringen.

Die Projekte sind über viele Branchen hinweg tätig – von der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, über Bau und Industrie bis hin zu Gastronomie und Hotellerie. Grundprinzip ist eine intensive Vorbereitungsphase der potenziellen Auszubildenden in ihren Heimatländern. Neben der Vermittlung fachlicher Basiskenntnisse beinhaltet dies beispielsweise einen Überblick über den Einreiseprozess, das duale Ausbildungssystem, das deutsche Sozialversicherungssystem und eine Aufklärung über die Rechte und Pflichten während einer Ausbildung oder Beschäftigung in Deutschland. Darüber hinaus werden Thüringer Landeskenntnisse vermittelt und in persönlichen Orientierungsgesprächen die jeweiligen Stärken und beruflichen Möglichkeiten herausgearbeitet. Grundlegende Sprachkenntnisse sind bei Aufnahme in die Gewinnungsprojekte bereits vorhanden.

Zehn Gewinnungsprojekte unterschiedlicher Träger sind zum 1. Januar 2023 in Thüringen erfolgreich gestartet. Sie werden anteilig aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus (60 Prozent), aus Landesmitteln (20 Prozent) und aus Eigenmitteln (20 Prozent) der beteiligten Unternehmen gefördert. Insgesamt fließen 6,7 Millionen Euro in die Maßnahmen. Über eine Laufzeit von drei Jahren (2023 bis 2026) sollen in bisher 19 Zielländern über 1.000 Menschen für eine Ausbildung oder Arbeitsaufnahme in Thüringen gewonnen werden, darunter auch Vietnam.

Der Internationale Fachkräfteservice Thüringen für die Sozialwirtschaft (IFTS) ist beispielsweise Teil des Paritätischen Thüringen und unterstützt im Rahmen der Gewinnungsprojekte thüringenweit Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft bei der Fachkräftegewinnung im Ausland. Aktuell werden im Rahmen des Projektes 30 Schülerinnen und Schüler in Vietnam auf ihre Ausbildung zur Pflegefachkraft in Thüringen vorbereitet (Ziel ist Ausbildungsstart 2024). Weitere 30 vietnamesische Auszubildende starteten am 1. September in ihr erstes Ausbildungsjahr zur Pflegefachkraft bei dreizehn unterschiedlichen Einrichtungen in ganz Thüringen. Es handelt sich dabei um ambulante Dienste, stationäre Einrichtungen und auch Krankenhäuser. Die Auszubildenden und Unternehmen werden bis zu einem Jahr nach Ausbildungsbeginn durch das Projekt begleitet. 13 vietnamesische Auszubildende starteten im September 2023 bereits in ihr zweites Ausbildungsjahr in Thüringen.

Begleitet wird die Reise daher auch von einer rund zehnköpfigen Arbeits- und Gesundheitsdelegation, in der Vertreterinnen und Vertreter von Sozialverbänden (LIGA, bpa), Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vertreten sind.

Dazu Arbeitsministerin Heike Werner: "Diese Projekte leisten einen wichtigen Beitrag, um dem Fachkräftemangel im Pflege- und Gesundheitswesen entgegen zu wirken. Und sie tragen vor allem dazu bei, dass die Menschen, die nach Thüringen kommen, eine gute Perspektive haben und auch hierbleiben wollen. Den geförderten Projekten liegen Qualitätskriterien zugrunde, die Fairness und Transparenz voraussetzen. Das heißt, die jungen Menschen werden intensiv und individuell auf ihre Arbeit in Thüringen vorbereitet. Denn sie müssen wissen, was auf sie zukommt, wenn sie diesen Weg beschreiten. Umso wichtiger ist es, die jungen Menschen auch nach ihrer Ankunft in Thüringen nicht allein zu lassen und ihnen dabei zu helfen, sich hier ein gutes Leben aufzubauen. Dazu brauchen sie Ansprechpersonen aus Thüringen an ihrer Seite. Deshalb werden auch Betreuungsstrukturen nach der Einreise in Thüringen gefördert."

Einen wesentlichen Beitrag zur Gewinnung von vietnamesischen Nachwuchs- und Fachkräften aus Drittstaaten bildet auch das Projekt "Vietnamesische Talente für Thüringen" (ViTa für Thüringen). "ViTa für Thüringen" ist eine vom Bildungswerk BAU Hessen-Thüringen e. V. (BiW) und in Kooperation mit der Handwerkskammer Erfurt sowie der Handwerkskammer Südthüringen initiierte Fachkräfteoffensive für die Thüringer Bauwirtschaft und das Handwerk. Neben qualifizierten Fachkräften liegt der Fokus insbesondere auf zukünftigen Auszubildenden, sogenannten "Young Professionals". Für das Projektjahr 2023 sind 50 Teilnehmende, gestaffelt bis Oktober 2023, eingereist.

Von besonderer Bedeutung ist im Kontext der Vietnamakquise auch das Fachkräfteprojekt der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen. Bereits im Jahr 2016 starteten die Südthüringer Wirtschaftskammern ein Pilotprojekt zur Gewinnung vietnamesischer Auszubildender für Thüringen. Auch in der inzwischen siebten Staffel kann durch das Thüringer Arbeitsministerium im Rahmen der ESF-Plus-Fachkräfte- und Weiterbildungsrichtlinie die sozialpädagogische Betreuung der vietnamesischen Auszubildenden mit bis zu 80 Prozent bezuschusst werden.

Um noch mehr Auszubildende aus Vietnam für Thüringen zu gewinnen, soll das Projekt ab Staffel Acht (Ausbildungsbeginn 2024) neu ausgerichtet werden. Anders als bisher sollen die vietnamesischen Jugendlichen zukünftig bereits vier Monate vor Ausbildungsbeginn mit dem B1-Sprachzertifikat einreisen. Das Thüringer Arbeitsministerium wird dann neben der sozialpädagogischen Betreuung auch die berufspraktische Schulung bezuschussen. Insgesamt sind 20 Ausbildungsbetriebe mit 50 Ausbildungsplätzen in 22 Ausbildungsberufen beteiligt. Für das Projekt ist im Rahmen der Delegationsreise nach Vietnam in Hanoi am 7. November 2023 die feierliche Unterzeichnung von Ausbildungsverträgen geplant. Die neuen Auszubildenden werden gemeinsam mit ihren Familien an der Festveranstaltung teilnehmen.


Quelle: Freistaat Thüringen, thueringen.de/themenportale/Vietnam, entdeckt: 25.11.2024