Bildungsforum Asien: Bildung als Prozess im Wandel
Rund 100 Teilnehmende erhielten beim Bildungsforum Asien am 28. März 2025 wertvolle Einblicke in aktuelle Trends und Entwicklungen der beruflichen Bildung in Deutschland und Asien. iMOVE veranstaltete das Event gemeinsam mit dem langjährigen Partner OAV – German Asia-Pacific Business Association bei Ernst & Young in Hamburg.

Von links nach rechts: Almut Rößner (OAV), Dr. Andreas Werner (iMOVE), Dr. Arnd Nenstiel (OAV), Ihre Exzellenz Yeezang De Thapa (Bildungsministerin von Bhutan), Ihre Exzellenz Dr. Harini Amarasuriya (Premierministerin von Sri Lanka), Olaf Riedel (EY), Birgit Thomann (BIBB)
Der Grundgedanke, dass Bildung eher eine Reise denn ein Ziel darstellt, stand im Mittelpunkt des Bildungsforums Asien 2025. Keynotes von ausgewiesenen Experten und hochkarätig besetzte Panel-Diskussionen stellten wesentliche Perspektiven und Lösungsansätze für sich wandelnde Bildungssysteme und Bildungsmärkte vor. Der Dialog zwischen Asien und Deutschland bot frische Ansätze für internationale Bildungskooperationen.
Die Veranstaltung startete mit Willkommensworten von Olaf Riedel (Ernst & Young - EY), Dr. Arnd Nenstiel (OAV) und Dr. Andreas Werner (iMOVE).
Nach der Begrüßung übernahmen Dr. Harini Amarasuriya, Premierministerin der Demokratischen Sozialistischen Republik Sri Lanka, und Yeezang De Thapa, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Technologie des Königreichs Bhutan, die folgenden Keynotes.
Sie beleuchteten unter anderem die demografische Entwicklung in ihren Ländern und die damit verbundene große Bedeutung der Weiterentwicklung und Modernisierung von Berufsbildung sowie die Herausforderungen und Chancen, die durch Industrie 4.0 und Zukunftstechnologien entstehen.
Die Premierministerin hob besonders hervor, dass viele junge Menschen in Sri Lanka den Wunsch hegen, Ärztinnen und Ärzte zu werden, jedoch auch angesichts der Erfordernisse des Arbeitsmarkts die Attraktivität anderer Berufswege gestärkt werden müsse. In Bezug auf das Thema Fachkräftegewinnung betonten beide Rednerinnen die entscheidende Rolle der Berufsbildung bei der gezielten Vorbereitung junger Menschen auf die sich wandelnden lokalen und internationalen Arbeitsmärkte.
Panel 1: Passgenaue Bildungsangebote
In der ersten Paneldiskussion zu "Herausforderungen und Chancen für deutsche Bildungsanbieter in Asien", moderiert von Silvia Niediek (iMOVE), ging es zentral um die erfolgreiche Zusammenführung der wirtschaftlichen Bedarfe mit passenden Bildungsangeboten.
Alok Kumar von der National Skill Development Corporation (NSDC) International informierte über die sich wandelnden Rahmenbedingungen der Ausbildung in Indien, während die deutschen Bildungsanbieter Jan Heinze (Heinze Akademie) und Dr. Daniel Büttner (Colcons) ihre Erfahrungen in asiatischen Märkten schilderten.
Dabei wurde deutlich, dass Regierungen zunehmend in berufliche Bildung investieren, Ausbildungsstätten modernisieren und auch die Ausbildung der Trainerinnen und Trainer auf den neuesten Stand bringen. Dabei kommen auch deutsche Anbieter zum Einsatz.
Der duale Bildungsansatz gilt in vielen Ländern Asiens als modellhaft, scheitert in der Umsetzung aber leider oft an bürokratischen Hindernissen. Weitere Herausforderungen sind der ausgeprägte Wettbewerb im internationalen Bildungswesen, finanzielle Erwägungen, politische Spannungen und der sorgfältige Vertrauensaufbau vor Ort.
Panel 2: Bildungsbedarfe in Schlüsselindustrien
Das zweite Panel drehte sich um die "gemeinsame Ausbildung für Schlüsselindustrien", moderiert durch Enrico Rühle (Smart Industry Campus).
Yeezang De Thapa erläuterte ausführlich ein Entwicklungsprojekt in Bhutan, das Wirtschaftswachstum mit Achtsamkeit, ganzheitlichem Leben und Nachhaltigkeit verbindet. Inhaltlich soll es handwerkliche Kunst bewahren und gleichzeitig Entwicklungsinitiativen integrieren. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf einem nationalen Transformationsprogramm, das seit 2024 darauf abzielt, die Jugend Bhutans mit beruflichen Fähigkeiten für eine erfolgreiche Zukunft auszustatten. Über 7.000 junge Menschen haben davon bereits profitiert.
Tuan Haji Ahmad Solihin Mohamed Yusoff (German-Malaysian Institute, GMI) hob hervor, dass die über 700 deutschen Unternehmen, die in Malaysia tätig sind, eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Technologien und der Ausbildung qualifizierter Fachkräfte spielen. Mit ihnen kooperiert auch das GMI, das er leitet.
Azrina Binti Hashim von der Malaysian Investment Development Authority (MIDA) erläuterte den dringenden Bedarf von 20.000 Fachkräften in der Halbleiterindustrie ihres Landes, der bis 2030 nur gedeckt werden kann, wenn es gelingt, die Attraktivität der beruflichen Bildung zu steigern.
Tobias Bolle von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) betonte, dass der privatwirtschaftliche Sektor stärker in die Entwicklung von Ausbildungs-Curricula eingebunden werden sollte, um die schnellere Aneignung von Fähigkeiten zu ermöglichen. International müsse der Fokus zunehmend auf einer marktorientierten Gestaltung liegen. In diesem Zusammenhang unterstrich er die Bedeutung von Upskilling und Reskilling, um Fachkräfte schnell auf die Veränderungen der Arbeitswelt vorzubereiten.
Panel 3: Digitale Infrastruktur für multidimensionales Lernen
Das dritte Panel diskutierte, "wie die Berufsbildung den digitalen Wandel aktiv mitgestalten kann".
Dr. Nader Imani (Festo Didactic) wies darauf hin, dass nicht alle Menschen weltweit Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung haben, weil oft die entsprechende Infrastruktur fehlt. Er betonte, wie digitales Lernen und Lehren Nationen und Industrien dabei unterstützen kann, kompetenzbasierte Bildung zu vermitteln und mit den aktuellen industriellen Trends Schritt zu halten. Die Multidimensionalität des digitalen Lernens bietet nach seinen Worten zahlreiche Vorteile, die es ermöglichen, auf das Erreichen des Nachhaltigen Entwicklungsziels 4 der "Hochwertigen Bildung" bis 2030 hinzuarbeiten.
Samuel Siahaan von der Deutsch-Indonesischen Alumni-Vereinigung ALJERIN wies auf die erhebliche Diskrepanz zwischen der IT-Ausstattung an Bildungseinrichtungen und den Anforderungen der Industrie in seiner Heimat hin. Dies stellt aus seiner Sicht besonders für die Jugend, die mit digitalen Medien aufgewachsen ist, ein großes Problem dar und mindert die Attraktivität des Lernens.
Florian Huber von EY nahm das Thema Künstliche Intelligenz (KI) auf und betonte ihre wachsende Bedeutung in der heutigen Arbeitswelt. KI könne nicht nur die Produktivität in verschiedenen Industrien revolutionieren, sondern stelle einen Schlüsselbereich für die Weiterentwicklung von Bildungsangeboten dar.
Abschließend fasste Moderator Dr. Norbert Völker vom Didacta-Verband zusammen, dass angesichts der Unvorhersehbarkeit technologischer Entwicklungen und sich wandelnder Anforderungen der Arbeitswelt flexibles Lernen unerlässlich ist. Wichtig ist nach seinen Worten auch die Anerkennung und Integration informell erworbener Kompetenzen und Kenntnisse. Zudem machte er darauf aufmerksam, dass Upskilling entscheidend ist, um Menschen und Gesellschaften nachhaltig auf die Zukunft vorzubereiten.
Panel 4: Faire Fachkräftemigration
Im vierten Panel ging es um "faire Migration". Der Fokus lag auf Modellen und Erfolgsbeispielen, bei denen die Beteiligten sowohl in den Herkunfts- als auch den Zielländern von der Migration profitieren können. Zudem wurden mögliche Strategien angesprochen, um Fachkräfte in Deutschland zu halten.
Nils Haupt von Hapag-Lloyd berichtete, dass sein Unternehmen als international tätige Organisation keine nennenswerten Schwierigkeiten mit Sprachbarrieren kennt, da die Kommunikation konzernweit größtenteils auf Englisch stattfindet. Als Modell der Fachkräftegewinnung stellte er ein "Rundum-Sorglos-Paket" vor, bei dem die Fachkräfte vom ersten Kontakt mit Hapag-Lloyd bis zu ihrem Einstieg in die Arbeitswelt in Deutschland umfassend betreut werden. Besonders betonte er, dass Hapag-Lloyd großen Wert auf kulturelle Vielfalt und Diversität legt. Ein Beispiel dafür ist, dass alle wichtigen nationalen Feiertage der Mitarbeitenden gefeiert werden. Darüber hinaus finden regelmäßig außerbetriebliche Aktivitäten und Veranstaltungen statt, um das Gefühl von Zugehörigkeit zu fördern.
In diesem Zusammenhang plädierte Birgit Thomann vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) für ein realistisches Erwartungsmanagement, also den potenziellen Auszubildenden und Fachkräften im Vorfeld ihrer Einreise nach Deutschland klar ihre Möglichkeiten und Herausforderungen zu vermitteln. Fachkräftemobilität und Fachkräftegewinnung spielten auch für die Abteilung Berufsbildung International des BIBB eine wachsende Bedeutung. Die deutsche Aus- und Weiterbildungsbranche, die iMOVE seit Jahren unterstützt, sei international hervorragend vernetzt. Diese Netzwerke sollten gezielt genutzt werden, um internationale Talente mit deutschen Unternehmen zusammenzubringen.
Kathrin Junken vom Nepal Secretariat of Skills and Training stellte den Triple-Win-Ansatz vor, der bei der Fachkräftegewinnung sowohl jungen Nepalesinnen und Nepalesen als auch lokalen und deutschen Unternehmen nutzt. Die Initiative legt den Fokus auf die berufliche Aus- und Weiterbildung von Menschen aus einkommensschwachen Verhältnissen, die oft nur begrenzten Zugang zu Bildung und Qualifikationsmaßnahmen haben. Ziel sei es außerdem, ein starkes Ökosystem für duale Berufsbildung in Nepal zu etablieren, das Karrieremöglichkeiten schafft.
In der von Sören Konaretzki (OAV) geleiteten Diskussion kam auch zur Sprache, dass die Familienangehörigen der Migrierenden berücksichtigt werden müssen. Es reiche nicht aus, nur die Fachkräfte selbst zu unterstützen, etwa durch Sprachkurse und Integrationsmaßnahmen – auch ihre Partnerinnen, Partner und Familien müssten in den Integrationsprozess einbezogen werden, wenn sie eine langfristige Bleibeperspektive entwickeln sollen.
Weitere Faktoren für die erfolgreiche Fachkräftemigration seien eine weitere gestärkte Willkommenskultur und die weitere Erleichterung der Anerkennung von Qualifikationen und Bildungsabschlüssen sowie eine politisch langfristig stabil gestaltete Migrationspolitik in Deutschland.
Spotlights
Zwischen den Panels boten zwei Experten-Spotlights wichtige Informationen.
Christian Oelfke vom Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) erläuterte die jüngsten Aktivitäten in Sachen Bürokratieabbau und die fortlaufenden Bemühungen seiner Organisation zur Optimierung der Verwaltungsprozesse. Besonders im Fokus standen die laufenden Reformen im Visaverfahren, die eine spürbare Steigerung der Effizienz versprechen. Mit digitaler Unterstützung sollen im laufenden Jahr 130.000 Visaanträge bearbeitet werden.
Arunachalam Karthikeyan (iMOVE-Kontaktstelle in Indien) berichtete von der Absicht Indiens, das Qualifizierungszentrum der Welt zu werden und dabei die zehn bis zwölf Millionen jungen Menschen einzubeziehen, die alljährlich in Indien die Schule abschließen. Viele von ihnen möchten eine berufliche Karriere in Deutschland verfolgen und wünschen sich die Entwicklung eines Modells für die faire und ethische Mobilität in Richtung Deutschland. Dabei bedarf es insbesondere eines Ausbaus der Sprachlernangebote mit Hilfe deutscher Anbieter.
Fazit und Ausblick
Das Bildungsforum Asien zeigte einmal mehr, dass der Austausch von Erfolgsbeispielen und die Entwicklung gemeinsamer Strategien auch in Zukunft von zentraler Bedeutung für die Stärkung globaler Wettbewerbsfähigkeit und für die nachhaltige Rekrutierung von Fachkräften sein werden. Es wurde auch deutlich, dass die Privatwirtschaft durch passgenaue Qualifizierungen und fair gestaltete Rekrutierungsbedingungen den Erfolg internationaler Fachkräftemobilität entscheidend mitgestalten kann.