IST International GmbH: Ausbildung von Sportmanagern und Fitnesstrainern in China

Der Sportwissenschaftler Dr. Hans E. Ulrich (im Bild: Mitte) ist Geschäftsführer des IST-Studieninstituts in Düsseldorf. Er hat für IST in Shanghai ein zweites Standbein aufgebaut. Mit ihm sprach DIE-Redakteur Dr. Peter Brandt über kleine Fortschritte und geplatzte Hoffnungen beim Versuch, Weiterbildung im fernen Ausland anzubieten.


DIE: Herr Ulrich, was macht IST in Shanghai?
Ulrich: 2008 findet die Olympiade in China statt. Das Land erlebt einen regelrechten Sport- und Fitnessboom. Wir bilden dort überwiegend Sportmanager und Fitnesstrainer aus.

DIE: Welche Angebote machen Sie dort?
Ulrich: Neben Kursen für Sportmanager, Fitnessmanager und Fitnesstrainer haben wir auch Kursangebote für Eventmanager, Tourismusmanager und Golfmanager im Angebot. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Präsenzseminare, die mit auf Chinesisch übersetzten Lehrheften aus unserem Fernunterricht in Deutschland ergänzt werden. Die Unterrichtssprache ist entweder Chinesisch oder Englisch.

DIE: Wie ist die organisatorische Struktur? Arbeiten Sie mit einem festen chinesischen Partner zusammen?
Ulrich: Damit sind wir kläglich gescheitert. Das war unser erster Versuch, im Land Fuß zu fassen. Im Jahr 2004 wollten wir ein Joint Venture mit einem einheimischen Anbieter eingehen. Das wäre aber zu schwerfällig und zu teuer gewesen. Allein für die Beteiligung am Joint Venture hätten wir 200.000 Dollar aufbringen müssen. Dann sollte ein monströses »Board of Directors« eingerichtet werden, das aus den verschiedensten Gruppierungen in dieser Firma bestand, ständig tagen und vor lauter chinesischer Regulierungswut die kleinste Kleinigkeit entscheiden sollte. Die Genehmigung selbst zu erhalten hätte auch mindestens ein Jahr gedauert. 2005 haben wir einen Schlussstrich gezogen.

DIE: Und jetzt?
Ulrich: Wir haben vor Ort ein Tochterunternehmen, eine chinesische Ltd., gegründet, ein Büro in einem Wolkenkratzer angemietet und kooperieren für unterschiedliche Projekte mit ausgesuchten Partnern. Der Unterschied zum Joint Venture ist: Wir behalten die Rechte an unseren Kursen und Lehrwerken, können selbst entscheiden und bringen die Inhalte über eine Art Franchise-System von Bildungspartnern an den chinesischen Mann und die chinesische Frau. Die Gründung einer eigenen Tochterfirma war nötig, weil die Ansiedlung vor Ort die Voraussetzung ist, um Profit zu machen. Es ist anders unmöglich, Geld aus China herauszuholen.

DIE: Wer sind die Lernenden?
Ulrich: Das sind junge Leute, die entweder schon in der Branche arbeiten und sich weiterbilden wollen oder die sich in diesen Zukunftsbereichen einen Job versprechen.

DIE: Wo kommen die Lehrkräfte her?
Ulrich: Zum Teil aus Deutschland – dabei handelt es sich überwiegend um unsere eigenen Lehrkräfte – oder aus China. Die Kräfte von dort müssen zunächst von uns geschult werden. Die Deutschen unterrichten auf Englisch und werden von einem Interpreter unterstützt.


DIE: Vor welchen interkulturellen Barrieren stehen die deutschen Lehrkräfte?
Ulrich: Das ist halb so wild. Natürlich trifft man das eine oder andere Fettnäpfchen, aber wir halten es nicht für nötig, unsere Mitarbeiter, die für einige Zeit nach China gehen, vorab in interkulturelle Trainings zu schicken.

DIE: Lernen Chinesen anders als Deutsche?
Ulrich: In China sind die Menschen gewohnt, Dinge nur theoretisch zu lernen. Wie in der Schule neigen auch in unseren Fortbildungen die Teilnehmenden dazu, alles mitzuschreiben. Wenn unsere Trainer hier mehr auf Anwendung hin agieren, so wird das aber trotz der Fremdheit des Zugangs positiv aufgenommen. Ganz wichtig ist, dass die Lehrkräfte die Autoritätenrolle annehmen, die ihnen die chinesischen Lerner zuschreiben. Das Schlimmste für die Lerner wäre, die Trainer begegneten ihnen als Kumpel. Keine ganz leichte Aufgaben, wenn Sie bedenken, dass wegen der Sprachbarriere ja immer nur der Interpreter direkt mit den Lernern zusammenarbeitet.

DIE: Wie haben Sie sich als Unternehmen auf den Schritt vorbereitet?
Ulrich: Hier konnten wir auf die Hilfe von iMOVE zählen. Deren Erschließungsarbeit war wirklich zweckmäßig. Auf die Unternehmerreise sind damals dreizehn Bildungsanbieter gegangen. Übrig sind davon jetzt nur noch zwei. China war übrigens unser erster Versuch, im Ausland Märkte zu erschließen.

DIE: Lockt in China goldener Boden?
Ulrich: Die 1,3 Milliarden Einwohner und ein Wachstum von acht, neun Prozent, das ist schon ein Faszinosum. Klar war, wir wollten zum Markt hingehen. Aber China wird überschätzt: ILS (Institut für Lernsysteme, ein großer Fernstudienanbieter, Anmerkung der Redaktion) zum Beispiel hat nach zwei Jahren die Segel gestrichen. Kurzfristig geht in China gar nichts, man muss einen langen Atem haben.

DIE: Rechnet sich der Aufwand denn inzwischen?
Ulrich: Die Kaufkraft des Euro in China ist die eine Seite: Für einen Euro bekommt man dort, was hier fünf Euro kostet. Der Nachteil ist: Ein Student zahlt dort für einen Jahreskurs Berufsfachschule inklusive Übernachtungsmöglichkeit nur umgerechnet 1.600 Euro. Für ihn ist das viel. Ob das für uns viel oder wenig ist, hängt davon ab, welche Kosten unsere deutschen Lehrkräfte im Ausland verursachen. Würden sie dauernd hin und her reisen, würden wir langfristig draufzahlen. So haben wir eine Konstruktion, dass sie über längere Blockzeiten in China bleiben. Die nötige Arbeitserlaubnis erhalten sie nur, weil wir eine Firma vor Ort besitzen und weil die Lehrkräfte »Trainer« sind und nicht »Lehrer«. Für Bildung gibt es ein Staatsmonopol.

DIE: Wer sind Ihre Konkurrenten?
Ulrich: Briten, Amerikaner und Australier. Man muss ständig Angst haben, dass die eigenen Arbeiten kopiert werden – egal ob Konzepte, Lehrhefte oder gar Zertifikate. Aber Deutschland steht hoch im Kurs, was Bildung angeht. Gerade wegen der dualen Berufsausbildung. Jetzt nach der Wahl schaut China aber kritisch, wie sich die deutsche Politik entwickelt. Die Vorgängerregierung war ja sehr China-freundlich.

DIE: Welches sind Erfolgsfaktoren?
Ulrich: Im Wesentlichen bedarf es eines gesunden Selbstvertrauens und einer gewissen Risikobereitschaft. Und Sie brauchen Übersetzer – ob Sie Fuß fassen oder nicht, hängt von Ihren Kommunikationsmöglichkeiten ab. Englisch ist ein Muss, obwohl es Ihnen beim Taxi auch nicht hilft. In Shanghai kann kein Taxifahrer Englisch. Nehmen Sie unbedingt einen Sprachkundigen mit auf Ihre Reise. Es gibt die professionellen Übersetzer, aber die meisten sind teuer, verstehen wenig und lächeln dauernd. Wir hatten großes Glück, weil wir unsere Übersetzerin schon aus Deutschland mitbrachten. Sie hat mit mir alle Verhandlungen geführt und fungiert stets als Interpretin. Vertrauen ist hier die wichtigste Grundlage. Sie hält auch die Verbindung zu unserem chinesischen Rechtsbeistand. Der Handlungsspielraum von deutschen Juristen ist äußerst gering, und die üblichen chinesischen Rechtsberater sind teuer und übernehmen nur Vermittlungsaufgaben. Da ist es wichtig, über die richtigen Kontakte zu entscheidungsbefugten Einheimischen zu kommen.

DIE: Wie oft sind Sie persönlich in Fernost?
Ulrich: Ich bin jeden Monat eine Woche in China. Und das ist noch wenig. Ich kenne Kollegen, die in vergleichbarer Situation monatlich drei Wochen dort sind. Den Chinesen ist es wichtig, das Gesicht des Repräsentanten zu sehen. Genauso wie die deutschen Lehrkräfte repräsentieren wir in deren Augen das deutsche Bildungssystem.

DIE: Ihre nächsten Projekte?
Ulrich: Im Sommer stehen im Rahmen unserer Testphase ein Vollzeitkurs und ein Blended-Learning-Angebot an. Dann werden wir sehen, ob sich unsere Arbeit konsolidiert.

DIE: Dafür viel Glück. Und danke für das Gespräch.


Autoren:
Dr. Peter Brandt, Redaktionsleiter der Zeitschrift DIE; Dr. Hans E. Ulrich, Geschäftsführer IST-Studieninstitut

Quelle:
DIE – Zeitschrift für Erwachsenenbildung, Ausgabe II/2006; Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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IST in Düsseldorf bietet seit 1989 Aus- und Weiterbildungen in den Bereichen Sport, Tourismus, Fitness und Wellness an. Das Programm reicht von staatlich zugelassenen Fernstudiengängen mit ergänzenden Praxisseminaren bis hin zu Weiterbildungskursen für öffentlich-rechtliche Berufsabschlüsse. Ein Team von 30 Mitarbeitern berät und betreut derzeit 1.800 Studierende.

Das Schwesterinstitut IST International GmbH beschäftigt sich seit seiner Gründung im Jahr 2004 mit der internationalen Vermarktung des Studienangebotes. Die Niederlassung in Shanghai (IST Sports & Leisure Management and Consulting Co., Ltd.) pflegt in diesem Zusammenhang einen engen Kontakt mit chinesischen Hochschulen und Lehrinstituten.

IST International versteht sich zudem als Partner von deutschen Unternehmen aus den Bereichen Sport, Gesundheit und Touristik, die sich für den chinesischen Markt interessieren und auf der Suche nach Beratung und Kontakten sind.