Energieeffiziente Gebäudesanierung in Kasachstan

Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) e. V. • Lernmodule für technisches und Verwaltungs-Know-how

Mann erklärt einigen Personen eine technische Apparatur

Im kasachischen Bausektor werden bislang kaum energieeffiziente Technologien genutzt, weder im Neubau noch bei der Sanierung von Wohnungen. Etwa 32 Prozent aller Gebäude, die größtenteils noch zu Sowjetzeiten gebaut wurden, sind wegen ausgebliebener Sanierungsmaßnahmen in einem desolaten Zustand.

Der Wohnungssektor ist in Kasachstan mit rund 40 Prozent Hauptabnehmer für Wärmeenergie. Der Wärmeverbrauch kasachischer Plattenbauten ist mit 240 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr etwa doppelt so hoch wie der europäische Durchschnitt. Im Vergleich zu sanierten Plattenbauten in Ostdeutschland verbrauchen Häuser in Kasachstan etwa drei- bis viermal so viel Energie.

Fast alle Plattenbauwohnungen wurden direkt nach dem Ende der Sowjetunion privatisiert: Die Wohnungseigentümerquote in Kasachstan beträgt 97,6 Prozent. Doch effizient arbeitende Selbstverwaltungsstrukturen, die sich um Installation, Betrieb, Erhalt und Sanierung gemeinsam genutzter kommunalwirtschaftlicher Anlagen im Bereich der Elektrik, Wasserver- und Entsorgung, Kanalisation, Gasversorgung oder Kommunikationsnetze in den Mehrfamilienhäusern kümmern, gibt es praktisch nicht. Weniger als zehn Prozent der Wohnungseigentümer sind überhaupt in Selbstverwaltungsstrukturen organisiert. Ihnen fehlt das Fachwissen zur zielorientierten Verwaltung einer Eigentümergesellschaft. Wohnungsverwaltungsgesellschaften, Ingenieurbüros und ausführenden Bauunternehmen mangelt es am Know-how zur technischen Planung und Durchführung einer energetischen Gebäudesanierung.

Inzwischen hat die kasachische Regierung weitreichende Reformen sowohl im Bereich Energieeffizienz als auch bei der Berufsbildung begonnen.

Im September 2010 verabschiedete kasachische Regierung das "Branchenprogramm für die Modernisierung der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft bis zum Jahre 2020". Damit soll vor allem die zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildung für Beschäftigte in der Wohnungswirtschaft, sowohl in der Verwaltung als auch in der Bauwirtschaft, sichergestellt werden. Bis 2020 braucht das Land für die Entwicklung einer energieeffizienten Wohnungswirtschaft schätzungsweise rund 5.000 Spezialisten mit höherer Bildung und knapp 10.000 Technikerinnen und Techniker sowie Handwerkerinnen und Handwerker. Für die erste Etappe von 2011 bis 2015 wurden Finanzmittel in Höhe von rund 1,38 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

Die Reformen haben den Weg für die Entwicklung einer Weiterbildung zum Gebäudesanierungsmanager mit Schwerpunkt Energieeffizienz gebahnt. Das Training wurde von der deutschen Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) e. V. aus Berlin konzipiert und durchgeführt. In der IWO, die ähnliche Weiterbildungsprojekte bereits im Baltikum und in der Ukraine erfolgreich realisiert hat, engagieren sich zahlreiche Unternehmen der deutschen Bauwirtschaft.

In Kasachstan mit dabei sind die IWO-Mitglieder Viessmann Werke GmbH & Co. KG, europäischer Marktführer für Heiztechnik, die Lacufa GmbH Lacke und Farben, die das Nordosteuropa-Geschäft des Baufarben- und Dämmsystemherstellers DAW über Distributeure betreibt, und die Profine GmbH, Weltmarktführer für Kunststoff-Profile in Fenster- und Türensystemen.

Gemeinsam mit dem kasachischen Zentrum für die Entwicklung und Modernisierung der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft und der internationalen Berufsakademie Turan-Profi in Kasachstan sowie mit Unterstützung eines Energieeffizienz-Projekts des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) haben die deutschen Partner eine Weiterbildung inklusive Curriculum entwickelt. Dazu haben die im Projekt beteiligten deutschen Unternehmen ein Lehrkabinett an der Akademie "Turan-Profi" eingerichtet.

Durch die Weiterbildung können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wohnungsbau-Behörden, Bauunternehmen und Wohnungsverwaltungen auf den neuesten Stand von Technik und Management für die moderne, energieeffiziente Sanierung von Wohnhäusern gebracht werden.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Weiterbildung lernen alle Facetten der energieeffizienten Gebäudesanierung kennen. Dazu wurden sechs Kursmodule entwickelt, die als voller Kurs mit einer Dauer von drei Monaten oder als Fachseminare mit einer Dauer von einem Tag bis zu zwei Wochen angeboten werden. So können einzelne Module belegt oder verschiedene Themen aus mehreren Modulen kombiniert werden.

Die einzelnen Module decken das Projektmanagement von Sanierungsvorhaben ab, aber auch die Planung und Umsetzung, die Sanierung von Fassaden und Eingängen, das Energieaudit, die Kommunikation, Abstimmungsverfahren und die Finanzierung sowie Pilotprojekte und Beispiele aus der Praxis.

Die Umsetzung des Weiterbildungslehrgangs hat rund 400.000 Euro gekostet. Realisiert wurde sie durch eine Public Private Partnership (PPP). Rund die Hälfte der Kosten übernahm das deutsche develoPPP-Programm. Darüber unterstützt die Bundesregierung deutsche Unternehmen bei der Umsetzung von nachhaltigen Projekten im Ausland.

Am Anfang des Projekts waren 15 kasachische Spezialisten aus den Partnerorganisationen nach Deutschland eingeladen, um sich energieeffiziente Maßnahmen in komplexen Sanierungsprojekten, die Produktion der in Deutschland entwickelten Baustoffe und Materialien sowie moderne Heizungstechnik und weitere innovative Technologien anzusehen und um die Organisation der Wohnungsverwaltung kennenzulernen.

Mit Hilfe dieser Multiplikatoren wurden Seminare und Veranstaltungen in fünf Regionen Kasachstans organisiert und durchgeführt. Im Laufe des Projektes (2012 – 2013) wurden in Astana, Almaty, Karaganda, Kustanai und Pawlodar mit Beteiligung der deutschen Konsortialpartner und der kasachischen Projektpartner insgesamt 16 Wochen Unterricht in Form von zehntägigen sowie fünf- bis eintägigen Seminaren durchgeführt.

Ein IWO-Mitglied wurde gegen Ende des Bildungsprojekts vom UNDP in Kasachstan beauftragt, sich an einem Pilotprojekt zur Modernisierung einer städtischen Wohnsiedlung am Rande von Astana zu beteiligen. Nach Abschluss der konzeptionellen Phase erwägt IWO, dies als deutsch-kasachisches Pilotprojekt auf der Expo 2017 in Astana mit dem Schwerpunkt Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu präsentieren, um das Know-how über die Wirksamkeit deutscher Technologien und Materialien weiter zu verbreiten. 


Information

Das Erfolgsbeispiel ist der iMOVE-Broschüre Developing Skills for Employability with German Partners • 8 Success Stories from Central and Eastern European Countries and the CIS. entnommen. Die Broschüre ist im November 2014 erschienen.

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Gruppenbild bei dem einige Personen Zeugnisse oder Zertifikate in die Kamera halten